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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

DOI Heft:
1./2. Mai
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Landau, Paul: Der Schweizer Maler Wilhelm Schmid
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0280

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Wunderwerk an Feinheit und Großformigkeit: die röt-
lich-grünen Töpfe mit den blauen Schatten stehen in
voller Plastik vor dem grünlichen Hintergrund, und den
stachligen Gesellen sind die kleinen Blütchen mit minu-
tiösesten Strichen aufgesetzt. Diese Fein- und Klein-
malerei triumphiert in einigen miniaturhaften Stiicken,
auf denen die ganze Fülle der mannigfachen Blumen-
welt sich zu leuchtenden Farbenjuwelen zusammen-
schließt. Wuchtiger und sonorer sind die Stilleben mit
Majoliken und Obsttellern, deren Objekte die Freude
des Sammlers wiederspiegeln. Eine größere Stilisie-
rung der Landschaft versucht Schmid in dem Motiv aus
Sanssouci, dessen kulissenartige Ornamentik schön zu-
sammenklingt.

Bewundert man an den Gemälden besonders die
Kraft des Ausdrucks, Gediegenheit und Sauberkeit des
Technischen, das doch stets nur Mittel zum Zweck
bleibt, so an den Aquarellen die Zartheit, Leichtigkeit
und Grazie der Komposition. Bei den Blumensträußen
in Vasen entzückt die delikate Anordnung, die behut-
sam abgewogene Verteilung auf der Fläche, die Ver-
folgung der leisesten Nüancen bis in die letzten Ver-

zweigungen einer Ranke, die zartesten Blatt-Schattie-
rungen, die wehenden Rispen eines Grases oder bis
zum beginnenden Wurmstich eines Apfels. Immer aber
dient auch hier das Teilchen dem Ganzen, waltet ein
strenger Aufbau in der Masse der blühenden Dinge,
und die in Arabesken schwelgende Hand ist stets stark
genug, die große Linie festzuhalten.

Noch nicht ganz so sicher wie in der Behandlung
der „nature morte“ ist Schmid in der Darstellung der
Menschen. Seine Frauenakte haben viel Bestrickendes
in der Modellierung der Konturen, in den aufgesetzten
Lichter. Das Zarte, Blühende, Grazile gelingt ihm am
besten, während die Plastik üppiger Formen und
schwerer Massen etwas zerfließt. Aber auch hier dür-
fen wir von dem zähen Fleiß, von der stillen Innerlich-
keit und gesunden Kraft dieses jungen Meisters die
vollendete Lösung der ihn noch beschäftigenden Pro-
bleme erwarten. Dafür gibt sein Selbstporträt die Ge-
währ: im schlichten Malerkittel blickt er so scharf und
so ehrlich, so angespannt und zugleich so sicher aus
dem Bilde heraus, wie nur einer schaut, der die Welt,
die er in sich trägt, auch zu gestalten vermag.

Wiibelm Trübner
Blumen

Ausstellung
in der Galerie am
Brandenburger Tor
Berlin

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