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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

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1./2. Januarheft
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Aus dem nordischen Kunstleben / Londoner Kunstschau / Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Vom kunsthandel / Aus der Kunstwelt / Zur Deutung von Botticellis "La Derelitta" / Deutsche Werkkunst in New York / Die Dürer-Stiftung / Josef Hoffmann / Maurice Mikowski / Karl von Gontard / Negerplastik / Verkäuferschulung / Neue Kunstbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0159

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Aus dem novdi(ct)en Kunßlcberu

E i n N o b e 1 p r e i s f ü r K u n s t : das iist eiin Qedanke,
der sicher überall auf lebendiigsten Anteil und freudige Zustiim'mung
stoßen wird; und daß es ein Land des Nordens ist, wo er gefaßt
wurde und wo man ihn zu verwirkliohen hofft, das mag vielleiöht
manchem noch ungläuibigen Thomais die Augen darüber öffnen,
daß Gewicht und SteHung des Nordens im europäischen Kunst-
leben sich in neuester Zeit ganz erheblioh verändert hat. Dänemark
ist es, dais den Nobelpreis duroh eine Ehrengaibe an Künstler zu
ergänzen plant. Der Preis, der etwa die Höhe der Nobeipreiise
erreichen soll, würide iseinen Namen naoh dem bekannten däni-
schen Kunstgönner und -förderer Carl J acobsen tragen, aus
dem Ny Carisbergfomd bestritten werden und jähriich oder aiie
zwei Jahre zur Verteiluug geiangen. Der Vorschlag, die Preis-
verteilung mit der venezianischen Biiennale-Auissteliung izu ver-
binden, würde dann auf Bedenken stoßen, wenn man sie von den
unvermeidfichen Zufälligkeiten einer Ausstellung abhängig machen
wollte. Dooh steht der ganze Pan vorerst noch im Stadium der
Verhandiungen und Vorbereitungen; gewiß ist, daß seine Aus-
führung Dänemark ein großes Relief als internationaleis Kunstland
geben würde, und wenn es zur Bedingung gemacht wiirde, daß
der Ausgezeichnete einige seiner Werke Dänemark iiberließe, so
diirfte der dänische Kunstbesitz mit wertvoüen Bereicherungen
rechnen.

inwiefern und in welcher Weise mit diesem Plane der Riick-
tritt Direktor Helge Jacobsens, des Sohnes von Carl Jacobsen,
als Leiter der Verwaltung der Qiyptothek zusammenhängt, kann
hier um so eher üibergangen werden, ais der Konflikt wieder bei-
gelegt ist und Ilerr Jacobsen seine Steliung beibehält. Den Kon-
fliktsstoff biidete die Veranstaltung einer b e 1 g i s c h e n Kunst-
ausstellung in der Glyptothek, gegen die sich Widerspruoli
regte. Sie ist nun fiir 1931 (wahrscheinlioh irn April) in Aussicht
genommen und sie soll nicht nur moderne, sondern auch ältere
vlämische Kunst umfassen. Fiir 1932 ist dann eine Ausstellung
spanischer Kunst geplant, die sicli ganz besonders inter-
essant anzulassen scheint, da sie mit der Unterstützung der spani-
schen Kunstakademie und vor ailem der des Herzogs von Alba
rechnen zu können isoheint, der nicht nur seine eigene kostbare
Sammlung zur Verfügung stellen, sondern auch den ihm befreun-
deten Adel veranlaßen will, die Schätze ihrer Paläste nach Kopen-
lragen zu schicken. Unzweifelliaft würde die Aussteilung in die-
sern Falle europäisches Format haben. Ersichtlich entwiokelt siclr
die dänische Hauptistadt zu einem internationalen Ausstellungs-
zentrum; die letzten Monatc des alten Jahres haben eine tschecho-
slowakisciie und eine polniscihe Kunstausstellung gebracht.

Jn P. V. Jensen Klint, der am 1. Dezember v. .1. ver-
storben ist, hat Dänemark einen seiner ansehensten Baukünstier
nnd wohl seinen hervorragendsten Kirchenarchitekten veiiorea.
Qeboren am 21. Juni 1853 studierte er zuerst Technik, wurde dann
Maler und Bildhauer und ging zuletzt zur Baukunst über, ohne
je eine akademische Schulung als Baukünstler erfahren zu haben.
Seinen ersten bedeutenderen Bau vollendete er im Jahre 1898,
also bereits im Alter von 45 Jahren. Sein Werk >setzt die Linie
von Martin Nyrop, dem Erbauer des Kopenhagener Rathauses fort;
er war historisierender Architekt und schloß sich an die heimische
Qotik, iinsbesondere an jene Gotik der dänischen Dorf- und Klein-
stadtkirchen an, deren bekannteste Merkmale die reiche Aus-
bildung des Blondarkadenmotives und die breiten Westtiirme

londonet?

