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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

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Maiheft
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Friedländer, Max J.: Die Sammlung Nemes
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0265

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Herausgßber: iXdOlptl Donotri

7ahrgang 1931

MairiGft

Die Sammlung Nemes

Vou

Max J. Friedländer

Der Direldor der Siaailichen Gemnldegalerie, Berlin, Geheimrat Dr. Max
j. Friedländer, hatte nacli dem Hinscheiden des international beriihmten
Kunstsammlers Marczell von Nemes einen Nachruf auf die Persönlich-
keit des Amateurs fiir den „Kunstmanderer“ geschrieben (s. Dezember-
heft 1950). Geheimrat Friedländer gab jetzt dem „.Kunstmanderer“ die
frewndliche Genehmigung, das Vormort zu veröffentlichen, das er fiir
den monumentalen Auktionskatalog der Sammlung Nemes oerfaßt hat,
deren erster Teil vom 16. bis 18. Juni in der Tonhalle zu Miinchen durch
Mensing & Sohn (Frederik Muller & Co.), Amsterdam, Paul Cassirer,
Berlin, und Hugo Ilelbing, Miinchen, zum Ausgebot kommt.

Es g’ibt so viele Arten von Sammlern wie Sammler.
I11 einem jeden sincl andere Motive wirksam wie in
jedem anderen. Die Beweg’grlinde sind jedesmal an-
ders dosiert und gemischt. Dennoch lassen sich Typen
aufstellen. Herrn von Nernes aber, dessen Nachlaß in
diesem Kataloge verzeichnet ist, als einem Typus zu-
gehörig zu betrachten, diirfte schwerfallen. Nicht
Lberfluß an Gelclmitteln hat ihn zu dem sublimen
Luxus geloekt, er hat nielit miißige Stunclen mit dem
geistigen Sport ausgefüllt, sieli nieht aus der harten
und niichternen Gegenwart zu der stillen und neu-
tralen Yergangenheit geflüchtet: eine Leidenschaft be-
stimmte seine Lebensfiihrung, seinen Beruf und zehrte
sonstige Interessen, Wiinsche und Bedürfnisse auf.
Andere entschließen sicli dazu zu sammeln, wie sie
sich entschJießen, in einen KIuJd einzutreten, und
manclimal wercJen sie von Kunstliändlern zu Samm-
lern gemacht; er hat unter Sorgen und Opfern, einem
übermäclitigen Triebe foJgend, zugegriffen, liat fahren

lassen müssen, wieder angefangen und nie aufgeliöit.
„Produktiv“ war sein Lieblingswort. In seiner aktiven
Natur waren Besitz uncl Kunstgenuß unlösbar mit-
einander verbunden. Seine Bilder spraclien anders zu
ihm als diejenigen in den Musecn. Er betraclitete sein
Eigentum nicht wie ein Eliemann seine Gattin, son-
cJern wie ein Liebhaber seine Geliebte. Seine Begeiste-
rung war zumeist am Jage der WaJil auf der HöJie.
7VJles war provisorisch in seinen Häusern. Nie ganz
zufrieden mit dem, was ihn umgab, entwarf er Pläne,
ließ er Jsauen und pflanzen. Sein Talent war clem des
scliöpferisclien Kiinstlers enge verwanclt. I)ie Kunst-
werke, die er sammelte, waren ilim stachelnder und
erregender Ersatz — für Kunstwerke, clie er zu er-
sehaffen sich seJinte.

Als Herr von Nemes zum ersten Male Venedig be-
suchte, kaufte er einen Palast am Canale Grande, und
zwar einen unfertigen, clen einzigen unfertigen, den
es dort gibt. Viele träumen davon, ein I Jaus in Venedig

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