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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

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1./2. Aprilheft
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Kubsch, Hugo: Künstlerbriefe
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Jaeger, Roland: Goldarbeiten aus Aschanti
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0247

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liabe schon das Reiterporträt Sr. Majestät gemalt zu
seiner großen Zufriedenheit nnd nach seinem Ge-
schmack“, und der leidenschaftliche Sammler fügt in
einer Nachschrift bedauernd hinzu: „Ich habe in diesem
Lande keinen Antiquar getroffen, noch habe ich
Medaillen oder Kameen irgendwelcher Art gesehen“.
Rubens ist immer sachlich, unsentimental, taktvoll und
zu seinen Schülern von einer hingebenden Fürsorge.

Es ist seltsam, daß später, besouders im 19. Jahr-
hundert, die Künstler mehr Neigung und Zeit haben zu
psychologischen Analysen und philosophischen Speku-
lationen. Es scheint fast, als wollten sie mit der Kunst-
theorie, mit def aufblühenden Kunstwissenschaft,
Schritt halten, wie die Künstler der Renaissance mit dsm
Humanismus. Wie sehr die Künstler des 19. Jahrhim-
derts literarisch infiziert sind, ist aus manchem Brief zu
erkennen, obgleich sich die Ktinstler oft sehr heftig
gegen den Richtungsschwindel auflehnen; mancher
rettet sich erst in letzter Not in den Schoß der großen
Mutter Natur. Bekanntlich hat Liebermann mit zäher
Ausdauer die literarische Ueberwucherung des Kunst-
betriebes bekämpft. Wie er über „Ideenkunst“ denkt,
sagt er in einem deutlichen Satz: „Böcklin und Thoma,
die machen sichs leicht, die „erfinden“. In einem Be-
kenntnis zu Rembrandt sagt Liebermann einmal:
„Cornelius war von den höchsten Ideen beseelt, konnte
er aber seine Ideen beseelen? Lebendig machen, heißt
Kunst machen“. Und fiir unsere Tage, da die Politik

vvie Aussatz die Kunst befallen hat, ist aus einem Brief
Liebermanns an Bode ein Satz interessant: „Es gibt nur
eine tendenzlose Kunst: wer etwas mit der Kunst be-
zweckt, ist sicher auf dem Holzwege“.

Wenn Hans von Marees durcli sein Werk die Kunst-
theorie Konrad Fiedlers bestätigt, daß Kunst Erkenntnis
ist, so läuft’er darnit nicht der Kunstwissenschaft nacli;
denn Fiedlers, aus kantischer Methode erwachsene
Kunsttheorie verdankt gerade dem Einfluß von Marees
und Hildebrand unendlich viel. Diese Zusammenarbeit
von Künstler und Kunsttheoretiker ist für die gesamte
Kunstgeschichte das herrlichste Beispiel dafür: daß
Erkennender und Schaffender zusammengehören. In
Hans von Marees sind sie eins gewesen und wer seinen
Briefwechsel mit Konrad Fiedler liest, wird erstaunt sein
iiber das geistig aufwühlende Ringen Hans von Marees
um die Kunst. Ganz anders dagegen gibt etwa Ingres
Aufschluß über sein Schaffen: nicht über das Ringen um
Erkenntnis, sondern über seine Arbeitsart. Für ihn ist
die Kunst schwer, er muß langsam arbeiten, es kümmert
ihn nicht, daß irgendein Bild spät, vielleicht erst in zehn
Jahren, fertig wird. Ingres lebt in den Tag hinein, musi-
ziert und die Sonaten von Haydn, Mozart und Beet-
hoven sind der Trost seines Lebens. Er ist gegen ciic
italienische Musik, „Mozart ist der Gott der Musik, wie
Raffael der der Malerei“. So entschleiert Ingres in
einem einzigen Briefsatz sein künstlerisches und
menschliches Ich.

Qoidaebetten aus Afcbanti

oon

Roland lacgec

F. v. Luschan hat einmal eine ganze Reilie von
Fällen zusammengestellt, wo eine afrikanische Form
auffallende Aehnlichkeit mit einer vorgeschichtlich,
antik oder mittelalterlich europäischen zeigt, nnd er-
örtert, wie man zwischen Zusammenhang und bloßer
Konvergenz zu unterscheiden habe. Auch bei der Gold-
schmiedearbeit, die wir hier illustrieren, würde man auf
den ersten Blick gencigt sein, an Hallstatt zu denken
(Abb. 1—3). Solche Spiralscheiben, solche Vögel, ja
selbst solche bandförmigen Reife mit drei Längszahnun-
gen finden sich bei prähistorischen Schmucksachen
recht ähnlich und könnten sogar (wie es geschehen ist)
gewiegtere Betrachter irrefiihren. Aber es ist nur eine
Konvergenz.

Betrachten wir genau die Zahnleisten des Reifs, wie
ihre Buckelchen mit dem Grund zusammenhängen und
wie sie sich nach innen durchgedrückt haben, oder wie
die „Orgelpfeifen“ des Schwanzes im Leib stecken;
achten wir auf das Aussehen der Flügelspiralen, auf die
auch sonst wie weichgewordene Struktur der Ober-
fläche, auf die versprengten Klümpchen hier und da, auf
die Fehlstelle an der vordersten Scheibenspirale, auf die
Art der Verbindung voti Reif und Obersttick, schließlich

auf den unten erkennbaren Rest des Gußzapfens: so
überzeugen wir uns zu unserer Verblüffung, daß alle
einzelnen Teile (aucli die „Drähte“ und „Kügelchen“)
nicht etwa zusammengelötet, sondern im Wachsmodell
zusammengefügt sind und der Ring a 1 s Ganzesge-
g o s s e n i s t. Als Bronzeguß wäre es eine achtbare
Leistung, als Goldguß ist es fast ein Wunder. Wer weiß,
wie schlecht sich das Edelmetall in feinere Formen
gießen läßt, wird es naclt Gebühr würdigen.

Für den, der eine Anzahl Aschanti Metallarbeiten
kennt, etwa die schöne Sammlung der kleinen Bronzen
(Goldgewichte) des Berliner Völkerkundemuseums oder
die nicht geringere des Berner, bedarf es kaum des Be-
weises, daß unser Ring ebenfalls eine Aschanti-Arbeit
ist: begegnet man docli dort außer derselbeu Feinheit
der Gußtechnik allen seinen Einzelheiten auf Schritt
und Tritt wieder, dem Vogel mit dem charakteristischen
Profil, dessen Aufstellung inmitten eines Spiralen-
kranzes, der gleichen Art Spiratauflagen.

Schon aus den bronzenen Goldgewichten, erst recht
aus der vorliegenden Goldschmiedearbeit würde man
auf die Existenz eines hochentwickelten Waclis-
aussclnnelzverfahrens (Gusses aus der verlorenen

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