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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

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1./2. Dezemberheft
DOI article:
Hübner, Paul: Über die Heilung von Papierkrankheiten
DOI article:
Sarre, Friedrich: Gaston Migeon
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0113

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Alle Sporen waren vollständig vernichtet, was durch
exakte Kontrolle ermittelt wurde. Dann wurde der
stark zusammengeschrumpfte Pilzrasen vorsichtig ab-
geschabt. Uebrig blieben jetzt die grauen, gelben,
schwarzen, braunen Flecke, die durch das Papier hin-
durchgehen. Auch diese wurden ohne wässerige Chemi-
kalien entfernt. Die Strahlen einer besonderen elek-
trischen Lampe wurden durcli besondere von mir kon-
struierte Filter und durch einen Lichtkonzentrator auf
die Flecken geleitet. Nach kurzer Belichtungszeit waren
die Flecke entfernt, oline irgend welche nachteiligen
Spuren auf dem Papier zu hinterlassen.

Ist durch starke Moderung eine erhebliche Schwä-
chung der Gewebefasern eingetreten, so festige ich das
Papier durch Leimung. Da Leim in feuchter Luft, in
dumpfen Räumen, bei Anhäufung von stickstoffhaltigen
Körpern usw. ein giinstiger Nährboden für Keime und
Bakterien ist, entstehen infolge von Gärungs- und Fäul-
nisprozessen Schimmelpilzwucherungen. Um diesem
Uebelstand dauernd und radikal abzuhelfen, setze ich
dem Leim Parachlormetakresol D. R. P. 232 071 (ein
kristallisierter farbloser Körper) zu; als Schimmel-
verhütungsmittel. Infolge seiner hohen keimtötenden

Wirkung genügt zur Erzielung vollkommener Schimmel-
freiheit ein Zusatz von 1 %0. Parachlormetakresol ist
das stärkste Desinfektionsmittel unter den Penolen und
ihren Verbindungen und Abkömmlingen.*) Um das
Dreifache übertrifft es in 0,lprozentiger Lösung das
stärkste aller Bakteriengifte, das Quecksilbersublimat.

Um die Blätter vor neuen Papierkrankheiten und
Verschmutzungen aller Art zu schützen, konserviere ich
sie mit Zeliitlösung. Zellit ist eine Acetylzellulose und
empfehlenswerter wie Zaponlösung. Sie besitzt hin-
sichtlich der Festigkeit und Entflammbarkeit wesentlich
günstigere Eigenschaften. Zaponlack ist eine Auflösung
von Zelluloid, die nach dem Verdunsten des Lösungs-
mittels auf dem Papier ein feines Zelluloidhäutchen zu-
rückläßt und den Druck, die Zeichnung, die Urkunde
vor schädlichen Einwirkungen von außen schützt. Da
aber die Grundsubstanz des Zelluloids, die Nitrozellu-
lose, eine nicht sehr beständige Verbindung ist, ist es
wahrscheinlich, daß dieser Stoff im Laufe der Jahre
durch Bildung von Zersetzungsprodukten die behandel-
ten graphischen Blätter beschädigen kann.

*) „Phenole und seine Derivate als Desinfektionsmittel“ von
Professor Dr. Kurt Laubenheimer.

Qaßon jvligcon f

von

priedcicb Sarre

I-h nde Oktober starb nach längerer Krankheit in fast
vollendetem 70. Lebensiahre Gaston Migeon. Mit
ihm ist einer der international bekanntesten französi-
schen Kunstforscher und Museumsbeamten dahingegan-
gen. Unter denen, die zwei lange vernachläßigte Kunst-
gebiete, die islamische und die ostasiatische Archäo-
logie gefördert haben, steht er mit an erster Stelle. In
literarischer Hinsicht verdanken wir ihm den „Manuel
d’Art musulman“, ein Standardwerk, ferner eine groß
angelegte Veröffentlichung „Les Tissus“, Museums-,
Ausstellungs- und Sammlungskataloge und eine Reihe
von kleineren Schriften und von Aufsätzen, in denen er
bis in die jüngste Zeit in den führenden französischen
Zeitschriften zu aktuelilen Problemen der Forschung
Stellung nahm und stets etwas Beachtenswertes in ge-
schmackvoller Form zu sagen hatte.

Nach vorbereitender Tätigkeit an der Ecole und der
Bibliotheque du Louvre übernahm Migeon 1902 als
Direktor die Leitung der Mittelalter und Renaissance
umfassenden Museumsabteilung. Diese verdankt ihm
eine große Anzahl besonders glücklicher Erwerbungen,
z. B. die Hauptstücke der Sammlung Victor Gay; auch
hat er in Gemeinschaft mit seinem Kollegen und Nach-
folger Marquet de Vasselot den zweiten Band des wert-
vollen Glossaire archeologique dieses kenntnisreichen
Sammlers und Forschers herausgegeben.

Das Hauptverdienst Migeons während seiner
musealen Tätigkeit am Louvre war aber die Begrün-
dung der muhammedanischen und der fernöstlichen
Museums-Abteilungen, denen selne besondere Fürsorge
galt, und denen Reisen nach dem Orient und nach Ost-
asien zu gute kamen. Raymond Koechlin war mehr-
fach sein Reisebegleiter und hat das jüngst im Privat-
druck erschienene reizvolle Büchlein Souvenirs d’un
vieil amateur d’art d’Extreme-Orient seinem Freunde
und Gefährten gewidmet. Unvergessen sei Migeon fer-
ner die Organisation der ersten, bahnbrechenden Aus-
stellung muhammedanischer Kunst vom Jahre 1903 in
Paris. Auch nach seinem Abgange vom F.ouvre 1923
blieb er als Directeur honoraire und Mitglied des Con-
seil du Musee mit diesem in Verbindung.

Vor 1914 ein regelmäßiger Besucher der alljähr-
lichen Tagungen des internationalen Museenverbandes
hat Migeon an den Arbeiten dieser Vereinigung leb-
hafteii Anteil genommen. Wer wie der Unterzeichnete
ihm abgesehen von gemeinsamen wissenschaftlichen
Interessen persönlich nähertreten und Jahrzehnte hin-
durch zu ihm freundschaftliche Beziehungen pflegen
durfte, wird das Andenken an Gaston Migeon, den er-
folgreichen Forscher und den liebenswürdigen
Menschen, in Dankbarkeit bewahren.

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