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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

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1./2. Märzheft
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Simon, Karl: Giovanni Colombo, der Lukasbruder
DOI Artikel:
Aus dem nordischen Kunstleben / Londoner Kunstschau / Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Aus der Museumswelt / Aus der Kunstwelt / Deutsche Graphik in Amerika / Kokoschka-Ausstellung in Mannheim / Les faux van Gogh
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https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0222

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ungefähr erst sechs Jahre an der Kunst und macht ein
Bild, das in mancher Beziehung meisterhaft zu nennen
wäre“. Offenbar hat Colombo aber die auf ihn gesetz-
ten Hoffnungen niclit erfüllt, und Overbecks Urteil
klingt an der einen Stelle ja auclr sclion früh vorsichtig.
lm Auftrag Canovas hat er in den Jaliren 1816—1817 irn
Museum Chiaramonti des Vatikans das erste Lünetten-
Lresko: „Die Vereinigung der archäologischen und der
Lukas-Akademie“ gemalt. Später war er Overbeck bei
den Fresken für die Villa Massimo behilfich, aber von
selbständiger Tätigkeit hören wir nichts mehr; er ist
dann hauptsächlich als Gemälde-Restaurator tätig ge-
wesen.

Ein Porträt von ilim ist m. W. bisher niclit bekannt,
doch befindet sich in Frankfurter Privatbesitz ein Blei-
stiftporträt, das riach der mit Bleistift geschriebenen
Notiz auf der Rückseite „Colombo aus Brescia, Maler“
darstellt. Auf dem Untersatz-Karton ist als Autor
„I. Friedr. Overbeck“ angegeben. Die Schrift auf der
Rückseite ist von älterer Hand sehr sorgfältig geschrie-
ben, allerdings ist als Vorname „Jacobus“ genarmt. Die
Zeichnung ist seit mindestens 1886 in Frankfurter Be-
sitz nachzuweisen und hat bezüglich der Identifizierung
des Dargestellten mit unserem Colombo alle Wahr-
scheinlichkeit für sich. Die Autorschaft Overbecks
würde in dem Umstande eine Stütze finden, daß es von

diesem ein gemaites Porträt des Freundes gegeben hat.
Overbeck berichtet am 10. November 1813 an Ludwig
Vogel, das Schweizer Mitglied des Lukasbundes, daß er
Colombos Porträt „beinahe lebengroß, untermalt“ habe.

Die beigegebene Abbildung macht ein nähere Be-
schreibung der 18,5 : 13,0 cm messenden Zeichnung
iiberflüssig. Die Physiognomie des (fast allein genauer
ausgeführten) Gesichtes mit den großen, weitgeöffneten
Augen, der gebogenen Nase und dem fein geschnittenen
Munde zeigt etwas von der sinnlichen Fülle des Süd-
länders und ein adeliges Feuer, das gut zu dem Bilde
passen würde, wie es uns aus den literarischen Zeug-
nissen entgegentritt.

Die Autorschaft Overbecks ist auch innerlich durch-
aus begründet. Seine Art der Zeichnung, die Behand-
lung der Schattenpartien, die Uebergänge, die Art der
Modellierung, die Haarbehandlung stimmt mit der in
seinen gesicherten Werken vollkommen überein. Auch
liebt er ers, in seinen Porträtzeichnungen (wie es hier
geschieht) den Kopf allein auszuführen, Brust und Hals
mit Kleidung dagegen andeutungsweise zu geben.

So würde unser Porträt sehr geeignet sein, unsere
Vorstellung von dem Kreise um Overbeck zu vervoll-
ständigen, vielleicht auch dazu dienen, das Overbeck-
sche Oelporträt des Freundes selbst wieder aufzufinden.

