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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

DOI Heft:
1./2. Oktoberheft
DOI Artikel:
Schmidt-Degener, Frederik: Die Glückwünsche des Auslandes
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0052

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Die Qlücktüüniebe des Austandes

üon

ScbmidtzüeQenev — Amffet?dam

Der Generaldirektor des Rijksniuseums in
Amsterdam stellt uns auf die Bitte des „Kunst-
wanderers“ die Rede, die er in der Universität
Berlin gehalten hat, freundlichst zur Verfügung.

Meine Herren Minister, Excellenzen, Magnificenzen,
Verehrte Festgesellschaft!

Im N a m e n d e r a u s 1 ä n d i s c h e n K o 11 e g e n,
'im Namen der großen Zalil, die die Heimat und die hei-
matlichen Museen verlassen hat, um diesem Festakt bei-
zuwohnen, möchte ich — nicht in bunter Sprach-
verschiedenheit, sonderu in kurzgefaßtem Deutsch —
einen Glückwunsch darbriugen.

Sympathisches Miterleben hat uns am heutigen
Tage zusammengebracht. Neugierde auch. Wir, aus
Nah und Ferne, wir möchten wissen, wie die neue, die
tüchtig vorbereitete Leistung aussehen wird.

Eine Jahrhundertfeier zu begehen mit der Eröff-
nung dreier Museen zeugt von frischer Spannkraft, von
ungezügeltem Mut. Wir wissen es, die Museen schießen
nicht ohne weiteres aus dem märkischen Sand empor.
Auch sind die Sammlungen der deutschen Hauptstadt
nicht aus Fürstenlaune beiläufig entstanden. Was wir
morgen sehen werden, ist die Erfüllung hundertjährigen
Strebens, das Ergebnis eines Ringens nach Schönheit,
eines zähen Verlangens, den öffentlichen Kunstbesitz
emporzuführen zu höchster Stufe.

Solches Streben bedeutet Arbeit, das Einsetzen der
Persönlichkeit und mehr noch, das Aufgehen verschie-
dener Persönlichkeiten im Dienste des Ganzen.

Vieles hat Berlin in diesen hundert Jahren erwor-
ben. Es hat vieles erwerben müssen, weil es wenig
hatte. Das Wenige dehnte sicli aus, erweiterte sich,
nicht aus dem stupiden Wunsche mancherlei habhaft zu
werden, sondern aus innerlichstem Drang zu erwerben,
uiii es geistig zu besitzen. Bei dieser Verarbeitung des
reichen Besitzes ist die befruchtende Nähe der Univer-
sität, deren Gäste wir slnd, von gliicklicher Bedeutung
gewesen. Nocli immer hat man den Eindruck, die
Kunstgeschichte hätte in Deutschland ihr spezielles
Heim.

Die staatlichen Sammlungen Berlins haben einen
göttlich-freien Horizont. Die Welt, meine Herren
Berliner Kollegen, ist Ihr'Feld gewesen. Weit entfern-
tes Kulturleben, exotische und primitive Kunst-
entfältung, hat Sie mächtig angezogen. Edle Vertiefung
in die Vergangenheit hat Ihr Auge geschärft für heutiges
Schaffen, für die moderne Kunst.

Wir verargen es Ihnen ganz und gar niclit, meine
Herren Berliner Kollegen, daß Ihr Nationalgefühl bei
Ihrer rastlosen Tätigkeit an erste Stelle rege war. Denn
was geleistet wird im Dienst der Kunst, wird geleistet
fiir das allgemein-menschliche.

Die Bedeutung Ihrer Arbeit geht weit über die
Grenzen hinaus. Nur durch die hohe Pforte der Kunst

zieht gegenseitige Würdigung ein. In der Bewunderung
sind wir alle einig.

Tüchtigkeit, Verständnis und Geschmack haben das
jetzt Errungene ermöglicht. Tüchtigkeit bei den Erwer-
bungen, Verständnis beim Ergrüuden und Geschmack
bei das letztnotwendige: das zur Geltuug bringen des
Ganzen. Und speziell auf diesem Gebiet, die dekorative
Wirkung der Sammlungen, da darf die Reichshauptstadt
sicli einer Führer-Rolle rühmen.

Beriiner museale Erwerbungen, wie oft sind das
internationale Ereignisse gewesen! Und neben
schnellem Entschluß hat es auch an Beiiiner Keckheit
nicht gefehlt. Die antike Göttin, die jetzt auf ihrem
Marmorsitz im Schinkerschen Bau dauernd thront — in
qualvollen Jahren wurde sie eingeholt und das Wie und
Wo dieser Erwerbung entbehrt des Humors nicht.

Ich möchte manchen von den Auwesenden nennen,
die die staatlichen Sammlungen kürzlich bereichert
haben — aber ich weiß, die Geheimräte würden die
Stirne runzeln bei allzu direktem Lob. Genannt sei
bloß e i n Name, welcber eine ausgedehnte Periode
und eine staunenswürdige Museumstätigkeit zusammen-
faßt: B o d e.

U.eber das jetzt Errungene leuchtet noch imnier,
wie eine Höhensonne, die Erinnerung an W i 1 h e 1 m
v o n B o d e.

Die Architektur der Museen, zusammen mit der
neuen Aufstellung, biiden die Krone jahrelanger An-
strengung. Messels Genius, weitergetragen durcli
Hoffmanns Pietät, war dazu notwendig. Es hat kluge
Beratung gegeben und wahrscheiulich, wie das so vor-
kommt, sogar Meinungsverschiedenheiten. Auch aus
funkensprühenden Meinungsunterschieden kann Großes
geboren werden.

Die Museums-Insel — es klingt so schön, so welt-
entrückt, aber das kräftige Le'ben Berlins umtobt und
durchquert dieses Dreieck des Idealismus. Herr
Generaldirektor W a e t z o 1 d t, ich werde mich
vielleicht irren, kann mir aber denken, Sie hätten sich
beklagt über die eingeengte Lage inmmiten einer Groß-
stadt. Ich darf aber sagen: ich liebe diesen Lebens-
sturm, welcher Ihre Museen umrauscht! Die saftige
Prosa Berlins, sie hallt hinein in den Kampf von Olym-
piern und Giganten. Es erinnert an die nüchterne Kritik
und zugleich an die rege Anteilnahme Berlins. Für Sie
ist Berlin der größte Segen. Oeffentliche Gleichgültig-
keit ist für die Museen der tötende Fluch.

Terehrte Festgesellschaft! Berlin ist nicht wie
Wien oder Paris durch Komplimente verwöhnt. Man
sagt das süße W'ien, aber nicht das süße Berlin. Ein
einziges Mal sei es hervorgehoben, daß ohne dieses tau-
sendfältige Berlin, ohne die Stimulanz seiner Zeitungen,
seiner Studierenden, seiner Akademie der Künste, sei-

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