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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 5./​6.1923/​24

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1./2. Juniheft
DOI article:
Berliner Kunstbewegung / Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Aus der Museumswelt / Schweizerische Kunstchronik / Der heimgekehrte Klausner / Neue Kunstbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.22444#0330

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Wer 'dieses sein Schioksal nioht kennt, ahnt nicht, wenn er
vor ihm ste'ht, wie damals die Freunde des liebienswürdi.gen Miin-
chener Meisters und seiner Kunst voll Betrübnis und Sorge sieli
fragen m>ußten: Werden .wir ihn woh.1 je wiederse'hen können, den
giuten, alten Klausner? F. W.

JHeue Kunßbücbet?.

„ D a s B i 1 d “. Hausensteins A 11 a n t e n z u r K u n s t.

Band 7: Tafelmalerei der alten Franzosen. Verlag R. Piper

& Co., München.

Die Bände dieser Reihe werden immer besser und Häusen-
stein wird immer einfacher (verhältnismäßig) und straffer. Seine
Abhandlung über die alten Franzosen dürfte das Beste sein, was
er geschrieben hat. Was bei Andren hemmend gewirkt oder gar
eine Behandlung überhaupt verhindert hätte, nämlich die Tatsache,
daß es in dem geschilderten Zeitraum, also vom Ende des 14. Jahr-
hunderts bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts, eine national-
französische Kunst so recht eigentlich noch gärnicht gab, gerade
dies reizte Hausenstein, interessierte ihn, machte ihm das Problem
kostbar. Diese Vielseitigkeit der Erscheinungsform, dieses Durch-
einander der Mischungen, dieses „Weder-Noch“ und dieses zu-
gleich doch immer wieder ein wenig Exaltierte der Probleme, alles
die.s gaib Hausenstein den Ansporn, die Fäden von mögliohst weit
her zu spinnen und da's Gewebe dann so dicht wie nur denkbar
zu halten. War er bei solchen Neigungen früher gelegentlich der
Verführung durcli preziöse Abwegigkeiten zugänglich, so ist er
hier, wo solche Verfiihrungen im Stoff selber liegen, merkwürdig
beherrscht. Er zeiohnet von den verschiedensten Seiten her den
Reichtum der Beziehungen, das mittelalterlich Europäische, in dem
die französische Kunst steht, die einander durchkreuzenden Strö-
mungen von burgundischen und flämischen. von italienisch-avig-
noninischen und deutsohen Bestandteilen; immer hin und her,
durch alle Pliasen. Er sieht blitzschnell große Zusammenhänge und
deckt sie mit ein paar Worten auf, sehr klug, sehr geistreich; bis-
weilen, dann aber mit resignierter Vieldeutigkeit, ,zu geistreich.
Aber wenn man fir den Kopf Kaiser Karls auf einem Kalvarienberg
von 1475 weltumspannende Kulturbezeichnungen hineinsieht, die
von Dschinghiskan bis Gregor von Tours reichen und die sicher
diesem Anonymus von 1475 nicht gegenwärtig waren, so ist damit
noch kein Schade angerichtet: Man kann diesen Karl den Großen
init seiner gläsernen Weltkugel und seinem Pudel garnicht aben-
teuerlich genug empfinden. Und zur Wertung solcher kultureller
Seltsamkeiten gehört, außer einem ungewöhnlichen Wissen oder
einer ungewöhnlichen Fähigkeit sich Wissen zu verschaffen, ein
sehr ungewöhnlicher Organismus. Die Verfeinerung der Sinne, die
Aufnahmefähigkeit für kulturclle Halbtöne und für gebrochene
Farben der Seele —, diese muß man immer einmal wieder bei
Hausenstein betonen — ist die notwendige Voraussetzung f.ür
solohe Art zu schreiben. Diese Art, die beim schnellen Hinsehen
bestenfalls mit der Kunst des Apercus verwandt scheint, die aber
in Wirklichkeit ,in einer Weise komponiert, wie es nur Künstler
mit ganz zuverlässigem Nervensystem und erprobt langem Atem
können. Das Dichterische der Empfindung und des Ausdrucks
.steht hier, dank der großen Konzentration des Ganzen, auf be-
sonders schaubarer Höhe.

