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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

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1./2. Novemberheft
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Westheim, Paul: Utrillo
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Kubsch, Hugo: Vom Selbstbildnis
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0085

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Blockhaus zum Wolkenkratzer“) bei einer Betrachtung
der alten kolonialen Farmerhäuser, ftir die der weiße
Farbanstrich geradezu wesentliches Merkmal war:
„Weiß, und zwar nur weiß reflektiert voll das Licht und
wirft einen rein 'blauen oder lavendelfarbigen Schatten.
In der Dämmerung: nimmt die weiße Fassade hellrosa
oder türkisblaue, am vollen Mittag: hellgelbe und laven-
delblaue, bei einem klaren Sonnenuntergang orange-
farbene und purpurrote Töne an, kurz, sie ist, außer an
sehr grauen Tagen, n-icht weiß, sondern sehr farbig . . .“
Man meint eine Schilderung einer dieser weißen Utrillo-
Mauern vor sich zu haben. Da ist in dem Weiß und in
dem Grauweiß all das drin, diese ganze Farbigkeit.
Schimmert durch wie Adergeflecht durch sehr weiße,
zarte Haut. Und dann ist einmal beim Fensterrahmen,
beirn Ziegelaufsatz des Schornsteins ein Strich schwarz

oder grün oder rot eingesetzt, ein Farborchester, das
Klang hat . . .

Gernalt ist das ganz und gar nicht einfach, es
w i r k t n u r s o ei n f a c h ... so ganz s e 1 b s t-
verständlich. Wie eben nicht Kunstmalerei son-
dern Kunst wirkt.

Adolphe BasLer, auch einer von denen, die zu
den ersten Anhängern dieses Malers gehören, hat in sei-
nem Brief über Utrillo von den Bildern gesagt: „Sie ge-
fallen lieute schon sehr, sie gefallen meinein Dienst-
mädchen, aucli dem Concierge, aber auch dem Herrn
Baron Robert de Rothschild, sowie sie Mirbeau gefie-
len, auch Derain, dem ersten Utrillo-Amateur . . Was
Wir aucli schon lange nicht melir gehabt haben. Und
was, wenn es Zeichen der Zeit sein sollte, kein gar so
iibles wäre.

S. Vrancx

Hafenstraße
in Antwerpen

Sammlung E., Berlin

November-

Versteigerung

im

Internationalen Kunst-
und Auktionshaus,
Berlin

Dom SctbßbUdnis

oon

Hugo Kubfcb

on jedem guten Selbstbildnis muß ein geheimer
* Zauber ausgehen, es muß über das Artistische hin-
ausgreifen, muß Seelisches aufschließen, sonst' wirkt es,
selbst bei höchster künstlerischer Reife, kalt, unwesen-
haft, künstlich. Georg Simmel, als feiner Analytiker
Rembrandtschen Wesens bekannt, war fast innerlich
empört und gekränkt, daß die Kunsthistoriker die außer-
ordentliche Zahl Rembrandtscher Selbstbildnisse und
seiner Familienbildnisse so gern aus rein malerischen
Problemstellungen ableiteten. Er nannte das eine „nur
irreale Abstraktion“.

Auch beim Selbstbildnis tibersetzt der Ktinstler die
Wirklichkeit in die Illusion, und auch diese Illusion, die-

ses Abbild eigenen Seins, ist ihm oft wichtger als das
Sein selber. Nicht der Zufall, nicht eine flüchtige Laune
treibt den Schaffenden zum eigenen Ich, zur schöpfe-
rischen Erkenntnis seines Wesens. Der künstlerischen
Tat muß eine soziologische Erkenntnis oder besser eine
soziologische Tatsache vorausgehen: ein Loslösen, eine
Isolierung nimmt der Künstler mit sicli vor; er stellt
sich selber als Objekt hin, hält sich für wichtig genug,
Modell fiir die Unsterblichkeit zu sein. Das ist in der
Tat ein soziologischer und niclit nur ein psychologischer
Akt. Hente crscheint das so selbstverständlich, daß es
dem Künstler gar nicht mehr ins Bewußtsein kommt,
ja, er wird solche Formulicrung bündig für verstiegen

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