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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

DOI Heft:
1./2. Februar
DOI Artikel:
Volbach, Wolfgang Fritz: Das Grab des Erzbischofs Gerlach von Nassau in Eberbach
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0168

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Das Qvab des QvzbtQbofs Qcülad) von JHassau

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|n den Untersuchungen über die mittelrheinische Pla-
1 stik des 14. Jahrhunderts und vor allem über die
Grabplastik dieser Gegend bildet das Grab Gerlachs
von Nassau (t 1371) in der Klosterkirche von Eberbach
ein wichtiges Bindeglied zwischen der hochgotischen
Richtung und der sich zum Realismus durchringenden
spätgotischen Anschauung. Eigenartigerweise stellt
aber kein Forscher die Frage nach der Herkunft der
eigentümlichen Form des Grabbaues. Auch Börger in
seiner Abhandlung über die mittelalterlichen Grabdenk-
mäler im Maingebiet, der sich eingehend mit der Ent-
wicklung der Grabform beschäftigt, ebenso wie Feigel
(in der Mainzer Zeitsc'hrift 1912), der die Verwandschaft
einer Madonna im Darmstädter Landesmuseum mit dem
Grab bespricht, beschränken sich auf die stilistische
Einordnung des Eberbacher Werkes.

Die Form des Grabes mit einem Baldachin auf
sechs Pfeilern weicht von der der anderen rheinischen
Gräber völlig ab. Die Mehrzahl zeigt eine einfache
liegende Platte, oft auf einer Tumba, in einigen Fällen
auf Stützen. Nur wenige Beispiele zeigen über dem
Sarkophag in einer Nische ein Fresko init einer Kreuzi-
gung und Stiftern. Der reiche architektonische Aufbau,
wie in Eberbach, ist sonst unbekannt.

Wollen wir Vorlagen für eine solche Anordnung
suchen, so müssen wir zunächst einmal die ursprüng-
liche Fortn des Eberbacher Grabbaues betrachten, da
der heutige Zustand von dem ursprünglichen in wicli-
tigen Teilen abweicht. Das Grab wurde 1707 bei dem
Umbau des Chores abgerissen und dann wieder neu
aufgestellt, wobei die Platte Gerlachs mit der des Erz-
bischofs Adolf II. an der Rückwand hochgestellt und an-
gelehnt wurde. Die ursprüngliche Gestalt hat sich in
der Zeichnutig des Malers Heinrich Dors erhalten (siehe
Abb.), der 1632 in Federzeichnung alle Epitaphien des
nassauischen Furstenhauses zusammenstellte. Das
Buch befindet sicli jetzt im großherzoglichen Haus-
arChiv in Biebrich *)•

ln der ursprünglichen Aufstellung lag die Platte rnit
der Darstellung des Verstorbenen noch auf der Tumba.
Eine Inschrift zog sich um den Rand, die 1707 abge-
schlagen wurde. An der Rückwand unter den beiden
Arkadenbögen standen auf Blattkonsolen die hl. Bar-
bara, Agnes, Katharina und Maria Magdalena, sowie
rechts neben dem Grabbau ein Engel mit einem Räu-
cherfaß. Diese fünf Figuren sind verschwunden und

*) Fiir die liebenswürdige Übersendung und Erlaubnis,
Aufnahnien anfertigen zu dürfen, danke ich der großherzoglichen
Verwaltung vielmais. Die iibrigen interessanten Zeichnungen hoffe
ich an einer anderen Stelle zusammen veröffentlichen zu können.

uicht mehr aufzufinden. Ebenso ging bei dem Umbau
ein kleiner Engel (oder Johannes?), der in Halbfigur
an der linken Seite hinter Petrus an der Rückwand
sichtbar ist, verloren. Die Engel auf dem Deckel über
dem Erzbischof fielen, wie die Inschrift, der Verkleine-
rung des Deckels zum Opfer. Sonst verwandte die
Neuaufstellung alle Teile in der alten Form wieder. An
der J’umba sehen wir die Auferstehung und Christus,
der den Frauen erscheint. Bei der letzten Szene ist nur
die Schaufel in der Hand des Heilandes abgebrochen.
Die beiden Szenen werden durch eine männliche Figur

getrennt, — vielleicht den Bildhauer, — die den Deckel
stützt. Auch der figürliche Schmuck an dem architek-
tonischen Aufbau, Petrus, Paulus und Maria unter Bal-
dachinen, sowie die Vertreter des alten Bundes, David
und Jesaias, unter den Spitzbögen sind unversehrt
erhalten.

Der rheinischen Grabplastik ist nun sowohl der
Überbau mit einer Doppelarkade, wie die Figuren an
der Rückwand über der Tumba fremd. Auch konnte
ich kein Beispiel sonst für die figürliche Verzierung
der Vorderseite der Tumba mit Szenen, die den Glau-

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