Aus London berichtet unser ständiger Kunstreferent: Bei
Ciiristies ließ Lord Eigmont die ibm durcii Erbfolge zugefalle-
nen veräußerbaren Famiilienporträts versteiigern. Hoppners Bildnis
der Miß Jane Wilson fiel Gooden & Fox zu (18 800 Mk.). Das
Beechey-Bild ihres nachherigen Gntten, des im Jahre 1812 er-
mordeten Premierministers Perceval gimg auf 2400 Mk. Leggatt
zahlte 57 000 Mk. für Reynolds Bild des zweiten Earls und der

bilden. Klint Jensen war vor allem ein Mann des gediegeneh
Handwerks, ein Meister dcr Backisteintechnik; seine Entwürfe sind
wegen der bis in die ietzten Eimzelheiten gehenden peinlichen
üenauigkeit und Sorglichkeit der Durcharbeitung berühmt. Zahl-
reiche jiingere Architekten Dänemarks haben ihm eine gediegene
handwerkliche Ausbildung zu danken. Nachdem er bereits in
Kopenhagen, Gedser, Odense und Vodskov Kirchen erbaut hatte,
war es ihtn in bereits vorgerücktem Alter vergönnt, in der
Grundtvigkirche auf dem Hügel von Bispebjerg sein magnum opus
zu schaffen. Ihr Grundstcin wurde 1921 gelegt; vollendet ist
erst der Westbau, an dem Jensen Klint das Blendarkadenmotiv ins
Monumentale entwickelt hat, aber es liegen für die Fortführung
des Baues, die nun wohi sein Schwiegersohn Ivar Berntsen über-
nehmen wird, die genauesten Zeichnumgen vor, unid man liofft den
Bau bis 1936 zu vollenden. Wenn auch die Formigesiinnung, aus
der die Grundtvigkirche gcstaltet ist, von der modernen Architek-
tur nioht geteilt wirid, so zeichmet sich der Bau doch durch eine so
charaktervolle Haltung aus, daß er die Stellung als bedeutendster
Kiröhenbau Dänemarks im ersten Drittel unseres Jahrhunderts
behaupten dürfte.

Die sedt 1923 im Gange befindlichen Wiederherstellungs-
arbeiten am Stockholmer Schlosse werdcn im Somrner 1932 iihren
Absohliuß finden mit der Erneucrung deis sog. Logarden, die unter
Leitung des Schloßbaumeisters GeneraMiirektor Tengibom statt-
findet. Logarden ist der dem Schloßkörper östlich vorgelegte
Gartenhof, der durch spätere Anglisierung und völlige Ver-
wadhsung nach und nach ‘seiner ursprünglichen Gestalt ganz ent-
freimdet woriden ist. Diese ist am besten bekannt dufcih ein Ge-
mälde Hilleströms vom Jahre 1794, dem sich der neue Entwurf
nahehält. Nur wenige symmetrisch anigeordnete Bäume bleiben
erhalten; dde Anlage w-ird auf istreng regelmäßige Form zurück-
igeführt: Rasenplätze m.it Blumenrabatten, Wasserbcckcn, Spring-
brunnen und dekoratdve Plastiken gliedern und beleben den Raum,
der auf diese Art wieder den Charakter eines Barockgartens im
Sinne Tessins erhalten wird.

Nach den großen Feiertagen des Jahres 1930 in Dront-
heim geht man jetzt dort an die große Arbeit der Fortführung
und des Abschlusses der Arbeiten zum Wiederaufbau der Kathe-
drale. Im Inneren bleibt vor alle-m die Heizungsanlage zu vollen-
den; der vorläufige Zementbodeii soll idiurch einen Fußboden aus
Marimor ersetzt werden. Die gewaltige, in Deutschland her-
gestellte Orgel, das drittgrößte Werk in Europa, muß aus dem
Querschiff, wo sie die Raumwirkung beeinträchtigt, entfernt wer-
den und wird an der Wostseite des Domes Aufstellung finden.
Bleibt die große Aufgabe der Gestaltung der Westfassade. 1929
ging der Entwurf von Helge Tliiis als Sieger aus einem Wett-
bewerbe hervor, und ihn wird T'liiis, der daraufhin Dombaumeister
geworden ist, nun zur Ausfiihrung brinigen. Er schließt sich an
Olav Nordhagens Entwurf von 1921 an, bctont jedoch in noch
stärkerem Maße den Charaktcr dcr „screen front“. Drei Reihen
von Statuennischen sind übereinander angeordnet, die Türme sind
niciht mehr bis zu-m Boden durciigeführt, sondern beiderseits auf-
gesetzt, ihre Helme sind ebcnso wie der dcs Mittclturms stumpfer
gestialtet; drei Portale (alle nach englischer Weise ohne siarke
Akzentuation) sind vorgesehen. Der Thiische Entwurf bctont
nocli nachdrücklioher als der Nordhagcns dic brcite und ziemlich
schwere Lagerung der mächtigen Baumasse. r,

Kunfftcbau*

Gräfin Egmont. Beecheys Baronin Arden kam auf 21 000 Mk.
(Agn-ew). Ein Zoffany, Baddeley als Moses in der „Läisterschule“
kauften Gooden & Fox (12 000 Mk.), wie auch Hogarths liebliche
Anne Wolstenholme (43 000 Mk.), letzteres ftir einen Filmmagnaten.

Bei der Bibliothekversteigerung des verstorbenen Lor-d
Birkenhead wurde die im Jahre 1656 erschienene französlsche
Ausgabe deis Iliads, einst der Pompadour gehöremd, fiir 2900 Mk.

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