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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

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1./2. Novemberheft
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Aus dem nordischen Kunstleben
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Goldschmidt, Verner: Ein Frühwerk des Meisters des Bartholomäus-Altars
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Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Aus dem nordischen Kunstleben / Ein Frühwerk des Meisters des Bartholomäus-Altars / Deutsche Bilder in italienischen Museen / Diebstahl / Zum Kongreß für Aesthetik und allgemeine Kunstwissenschaft / Die Dürer-Stiftung / Umänderungen in der Nürnberger Städtichen Galerie / Kunst und Schule / Lorenzo Bernini / Neue Kunstbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0098

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Der Katalog bringt bei den modernen Bildern einen Leibl,
mehrere Thoma, unter den alten Bildern zwei dekorative Panneaux
von Jacob de Wit, zumeist aus der Sammlung E. von Neuf-
v i 11 e , Frankfurt a. M.

An die elsässischen und schweizer Glasscheiben aus der
Sammlung Grossmann schließen sich eine größere Anzahl früh-
gotischer Scheiben an aus dem Nachlaß des bekannten Glasmalers
Professor A. L i n n e m a n n , Frankfurt a. M. Es siud zumeist
Architektur-Fragmente, die ihrer leuchtenden Farben und ihrer
monumentalen Behandlung wegen sicherlich das größte Interesse
der Sammler finden werden.

Der reich illustrierte Katalog ist in seinen wichtigsten Teilen
von Direktor Adolf F e u 1 n e r bearbeitet und von ihm mit einem
den Inlialt würdigenden Vorwort versehen.

Aus dcm not?dißben Kunftleben.

Die Herbstausstelluug im Schloß Charlottenborg zu Kopen-
hagen hat diesmal iliren großen Ehrensaal Julius Paulsen ein-
geräumt, der hier mit 48 Gemälden sein Schaffen im letzten halben
Menschenalter zur Darstellung bringen konnte. Den Anlaß zu die-
ser Ehrung gab der auf den 22. Oktober fallende 70. Geburtstag
des Kiitistlers, dessen Feier von der großen Sympathie zeugte,
deren Paulsen sich in allen Kreisen erfreut. Paulsen hat sich be-
bereits iti den achtziger Jahren durch seine sehr malerisch auf-
gefaßten Akte, durch seine feingestimmten Landschaften und
Innenstücke die Anerkennung als eines der stärksten Talente der
dänischen Schule errungen, und er hat seine Stellung weiterhin
hauptsächlich durch seine Bildnisse behauptet, durch die er in die
erste Reilie der dänischen Porträtmaler eingeriickt ist. Das
Schwergewicht seiner Begabung ist erkennbar in der Kultur, dem
sicheren Geschtnack, der besonnenen und vornehmen Harmonie
seiner Schöpfurtgen; er gehört in der Hauptsache zu jener mit
Kröyer und Ancher einsetzenden Schule, die die Anregungen der
französischen Kunst in die nationaldänische Ueberlieferung ein-
zuschmelzen verstand, aber er besaß genug Beweglichkeit, um
nocli in späteren Jaliren Anschluß an die nachimpressionistische
Auffassung zu finden und zur Verwendung der reinen Farbe iiber-
zugehen.

Eine Ueberrasclutng fiir die Oeffentlichkeit war die Nachricht,
daß Dr. Gustav F a 1 e k , der als Nachfolger Karl Madsens seit
fünf Jahren die Leitung des Kopenhagener Kunst-
m u s e u m s innehat, mit dem Scliluß dieses Jahres seine Stellung
aufzugeben beabsichtigt; er gedenkt sie mit dem Posten als Sekre-
tär des Ny Carlsbergfonds zu vertauschen. Daß seine Amtsfiihrung
gelegentlich scharf kritisiert worden ist, wird ihn kaum tiefer be-
rührt haben; hierzulande pflegt alles und jeder kritisiert zu wer-
den. So ist es wolil in erster Linie die Belastung mit Verwal-
tungsgeschäften, die ihm die Stellung verleidet hat. Da von den
fiir seine Nachfolge in Betracht kommenden Museumsbeamten auch
Dr. Peter Hertz seine Entlassung eingereicht hat, so steht aus
diesem Kreise nur noch Leo Swane als Kandidat zur Wahl. Aus
Kiinstlerkreisen ist Ernst Goldschmidt in Vorschlag gebracht wor-
den; auch Professor Wilhelm Wanscher hat eine Atizahl von
Stimmen auf sich vereinigt.

In feierlicher Weise ist der jiitische Herrenhof
G a m m e 1 E s t r u p als Museum eingeweiht worden. Dieser
altehrwiirdige, geschichtlich iin Jahre 1330 erstmalig erwähnte
Hof ist 600 Jahre lang in ununterbrochenem Erbgange im Besitz
der Familien Brock und Scheel verblieben. Der Schwiegersohn
des letzten Scheel, Großkaufmann Valdemar Uttendal, hat nach
dessen Ableben Gammel Estrup erstanden und den Hof, um ihn
dauernd in seiner geschichtlichen Gestalt zu erhalten, als ein
Herrenhofmuseum gestiftet. Die Einrichtung des Museums unter-
stand der kundigen Leitung des Magisters Otto Andrup vom Natio-
nalmuseum Frederiksborg. Der Bau, der noch mittelalterliche Be-
standteile enthält, umfaßt u. a. eine Waffenstube, eine Kapelle,
deren Gewölbe auf schweren Säulen ruhen, einem stattlichen
Rittersaal und mehreren Rokokoräumen und gibt einen guten
Quersclmitt durch die Entwicklung der Herrenhofkultur. Die Aus-

stattung steht durchweg auf künstlerischer Höhe. Zum Gemälde-
bestande gehören auch Werke von Jens Juel, Eckersberg und eine
Plastik von Thorwaldsen.

