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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

DOI Heft:
1./2. Septemberheft
DOI Artikel:
Romdahl, Axel L.: Eine malerische Wendnung in Dürers Schaffen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0024

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dcm Licht, und die Äpöstelfiguren sind durch Schatten-
lagen mit dem Terrain zusammengenommen. Das
Schweißtuch von 1516, Bartsch 26, iibertrifft an rück-
sichtsloser Lichtwirkung fast alles, was die Kunst
früher geschaffen. Der kiinstlerische Inhalt des Blattes
sind die wirbelnden leuchtenden Falten des Kleides,
worin der Engel wie vom Sturme bewegt empor-
schwebt. In der Entführung auf dem Einhorn von 1516
Bartsch 72, sind ja die Lichter und Schatten olme Riick-
sicht auf den organischen Zusammenhang der Formen
verteilt. Dagegen hat die Radierung „der Verzwei-
felnde“, Bartsch 70, durchweg den Charakter eines
Aktblattes, aus verschiedenen plastischen Skizzenbuch-
motiven zusammengesetzt. Mit der großen Kanone,
1518, nimmt Dürer von der Radiertechnik Abschied,
nach dem er in derselben Wirkungen erzielt, die eine
Entwicklung dieser Kunst zu einer höheren malerischen
Ausdruckfähigkeit vorahnen läßt.

Die dekorativen Aufgaben im Dienste des Kaisers
haben Dürer von den malerischen Neigungen abgelenkt,

die er seit dem jahre 1511 in Zeichnungen, Holzschnit-
ten, Kupferstichen und Radierungen zum Ausdruck
kommen ließ und die für seine Wesensart doch nicht
so fremd waren, wie sie beim Betrachten seines Wer-
kes als ganzes scheinen.

Hie und da hat er später noch versucht mit male-
rischen Wirkungen zu spielen, wie z. B. in der Maria
von einem Engel gekrönt, Kupferstich Bartsch 37, aber
im Ernst wagt er nicht mehr, Farbe und Licht zu Haupt-
faktoren eines Kunstwerkes zu machen. Die großen
Leistungen seiner letzten Jahre haben ihre Stärke in
der plastischen Monumentalität. Wir müssen an Rom
und Florenz, nicht an Venedig denken. Und wir er-
innern uns, daß Dürer sich in den Niederlanden das
ganze Werk Raffaels erwarb, was kaum ohne Einfluß
auf seitie eigene Kunstweise bleiben konnte. Die male-
rische Wendung in Diirers Schaffen ist eine Episodc,
aber eine mehr bedeutungsvolle als man gewohnt ist
zu glauben. Auch auf diesem Gebiete ist der Künstler
ein unaufhaltsam Suchender und Ringender.

Anders Zorn
Radierung

Aus dem in nächster Zeit
erscliemenden Zorn-Band
von Paui Friedrich

Verlag

Ncue Kunsthandlung
Berlin

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