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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

DOI Heft:
1./2. Novemberheft
DOI Artikel:
Kubsch, Hugo: Vom Selbstbildnis
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0089

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Doppelbiidnis (Selbstbildnis mit seiner Frau) den Typus
des Gattenbildes in die Malerei ein.

Hans Holbeins Selbstbildnis aus dem Todesjahr
1543 ist in Haltung und Kleidung schlicht, klar, unge-
beugt, aber nicht, wie Dehio sagt, ,,voll kalter, beinahe
verächtlicher Ueberlegenheit“, sondern von einer
Uebersättigung des Schauens, die schon ins Jenseits
weist. „Das Selbstbildnis als letzter Wille“. Michelan-
gelo, dem das Malen von Tafclbildern, erst recht abcr
das Porträtmalen, als eine Beschäftigung ftir Wei'ber
im Innersten zuwider war, hat sein Leben als Selbst-
bildnis hinterlassen, und Tizian hat erst im liohen Alter
sich selbst gemalt. Sein Berliner Bildnis ist so recht
das Beispiel fiir die soziale Emanzipation des Kiinstlers,
der zum „Fiirsten“ emporgestiegen ist. Neben und nach
Tizian beweisen die Kiinstler durch ihr Auftreten und
ihre reiche Kleidung, daß sie auf der sozialen Stufen-

leiter nacli oben geklettert sind. „Das Intellektuale
iiberwuchert das Sinnliche, wie das Standesbewußtsein
die Herkunft“. Salvati, Vasari, Antonis Mor u. a. ge-
hören hierher. Und ist nicht auch Rembrandt, der
dreißigjährige Rembrandt ein Kavalier gewesen? Aber
Kleidung und Haltung des großen Herrn sind doch
Maskerade, sind Aeußerliches. Das Königstum Rem-
brandts war jenseitig gerichtet, war nicht von dieser
Welt. Sein Ringen um Erkenntnis war faustisch, gerade
davon reden seine Selbstbildnisse, die aus der Tiefe
kommende Selbstbekenntnisse sind. Rembrandts
Selbstbildnisse haben eine mitreißende Kraft und Tlefe,
sie leuchten in die Seele des schöpferischen Menschen
hinein und enthüllen sie schonungslos. Aber diese Ent-
hiillungen arten nicht zu Exzessen aus, sie bringen viel-
inehr eine beruhigende Harmonie, eine Sublimierung des
Daseins, eine Verklärung aller Oual und scheinbaren
Unvollkommenheit des Lebens.

IOANNEA HOLPENIW B,
Jyi miys effiöiator

AILEEN^IT

Hans Holbein d. J., Selbstbildnis. Uffizien, Florenz

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