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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

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1./2. Oktoberheft
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Die Berliner Auktione Figdor / Aus der Kunstwelt / Marc Rosenberg †
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0067

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größtenteils der Mitte des 18. Jahrhunderts aii. Es fehlen zwar die
Arbeiten der frühen Epochen, um so bedeutender sind dafiir die
Figuren und Gruppen des reifen Rokoko. Als ein Unikum ist die
Gruppe anzusehen, die anläßlich des Friedens zwischen Dänetnark
und Holstein in Meißen in Bestellung gegeben wurde. Es ist ein
großer Obelisk mit zahlreichen allegorischen Einzelgruppen und
-Figuren, die sich zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügen.
Die Gruppe ist bisher nur in der Literatur bekannt gewesen durch
eine russische Ausstellung. Das Original war bisher noch niclit
bekannt. Eine Anzahl von Gruppen ist aus den alten Forrnen er-
gänzt worden. Von größtem Interesse sind das Geschirr und die
einzelnen Prunkstücke. Es befinden sich in der Sammlung ganze
Service, von denen sonst immer nur einzelne Stücke vorkommen,
wie z. B. ein großes Jagdservice aus der Zeit um 1765—70. Aus
der späten malerischen Periode des Porzellans aus dem Anfang
des 19. Jahrhunderts finden wir außergewöhnlich viel Teller, die
offenbar als Geschenke für den Hot' bestimmt gewesen sind, i :it
den Städteansichten vott Berlin und München und große Prunk-
schalen, die auf die Befreiungskriege Bezug haben.

Ant 28. Oktober findet bei L e p k e eine Versteigerung von
Gemälden alter Meister statt, die aus den Beständen alt-
beriihmter Sammlungen eine Anzahl ausgezeichneter Gemälde ent-
hält. Der alten Berliner Sammlung Eugen Schweitzer ge-
hören eine Reihe friiher italienischer Bilder sowie die interessante
Anbetung der Könige, ein Frühwerk vom Meister des Bartholo-
mäus-Altars. Aus der Sammlung eines deutschen Diplomaten
nennen wir eine Anzahl hübscher niederländischer Bilder von
Francken, Fyt, Weenix, Hondecoeter, E. v. d. Velde, sowie eben-
falls hiibsche dekorative Arbeiten der Vernet, Marieschi usw. Be-
sonders erwähnenswert ist ein schönes Gruppenbild „Die Kurfürstin
Elisabeth von Pfalz-Zweibrücken mit ihren drei Söhnen“, das Sir
Peter Lely zugewiesen ist. Die Bestände der Bank für Deutsche
Beamte enthalten gute Arbeiten der holländischen Meister des
17. Jahrhunderts, von denen wir Lingelbach, S. de Koningh, Heems-
kerck, Toorenvliet, Duck, Wyk, Heeremans usw. nennen. Einige
der Gemälde sind kunsthistorisch nicht ohne Interesse, wie z. B.
eine große Heilige Magdalena von Janssens, mit einem Stilleben
von Frans Snyders.

Den Beschluß der Auktion machen eine Reihe von ausgewähl-
ten Bildern aus Privatbesitz. Wir weisen hier besonders auf
einige besonders interessante Porträts, u. a. das des preußischen
Münzmeisters Neubauer, der sich unter Friedrich dem Großen auf
Beschuldigungen hin, die sich nach seinem Tode als grundlos er-
wiesen, 1749 erschossen hat. Schließlich nennen wir noch schöne
Porträts von Pourbus, Pesne, Ravesteyn, Moroni, sowie die
„Susanne im Bade“ von M. Pepeyn, die bisher nur in dem von
Oldenbottrg publizierten Stich des Ballin bekannt war, und die
schöne Darstellung einer Reitbahn im Park einer römischen Villa.

