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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

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Juniheft
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Oppeln-Bronikowski, Friedrich von: Die neuen deutschen Ausgrabungen in Uruk-Warka
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0297

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/ahrgang 1931

Junihcfr

Die neuen deutschen Ausgrabungen in Uruk-Warka

Yon

Friedrich von Oppeln-Bronikowski

Auf die Entdeckung der staunenswerten Gold- und
Kunstschätze im Grabe des Tut-anch-Ammon ist eine
yielleicht noc-h größere Sensation gefolgt, die Ent-
deckung der Königsgräber von Eir in Slidmesopota-
mien mit ihren nicht minder staunenswerten Gold-
und Kunstschätzen. Denn wenn die Funde des Tut-
anch-Ammongrabes nur die Spitzenleistung einer ver-
hältnismäßig jungen Kultur, der des Neuen Reiches,
waren, die uns durch die deutschen Amarnafunde
schon wohlbekannt war, so enthiillten die von Ur die
bisher ungeahnte Hochkultur eines fast unbekannten
Yolkes, der Sumerer, um 5000 v. Chr., also zu einer
Zeit, wo die dynastische Kultur Ägyptens noch in
ihren Anfängen war. Babylonier, Assyrer, Hethiter
und Juden sind die Erben dieser ältesten menschlichen
Hochkultur geworden, und auf dem Weg iiber das
Alte Testament wirkt sie noch bis in die Gegenwart
fort. In beiden Fällen waren Engländer die gliick-
lichen Entdecker, dort H. Carter und A. C. Wace,
hier A. H. Hall und C. L. Woolley, der letztere mit
amerikanischer Unterstützung. Die Ergebnisse beider
Grabungen sind in anschaulichen, schön illustrierten
Darstellungen, die auch ins Deutsche iibertragen wur-
den, der breiten öffentlichkeit zugänglich gemacht
worden1).

0 Howard Carter und A. C. Wace, „Tut-encti-Ammun, ein
ägyptisches Königsgrab“, 2 Bände, Leipzig, 1924/27. — C. Leonard
Wöolley, „Vor 5000 Jahren. Die Ausgrabnngen in Ur und die
Geschichte der Sumerer“, Franckhsche Verlagsbuchhandlung.
Stuttgart 1950. — „Ur und die Sintflut. Sieben Jahre Aus-
grabungen in Ur in Chaldäa, der Heimat Abrahams“, F. A.
Brockhaus, Leipzig 1930.

Erst in den letzten Jahren konnte auch die deutsche
Archäologie die glanzvolle Reilie ihrer Yorkriegs-
ausgrabungen in Ägypten und Mesopotamien fort-
setzen, dort im Pyramidenfelde von Gise, hier in der
Nähe von Ur, in dem heutigen Warka, dem alten
Uruk, dem biblischen Erech, der Städte des babylo-
nischen Gilgamenschepos, wo Julius Jordan, seit
kurzem Direktor des Museums der Irakregierung in
Bagdad, mit Ililfe der Notgemeinschaft der deutschen
Wissenschaft und amerikanischer Spenden seine 1915
abgebrochenen Ausgrabungen seit 1929 wieder auf-
nehmen konnte.

Diese Yorkriegsausgrabungen liatten zu der Auf-
deckung einer der größten babylonischen Tempel-
anlagen geführt, der des Himmelsgottes Anu und sei-
ner Gemahlin Antum, freilich erst in ihrem Neuban
aus seleukidischer Zeit (um 170 v. Chr.). Jetzt aber
ist Jordan, durch die Funde in Ur angeregt, durch die
babylonischen Schichten hindurch bis auf die surne-
rischen und vorsumerischen durcligestoBen. Er hat
hier zwar keine Königsgräber wie in Ur mit märchen-
haften Goldsehätzen entdeckt, aber die gleiche er-
staunliche Kunst des Tempelbaus, des Wandsclnnucks
und der Kleinplastik in den frühesten Zeiten bis an
die Schwelle des 5. Jahrtausends v. Chr., und eine
Fiille von Dingen, die für die Entstehung der mesopo-
tamischen Kultur grundlegend sind, den ältesten aller
Tempeltürme, also den Urahnen des „Turms von Ba-
bel“, und die Reste des Hochtempels, der auf ihm ge-
standen hat, des einzigen, der bisher gefunden wnrde,

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