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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

DOI Heft:
1./2. Aprilheft
DOI Artikel:
Jaeger, Roland: Goldarbeiten aus Aschanti
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0248

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Abb. 1—3

Goldrin«;, Berliner Privatbesitz. Doppelte Größe des Originals

Form, ä cire perdue) schließen. Dank der eingehenden
Schilderung von Bowdich, einem englischen Missionar,
der am Anfang des 19. Jahrhunderts Westafrika bereist
hat, sind wir tiber die Einzelheiten der beim Goldguß
angewandten Technik vorzüglich unterrichtet.

Das Bienenwachs wird auf einem etwas angewärm-
ten Holzklotz mit völlig glatter Oberfläche mittels eines
ebensolchen Spatels, der öfter durch Eintauchen in
lieißes Wasser temperiert wird, gut durchgearbeitet. Die
für einen Ring benöigte Menge ist in etwa einer Viertel-
stunde bereit zum Modellieren. Das fertige Modell wird,
nachdem es erstarrt ist, mit einer Masse aus feuchtem
Ton und zerriebener Holzkohle umhüllt, die von allen
Seiten gleichmäßig angedrückt wird. Der so entstan-
denen Form wird ein kleiner trichterförmiger Recipient
anmodelliert, der mit ilir durch eine schmale Oeffnung,
den Gußkanal, verbunden ist und das zu schmelzende
Gold (es gelangt in Westafrika nicht in festen Stücken,
sondern als Goldstaub zur Anwendung und wird auch
so gehandelt) enthält. Dann wird diese kunstvolle
Kombination von Gußfonn und Schmelztiegel, die
natürlich auch mit mindestens zwei Windlöchern ver-
sehen wurde, vorsichtig in der Sonne getrocknet.

Die runden, aus Lehm gebauten Oefen sind 0,90 m
bis 1,20 m lioch und haben eine, ein Fünftel des Umfangs
breite Oeffnung; unten ist ein Locli für die Blasebälge,
von denen zuweilen zwei oder drei Paar gleichzeitig
gebraucht werden. Nachdem ein tüchtiges Holzkohlen-
feuer entfacht ist, wird das Aggregat mit dem Tiegelteil
nach unten hineingestellt. Beim Erhitzen fließt zunächst
das Wachs ab und verbrennt, und die Form bekommt
eine größere Härte. Dann fängt das Gold an zu schmel-
zen. Da man bei dem allseitig geschlossenen Aggregat
nicht kontrollieren kann, ob das Metall üen richtigen
Flüssigkeitsgrad erreicht hat (es darf auch nicht zu heiß
sein), erfordert es große Erfahrung, den geeignetsten
Zeitpunkt zu treffen. Der Guß geschieht dann durch
einfaches Umkehren des Aggregates, wodurch der In-
halt des Tiegelteils in das Formteil läuft, dessen ordent-
liches Ausfüllen sich bei dieser Anordnung durch
Schwenken unterstützen läßt (entsprechend dem moder-
nen Zentrifugalguß). Ein weiterer Vorteil ist, daß die
Form hier zunächst fast dieselbe Temperatur hat wie
das flüssige Gold uud eine langsamere Abkühlung erfolgt
als bei anderen Verfahren. Nach Erkalten wird die

Form in der üblichen Weise zerschlagen. Der
Schmelzverlust wird mit etwa 2 Prozent kalkuliert
(italienische Goldschmiede der Renaissance erhalten
vergleichsweise viel mehr zugebilligt).

Selbstverständlich kommt bei dieser Methode alles
auf die Geschicklichkeit des Arbeiters an. üft ist der
Guß unvollkommen, und die ganze Prozedur (von der
Vorbereitung des Wachses an) muß wiederholt werden.
Die gelungenen Stücke werden zur Entfernung der an-
haftenden Unreinigkeiten mit feingepulvertem roten
Ocker (INGHUMA) eingerieben und in einem Wasser-
bade, dem ebenfalls Ocker und ein wenig Salz zugesetzt
ist, eine halbe Stunde lang gekocht.

Naturgemäß sind Sachen aus Gold spärlicher er-
halten als solche aus Bronze. Immerhin sind auch im
Berliner Museum eine Anzahl gegossener Goldschmuck-
sachen aus Aschanti vorhanden, darunter ein dem vor-
liegenden Stück verwandter Fingerring, der freilich
dessen Qualität bei weitem nicht erreicht.

Als weiteres Beispiel eines hervorragenden
Aschanti-Goldgusses bilden wir einen Anhänger in Ge-
stalt einer Schildkröte ab, der ebenso wie unser Ring
bislang nicht als solcher erkannt war (Abb. 4). Er lst
in dem großen Sammelwerk über Aegypten, das Bona-
partes Expedition von 1799 seine Entstehung verdankt,
unter Gegenständen aus der Antike reproduziert. lm
Text ist angegeben, daß das Schmuckstück 78,66 Gramm
wiegt und von dem Brigadegeneral Vial abgeliefert
worden ist; der Stich ist nach einer Zeichnung von
Dutertre. Sicher gibt es außerhalb der einschlägigen
ethnologischen Sammlungen noch manches derartige,
falsch oder gar nicht bestimmte Beispiel von der Goid-
gußtechnik des alten Aschanti, die zu den vollkommen-
sten zählt, von denen wir Kunde haben.

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