Wir wissen so wenig von den alten Fran.zosen. Wir kennen
ein wenig Foucquet und Marmion aus dem Berliner Museum und
denken an altfranzösisohe Malerei etwa so wie an böhmische

Schule. In den Literaturnachweisen, die Hausenstein seinem

Buche anhängt, kommen kaum deutsche Autoren in der ziemlich

langen Liste der Kunsthistoriker vor. Natürlich ist der Wissen-

schaft auch heute noch manches problematisch. Ob man den

Meister von Flemalle lieber zum Franzosen macht oder zum Bur-

gunder oder zum Südniederländer? Hausenstein gibt in etwas

verschämter Armut, ihm 2 Abbildungen, nicht mehr. Vielleicht

ist er auch nicht ganz siöher. Aber andre, sichere Franzosen

(wenn auch beeinflußt), müßte man kennen. Euguerrand Charenton

zum Beispiel, der ein großer Mann war, und einiges von Nicolas

Froment und den Mcister von Moulins, selbst wenn man über ihnen

dann Jean Perreal und Jean Bellegambe wieder vergißt. Den

Meister der weiblichen Halbfiguren aber sucht man vergebens;

und das schien uns auf der Schule doch ziemlich das einzig sichere

Französisch, das wir konnten. — Die Auswahl der Bilder läßt *

sonst, außer unerfüllbaren Privatwünschen, nichts zu wünschen

übrig. Nichts wesentliches von dem, was man durch die Pariser

Ausstellung von 1904 oder durch die im Anschluß an sie erschie-

nenen Publikationen kennen lernte, fehlt. Die Abbildungen sind

ausgezeichnet, viele Detailaufnahmen sind dabei. Aber keine, ohne

daß das Gesamtbild, aus dem sie stammt, voraufgegangen wäre.

Dieser Fehler, der beiim ersten Bande der Reihe (Deutsche 'Gotik)
etwas störte, ist nun ganz a'bgestellt. E. Waldmann.

*

H. Leporini: Der ;K iu p f eir s t;i chsa mim' 1 e r. Verlag

Richard Carl S c h m i d t u. C o., Berlin 1924.

Dieses Buch von Heinriich Leporini, dern Kustos der
Wiener Albertinia, gilbt dem Graphiksammler und namientlich dem
angehenden Sammler eine F.ülle von wertvol.len Winken und
Anregiungen. Mit außeroridentlichem Fleiß ist hier stattliches Mate-
rial zuisamimengetraigen, und der Stoff ist übersichtlich gegliedert;
auch die Wahl der Abbild'ungen ist giut. Das erste Kapitel widmet
Leporini dem Anfänger im Sammeln, im zweiten verbreitet er sich
über die Tiechn'ik der graphischen Künste. M.it diesen beiden
Kapiteln beischließt er den ersten Teil seines „Kupferstich'samim-
lers“. Im zweiten Tcil behandelt .er d,ie Entwicklung der igraphi-
schen Künste und ihre HauptmeiiSter, im dritten spricht er „Zur
Mehtodik des Graphiksammelns“, indem er unter anderm auf uie
Sammlermarken, dile Wasserzedchen, auf den Kunstmarkt hinweist.

Der vierte Teil gibt ein K ii n s 11 c r v e r z e i c h n i s mit Nennung
der wichtigsten Daten, Oeuvrekataloge usw. Für die zweite Aui-
lage des Buchies, die hoffentlich niicht lang,e wird auf s,ich warten
lassen, weriden manche Namen einzufügen sein, welche diesmia]
feihlen —■ das Material ist eben zli umfangreich — und aucih die
Hinweise auf den Kunstmarkt erfordern kleine, dem empfehlens-
werten Buche Dr. Leporinis gewdß dienliiohe Korrekturen. D.

*

Neues vom Antiquariat utnd Neue Graphik siehe
letzte Umschlagseite!



Rtiemiand ueriag uleugels & uiolters

Abteilung: KUNSTHANDEL

Alte Kunst und altes Kunstgewerbe

ANKAUF :-: VEKKAUF
*

■ KÖLN, Auf dem Berlich 33a ^

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t

Redaktionsschluss für das 1/2. Juliheft 6. Juli. — Redaktionsschluss für das 1. Augustheft 1. August 1924.
Herausgeber u. verantwortlicher Leiter: Adolph Donath, Berlin-Schöneberg. — Verlag „Der Kunstwanderer“, G. m. b H., Berlin.
Redaktion: Berlin-Schöneberg, Hauptstraße 107. — Druck: Pflaume & Roth, Berlin SW. 68.

Dr. FRITZ GOLDSCHMIDT, Dr. VICTOR WALLERSTEIN

ALTE NEUE GEMÄLDE SKULPTUREN BRONZEN

B E R L I N W 35 Schöneberger Ufer 36a (Privatstraße)

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