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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

DOI Heft:
1./2. Oktoberheft
DOI Artikel:
Die Berliner Auktione Figdor / Aus der Kunstwelt / Marc Rosenberg †
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0076

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war. Die Geschichte der deutschen Goldschmiedekunst, eines so
wesentlichen Teiles unserer Kulturvergangenheit, hat er damit auf
eine neue, breite und bei allen offen stehenden Problemen sichere
wissenschaftliche Basis gehoben. 1928 erschien der Band „Aus-
land“ der „Goldschmiede Merkzeichen“, ein bedeutender und
grundlegender Anfang zur Sichtung des internationalen Bestandes.
Es gibt keinen Wissenschaftler, iLiebiiaber, Sammler auf dem Ge-
biet der Edelrnetalle, der nicht täglich sein Werk in Händen liieite.
Gestützt auf seine Kennerschaft fanden den Gelehrten alle Bitten
und Anliegen um Auskunft stets hiifsbereit.

Sinneh-Teppich um 1700. 490 : 210 cm. Versteigert durch
Internationales Kunst- und Auktions-Haus, Berlin

In der Goldschmiedekunst schneiden sich vielfache Tätig-
keiten und Techniken, Rosenbergs Verhältnis zum Kunsthandwerk
des Metalls war viel zu offen und weit, um in dem Erfassen nur
rein authentischer Grundlagen mit fast archivalischer Sicherheit,
wie sie die Stadt- und Meisterzeichen darstellen, nicht auch die
Grenzen zu erkennen. Er drang zur Problematik großer geschicht-
licher Zusammenhänge vor und suchte diese von ihrer handwerk-
lichen Seite her zu erfassen, um auch hier auf dunklen und wenig
begangenen Gebieten Grund zu legen. Seine „Geschichte der
Goldschmiedekunst auf technischer Grundlage“ sollte ihn, wie er
plante, auf seinem Leben iiber die letzten Absclmitte begleiten;
sie tat es. 1907 erschien die Abteilung „Niello“, die „Einführung“
folgte 1910, „Granulation“ 1918, die drei Abteilungen „Zellen-
schmelz“ lagen 1921 und 1922 vor. Wie er die Aufrollung des
Materials von dieser Seite der technischen Gegebenheiten und
Bedingungen als Stützungsaktion anders operierender Methoden

aufgefaßt wissen wollte, beweist seine Widmung der „Granula-
tion“ an Montelius und Strzygowski.

Neben dieser planvoll systematischen Anlage seiner Arbeit
haben ihn, teils als Vorstudien, teils erst durcli sie bedingt, eine
Reihe individueller Fragen beschäftigt. Der geistvollsten Privat-
sammlung unserer Zeit, der unvergeßlichen Sammlung Figdor
setzte er fast zwanzig Jahre vor ihrer Auflösung in den „Studien
über Goldschmiedekunst in der Sammlung Figdor“ ein Denkmal.
Analog der spielenden Fülle dieser Sammlung sind die wichtigsten
Probleme der Goldschmiedekunst, Juwelierarbeit und metall-
plastischen Art in diesen Studien mit Grazie gebündelt. 1920 er-
scliien in den Jahren der „Publikationen mit vielen Bildern und
wenig Text“ (letzterer oft unhaltbar) Rosenbergs monographisches
Werk über die Jamnitzer. Mit der Knappheit und beredsamen
Genauigkeit eines Kataloges sind „alle erhaltenen Goldschmiede-
arbeiten, verlorene Werke, Handzeichnungen“ darin zu einem kla-
ren Bild der einzelnen, für die deutsche Renaissance so bedeuten-
den Handwerksmeister zusammengefügt. Es war in Wahrheit die
Quintessenz der Sammelarbeit eines Lebensalters: „In der ersten
Autlage meiner „Merkzeichen“ habe ich 30 Arbeiten nachgewiesen,
im Laufe der Jahre kamen noch so viele hinzu, daß ich in der
zweiten Auflage 50 Stück aufzählen konnte. Heute ist das Werk
noch umfangreicher“. Zu diesen Arbeiten und Studien gehören
Einzeluntersuchungen, z. B. über die Cappenberger Schale, über
Heiligtumbücher und Goldschmiedekunst, das Kreuz von St.
Trudpert, die Sacra regni Hungariae corona, über das Stephans-
reliquiar im Lichte des Utrechtpsalters. Dazu kommen Einzel-
untersuchungen iiber in sich abgescldossene Bestände, wie den
Großherzoglichen Silberschatz im Schlosse zu Weimar oder den
Silberschatz in Dessau, die unsere Kenntnis des Materials wesent-
lich bereichern. Früh hat er auch, ehe er sich ganz auf das
Terrain der Kunstgeschichte der Edelmetalle begab, Beziehungen
zu badischer Vergangenheit gefunden. Er arbeitete, zusammen
mit Sauerwein, über das Heidelberger Scliloß, gab das in Karls-
ruhe befindliche Skizzenbuch Baldung Griens heraus.

Marc Rosenbergs Leben stand glückhaft im Zeichen der
Vollendung mehrerer groß angelegter wissenschaftlicher Unter-
nehmungen, die erst durch seine Persönlichkeit Sinn und Bedeu-
tung bekamen. Er war Professor an der Technischen Hochschule
in Karlsruhe, Geheimrat. Die Kunstwissenschaft verliert in ihm
einen Repräsentanten bedeutender Autorität, die Welt der Kunst-
liebhaber und Sanrmler einen Berater und Freund.

W. H o 1 z h a u s e n.

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Wird auf Verlangcn Interessenien unentgelüich zugescndt

Redaktionsschluß für das 1.12. Novemberheft 26. Oktober. -— — —- Redaktionsschluß für das 1./2. Dezemberheft 29. November.
Herausgeber u. verantw. Leiter: Adolph Donath, Berlin-Sohöneberg. / Verlag: „Der Kunstwanderer“, G. m. b. H., Berlin-Schöneberg.
Redaktion: Berlin-Schöneberg, Hauptstraße 107. — Druck: Pflaume &. Roth, Berlin SW 68.

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