Am 11. November versteigert Lepke den Nachlaß
Eugen S c h w e i t z e r - Berlin, die Sammlung R. Löbbecke-
Braunschweig und die Sammlung eines bedeutenden und bekann-
ten deutschen Diplomaten. Die Auktion bringt vorzügliches kunst-
gewerbliches und Skulpturen-Material. Unter den Möbeln des 16.
bis 18. Jahrhunderts befinden sich viele ausgezeichnete Sitzmöbel
(italienische Renaissance-Sgabelli, italienische und französische
Sessel usw.), darunter eine hervorragende Pariser Salongarnitur
um 1780 (Slg. Schweitzer) bestehend aus: einem Kanapee, vier
Fauteuils, vier Stühlen und einem rechteckigen Tisch mit Original-
Vergoldung und Original-Seidenbeziigen, die ein Rankenmuster
nach Philippe de Lasalle zeigen. Ueberhaupt begegnet man aus-
gezeichneten französischen Möbeln des späteren 18. Jahrhunderts:
Kommoden, Schreibsekretären (Klappschrank und Rollbüroform),
Tischen (Bureaux plat), daneben Tischen und Buffetts der Renais-
sance. Unter dem sonstigen Kunstgewerbe sind Majolika in Er-
zeugnissen von Castel Durante, Urbino, Toscana, Faenza, Venedig
usw. gut vertreten, Porzellane in Geschirren Berlin und Fürsten-
berg (ein prachtvolles, aus ca. 200 Teilen bestehendes Speise-
service der Fürstenberger Manufaktur um 1785), Fayence in Delfter
Vasen, Tischkandelaber, Wandappliques und Uhren gehören der
Louis XVI. und Empirezeit an. Hervorgehoben seien außerdem ein
sizilianisches Elfenbeinkästchen vom Ende des 12. Jahrhunderts

und ein seltenes oberitalienisches Minnekästchen mit reizenden
profanen Darstellungen aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts. Die
große Reihe von Skulpturen setzt sich zusammen aus italienischen
rtnd niederländischen Statuen, Büsten und Reliefs der Renaissance-
und Barockzeit aus Marmor, Ton und Bronze, darunter befinden
sich Stücke der ehemaligen Sammlung A. v. Beckeratli. Unter
den groß- und kleinplastischen Holzbildwerken der deutschen
Spätgotik begegnen wir charakteristischen Arbeiten aus Schwaben,
Tirol, vom Ober- und Niederrhein. Unter den Renaissance- und
Barock-Bildwerken aus Holz ist die Kleinplastik stark vertreten.

Anonymer Italiener um 1450, Der heilige Hieronymus
Aus der Herbstversteigerung alter Graphik bei C. G. Boerner,
Leipzig, vom 11. bis 13. November

Hollstein & Puppel versteigern am 7. und 8. Novem-
ber eine bertihmte Sammlung von Einblatt-Holzschnitten des 15.
Jahrhunderts sowie die wertvolle Kupferstichsammlung des Frei-
herrn von G . . . Zu der Holzschnittsammlung schreibt Professor
W. L. S c h r e i b e r irn Vorwort: „Ein Ereignis von außergewöhn-
licher Bedeutung ist eingetreten: Die älteste Sammlung graphischer
Blätter, von einem kunstliebenden Pater wahrscheinlich schon vor
der Mitte des 15. Jahrhunderts begonnen und durch fast fünf Jahr-
hunderte unberührt erhalten, gelangt jetzt zur Versteigerung. Für
den deutschen Kunstbesitz ist es schmerzlich, daß diese einzig-
artige Sammlung zumeist oberrheinischer Formschnitte der Frlih-
zeit nun in alle Winde verstreut und wohl nur zum geritigen Teile
in heimischen Sammlungen verbleiben wird. Handelt es sich doch
mit nur wenigen Ausnahmen um unersetzliche Unica“.

An die beriihmte Einblattholzschnitt-Sammlung schließt sicli
die zum großen Teil aus dem Besitz des Freiherrn von G . . .

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