Aus dctn nordticbßn Kunftleben*

Der an dieser Stelle wiederholt hervorgehobene, auch kultur-
politisch der Beachtung würdige rege Kunstausstausch der nordi-
schen Länder untereinander und mit anderen Kunstländern nimmt
in unverminderter Stärke seinen Fortgang. Das Hauptereignis der
jüngsten Zeit bildete die große, etwa 250 Arbeiten umfassende
dänische Kunstausstellung in Oslo, die wohl durch
die große Schau dänischer Kunst in Kopenhagen im Jahre 1929
zuerst angeregt worden ist und die mit um so lebhafterem Inter-
esse aufgenommen wurde, als man in Norwegen seit Jahrzehnten
nicht Gelegenheit zu einer gleich umfassenden Anschauung moder-
tien dänischen Kunstschaffens gehabt hat. Es darf hierbei daran
erinnert werden, daß die kiinstlerische Verbindung zwischen bei-
den Ländern im jüngsten Menschenalter recht eng gewesen ist:
eine ganze Generation norwegischer Maler ist seit den neunziger
Jahren durch Zahrtmanns Schule gegangen; andererseits wird in
der dänischen Malerei Munchs Einfluß vielfach erkennbar, Henrik
Lund hat zeitweilig in Kopenhagen gelebt, Ludvig Karsten in einem
Kopenhagener Sammler seinen treuesten Gönner gefunden, wie
ja auch der norwegische Bildhauer Stephan Sinding ein bevorzug-
ter Schützling Carl Jacobsens gewesen und daher in der Kopen-
hagener Glyptothek am reichsten vertreten ist. Gleichzeitig er-
schien die französische Kunst im Norden wieder zu Be-
such. Im Stockholmer Nationalmuseum veranstaltete die Vereini-
gung „Französische Kunst“ eine recht stattliche Ausstellung, auf
der vor allem Matisse mit 25 Bildern in den Vordergrund trat und
die außerdem Werke von Bonnard, Utrillo, Derain, Braque, Leger
u. a. umfaßte, und die „Maison Watteau“ in Paris hat eine Aus-
stellung aufgebaut, die in allen nordischen Hauptstädten gezeigt
werden soll. Sie umfaßt Werke von Othon Friesz, Dufresne,
Waroquier usw„ sowie einige Bildwerke von Despiau. Es verdient
jedoch als Wetterzeichen der Geschmacksentwicklung bemerkt zu
werden, daß diese moderne französische Kunst, wie besonders an
der Wirkung der letzterwähnten Ausstellung in Kopenhagen wahr-
nehmbar wurde, insoferti mit einer gewisseti Reserve aufgenommen

wurde, als man ihren rein artistischen Charakter doclt als etwas
Fremdes empfand. Die norwegische Kunst gibt ihrerseits zur Zeit
ein Gastspiel in Budapest und es besteht, was besonders
interessieren wird, die Absicht, demnächst auch eine repräsen-
tative Ausstellung der Gegenwartskunst Nor-
wegens in Berlin zu veranstalten, wo man von ihr, von
Munch abgesehen, im Ganzen recht wenig kennen gelernt hat.

Viel mehr als bei den Franzosen fühlte das Kopenhagener
Publikum sich bei der Ausstellung von Johannes Larsen zu
Hause. Dieser Künstler gehört zu der „Fünen-Gruppe“ und ver-
dankt seinen Ruf und Erfolg ursprünglich der Schilderung der
heimatlichen Landschaft in Verbindung mit ihrem Vogelleben, in
dessen Darstellung er eine eindringende und feine Beobachtung
an den Tag legte. Inzwischen hat er seinen Motivenkreis sehr er-
weitert und sicli zu einem der besten modernen Maler der insel-
dänischen Natur entwickelt. Seine neuesten Arbeiten bezeugen,
daß es vor allem die treue und überzeugende Wiedergabe und
Charakteristik der Naturerscheinung ist, die er anstrebt; zuweilen
läuft er Gefahr sich an das Motiv zu verlieren und die Inspiration
setzt aus, aber besonders in Bildern kleineren Formates erfreut
sein gesundes und starkes Naturgefühl, das Wesen, Reiz und
Rhythmus der dänischen Landschaft mit instinktiver Sicherheit
erfaßt.

Die Kopenhagener Glyptothek hat init einer
etruskischen Frauenfigur in halber Lebensgröße, deren Bemalung
ausgezeichnet erhalten ist, eine schöne Erwerbung gemacht. Direk-
tor Dr. Poulsen datiert sie um 480 v. Chr. Sie ist aus dem deut-
schen Kunsthandel erworben worden, nachdem sie in Amerika als'
vermeintliche Fälschung abgelehnt worden war. Dr. Poulsen hält
jedocli in Uebereinstimmung mit den deutschen Kennern die Echt-
heit des Bildwerkes für sichergestellt. Es ist eine feine Arbeit
griechischen Stiles, in der man ein Hauptwerk der Periode zu er-
kennen haben dürfte.

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