In Liljevalchs Kunsthalle in Stockholm hat eine d e u t s c h e
Kunstausstellung stattgefunden, die das Werk von Prof.
Gustav Pauli in Hamburg ist. Es wird vielleicht manchen über-
raschen, daß dies die erste Ausstellung ist, aus der das nordische
Kunstpublikum ein Bild von der Entwicklung der neueren deut-
schen Kunst gewinnen konnte: in dem Maße ist Deutschland auf
dem Gebiete des Nordens etwa seit fünfzig Jahren in den Hinter-
grund gedrängt worden. Pauli hat eine selir geschickte Auswahl
getroffen, die die große Linie der Entwicklung zur Anschauung
bringt. Sie zeigte als Vorposten Chodowiecki und Graff, fülirte
dann mit Schick, Runge, Friedrich und dem hier sehr bewunderten
Rayski in die deutsche Biirgerkunst und Romantik, zeigte Werke
der deutsch-römischen Gruppe, von Menzel und Leibl und reihte
an Liebermann, Slevogt, Corinth Vertreter des Expressionismus
an. Da aucli die Graphik, die Buchkunst und die Bildnerei (Hahn
und Kolbe) vertreten waren, so durfte die Ausstellung bei mäßigem
Umfange wohl als repräsentativ bezeichnet werden. Sie wurde
mit großer Achtung aufgenommen, ja sie erregte eine gewisse
Ueberraschung, weil man eben im Großen und Ganzen mit der
Leistung der neueren deutschen Kunst unbekannt war. Beson-
ders dankbar ist der ebenso feinsinnige wie warmherzige Aufsatz
zu erwälmen, den Carl Gustaf Laurin in „Svenska Dagbladet“
veröffentlicht hat. Die Ausstellung zeigte, wie viel wir im Nor-
den nachuzholen liaben, aber auch, daß sich gut organisierter
Werbung für die deutsche Kunst im Norden giinstige Möglichkeiten
bieten.

Es klingt wie eine Sage aus vergangener Zeit, daß der Maler
Gustaf R y d b e r g seinen 95. G e b u r t s t a g gefeiert hat. Er
stammt noch aus der Düsseldorfer Schule und zählt zu den Bahn-
brechern moderner Landschaftsmalerei in Schweden. Man nennt
ihn gern — und mit Recht — den künstlerischen Entdecker von
Schonen. Schonen ist seine Heimat, von dort hat er sich die
Motive zu seinen Bildern geholt, die ihre zarte Naturpoesie und
die sehr feine Behandlung des Lichtes verdienten Ruhm errungen
liaben. Der ehrwiirdige Meister hat den Pinsel längst nieder-
gelegt. In riistigem Schaffen steht dagegen noch Aron G e r 1 e ,
der kiirzlich das 70. Lebensjahr vollendet hat. Sein Name ist eng
mit Stockholm verkniipft, dessen alte Straßen und Winkel in ihm
einen klassischen Schilderer gefunden haben. Gerle gehört der
nationalen Schule an, die sich um den „Kiinstlerbund“ gebildet
hat, und er ist ihren Idealen bis zum heutigen Tage treu geblieben.

Die sommerlichen Ausgrabungen in Schweden
haben wiederum mehrere bedeutende Funde und Entdeckungen
gezeitigt. Im Kirchspiel Taby, nördlich von Stockholm, hat man
einen spätestens ins 16. Jahrh. zu setzenden Keller ausgegraben,
der ganz aus großen alten Runensteinen erbaut ist. Die gleich-
zeitige Auffindung von sechs bis sieben Runensteinen ist ein Uni-
kum. Sie gehören wahrscheinlich ins 11. Jahrhundert und stammen
teils von einem in diesem Bezirke einst mächtigen Herren namens
Jarlabanke, teils von dem dort gleichfalls angesehenen Holmfrid;
beide Persönlichkeiten sind von anderen Runensteinen her wohl-
bekannt. Die Erhaltung dieser Denkmäler ist wohl auf frühzeitige
Verschüttung des Kellers zuriickzufiihren. Auf dem erinnerungs-
reichen Boden von G o 11 a n d ist eine ungewölmlich interessante
Ausgrabung gelungen: es ist das Haus eines Häuptlings namens
Staver, der in der römischen Eisenzeit, also vor beiläufig 1700
Jahren, im Siidosten der Insel ein großer Handelsherr gewesen
sein muß. Damals spielte Gotland als Verbindungsglied zwischen
der römischen und der nordischen Kultur eine große Rolle; zahl-
reiche römische Silbermiinzen und Gefäßscherben, die man auf-
gefunden hat, zeugen von der regen Einfuhr, die die großen deut-
schen Ströme und die Weichsel entlang nach dem Norden floß.
Das Haus läßt auf Stavers große Stellung und Reichtum schließen;
es mißt nicht weniger als 60 Meter in der Länge und 8 Meter in
der Breite und faßte eine von zwei Reihen Masten getragene
Halle mit drei Feuerstellen. Unter dieser Anlage stieß man jedoch
auf Reste eines älteren, vermutlich dem 1. vorchristlichen Jahr-
hundert entstammenden Hauses, in dessen Ablagerungen sich

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