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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

DOI Heft:
1./2. Märzheft
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Grünwald, Michael: Kopf einer Jünglingsstele vom Keramaikos (Besitz Dr. Eduard Lubowski, Berlin)
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0213

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Kopf einet’ 7üngltngs{fe(e oom Keramatkos

(Besitz Dr. Eduard L u b o w s k i, Berlin.)

oon

Jvticbacl QEÜntoatd

| J ie spätattische Kunst wird noch viele Probleme der
Archäologie wie der Kunstgeschichte schaffen.
Vor allem das ungeheure Material der Grabdenkmäler
ist bisher nur vorläufig gesichtet, von den Archäologen
mehr auf hermeneutische, weniger auf Stilfragen hin
geordnet und in umfangreichen, unübersichtlichen Wer-
ken herausgegeben. Es fehlt eben immer noch die groß-

griechischen Bildhaueridee und den subjektiivierenden
Einflüssen kolonisierender Römer. An der Porträt-
plastik ist dieser Umschwung um die Wende des ersten
Jahrhunderts sehr deutlich wahrzunehmen; das griechi-
sche V/esen verliert sich niclit, auch da wo es sich
vor die Aufgabe gestellt sieht, im Geiste der Eroberer
zu schaffen und sie abzubilden. Die idealisierenden
Typen der pcrgamenischen B'ildniskunst, wie die der

Abb. I

Kopf aus der Sammlung Dr. Lubowski. Gefunden am Keramaikos

zügig angelegte, umfassende Darstellung des Hellenis-
mus, besonders iiber die interessanten und uns noch
sehr dunklen Ueberschneidungen römischer Kultur-
einflüsse und weitererhaltener griechischer Kunst-
übung, mit der wir es, vom Ende des 2. Jahrhunderts
an, auch in Attika zu tun haben.

Rom ist noch nicht durchgedrungen, es hat noch
keine seiner philiströsen Formmeinungen der grieclr-
schen Plastik oktroyiert, aber in der allgemeinen Auf-
fassung wird hier in Griechenland der „augusteische“
Stil vorbereitet; in einer Mischung der abstrahierenden

Abb. II

Kopf aus der Sammlung Dr. Lubowski (Profilansicht)

attischen lassen sich nicht auslöschen und die Jahrhun-
derte alte Tradition einzelner Meisterschulen rettet
ihren Stil aucli noch in die Zeit der Ueberfremdung hin-
über. Hekler sagt in seinem Buche (Bildniskunst der
Griechen und Römer) hierüber das gleiche: „Die
Künstler begaben sich freiwillig in den Dienst der rei-
chen römischen Eroberer, ihre Kunst aber blieb auch
unter den veränderten Verhältnissen selbst auf
italischem Boden, die griechisch-hellenistische.“ Ganz
hervorragend erweist sich diese Beobachtung bei der
attischen Grabplastik, die noch bis in die augusteische

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