üntertan. ÄIs es nnter clem Anstnrm der Hunnen und
germanisclien Yölker zerfällt, greift etwas von seiner
Kunst auf diese unverbraueliten Stämme iiber. Die
Russen, die erst im 9. Jahrhundert zum Christentum
iibergetreten sind, haben die Formen bvzantinischer
Kunstsprache am längsten und treuesten bewahrt. Da
die russische Regierung sich leicler geweigert hat, die
Ausstellung zu beschicken — ein schwerer Verlust —
veranschaulichen die schwachen griechisclien Tafel-
bilcler aus der Sammlung Loverdo zu Athen den
letzten Ausklang byzantinischer Formensprache im
15. uncl 16. Jahrhundert.
Der Begriff byzantinische Kunst ist in der Ausstel-
lung sehr weit gefaßt. Manches, clas sclion die Schwelle
des 12. Jahrhunderts erreicht hat und Kennzeichen
Paris Louvre / Frauen arn Gralie 10.
Silber, 11. Jahrh.
des Romanischen trägt, ist mit ausgestellt, und all das
was man unter Völkerwanderungskunst und unter
merowingischer Kunst zusammenzufassen pflegt, ist
dem Begriff des Byzantinischen subsummiert worden.
Aber liegt nicht doch der Glanz von Byzanz iiber Glas-
fluß und ä eabuchon gefaßten Steinen, und ist es
nicht eine große Bereicherung des Gebotenen, wenn
wir neben den zarten Goldketten mit Lapis ägypti-
schen Ursprungs (die Sammlung R. W. Bliss, Washing-
ton, ist daran besonders reich) das Glück und die
Freude haben, den in Cesena gefundenen „barbari-
schen“ Schmuck, der aus dem 5. bis ins 9. Jahrhun-
dert reicht, zu sehen (im Besitz der Gräfin Behague in
Paris). Dazu kommt das mit Granaten geschmückte
Schwert Childerichs I., die Granatbienen, die auf dem
Krönungsmantel angebracht waren, die dazu gehörige
Kristallkugel, sämtlich 1655 in Tournai gefunden.
wurden sie Ludwig XIV. durch den Kurftirsten von
Mainz geschenkt und befinden sich heute im Cabinet
des Medailles zu Paris. In denselben Kunstkreis ge-
liören goldene Fibeln mit in Granaten eingelegtem
Fischornament (aus dem Museum zu Saint-Germain);
Schmuckstücke aus avarischen Gräbern aus dem
6. und 7. Jahrhundert, und besonders jene mäch-
tige goldgefaßte Onyxfibel (in Szilägi-Somlyo gefun-
den), die vermutlich von den Goten dem Kaiser Ya-
Jentius I. nach der Schlacht bei Andinopel geraubt
wurde (Nationalmuseum zu Budapest). Südrussische
und kleinasiatische Bronze-Gürtelschnallen (aus der
Sammlung Hayford Peirce, Paris) sind in der Behand-
tung geflügelter Drachen der Kunst von Luristan ver-
wandt; es geliört zum größten Reiz der Ausstellung,
das Wandern der Motive iiber Zeiten und Räunie hin-
weg zu verfolgen.
Unter den Werken cler Großplastik fallen besonders
auf die großen Porphyrtorsi aus Ravenna und dem
Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin, zwei Porphyr-
säulen, aus denen die Köpfe von Kaisei ii hervorragen
— aus dem Louvre, der wunderbare Kopf der Kaiserin
Teodora aus dem Castello Sforzesc-o zu Mailand
(5. bis 6. jahrhundert), der Kopf einer Kaiserin aus
der gleiehen Zeit aus dem Louvre (vgl. Abbild.), der
Kopf eines Kaisers aus Kena aus dem Kaiser-Fried-
rich-M useuin zu Berlin mit wissendem Blick aus
augenlosen Höhlen starrend; das große Pfauen-
marmorrelief (Venedig, 7. Jahrh.) aus dem Kaiser-
Friedrich-Museum zu Berlin; Tierdarstellungen in
Ilolz (Ägypten, 6. bis 7. Jahrhundert) aus der
Sammlung Hayford Peirce, Paris und vieles andere.
Yon antiker Tradition ist, so verschieden die Dinge
auch untereinander sind, nicht mehr viel iibrig. Das
Gefühl für plastisches Volumen schwindet immer
mehr; es hat wohl nie eine Kunst gegeben, die in
einem solehen Maße dazu neigt, clas Körperliche auf-
zuheben Avüe die bvzantinische. Das Flächenhafte
überwiegt auch bei den volldimensional herausge-
arbeiteten Köpfen und Körpern. Die mit dem Bohrer
behandelten Augen starren eindringlich und künden
den Sieg des Geistes iiber die Materie. Daß Christi
Iieich nicht von dieser Welt ist, wird trotz allem
Clanz, den man iiber Göttliches und Profanes, über
Gotteshaus und Alltag breitet, an der Körperbehand-
lung deutlich, wenn man clen Maßstab von der An-
tike entlehnt. Auch Licht und Schatten bekommen
eine neue Bedeutung, besonders im Relief, wo die Mo-
tive oft wie ausgesclmitten wirken und sich wie
Spitzen uin clen Kapitelfkörper legen. Dabei spielen
antike Motive eine ganz große Rolle, und cliese christ-
lichste Kunst ist Jahrhunderte hinclurch von Paganis-
men durchsetzt. Die Antike als Bildungsfaktor hat
auch im christlichen Staat weitergelebt. Aus dem Mu-
germanisclien Yölker zerfällt, greift etwas von seiner
Kunst auf diese unverbraueliten Stämme iiber. Die
Russen, die erst im 9. Jahrhundert zum Christentum
iibergetreten sind, haben die Formen bvzantinischer
Kunstsprache am längsten und treuesten bewahrt. Da
die russische Regierung sich leicler geweigert hat, die
Ausstellung zu beschicken — ein schwerer Verlust —
veranschaulichen die schwachen griechisclien Tafel-
bilcler aus der Sammlung Loverdo zu Athen den
letzten Ausklang byzantinischer Formensprache im
15. uncl 16. Jahrhundert.
Der Begriff byzantinische Kunst ist in der Ausstel-
lung sehr weit gefaßt. Manches, clas sclion die Schwelle
des 12. Jahrhunderts erreicht hat und Kennzeichen
Paris Louvre / Frauen arn Gralie 10.
Silber, 11. Jahrh.
des Romanischen trägt, ist mit ausgestellt, und all das
was man unter Völkerwanderungskunst und unter
merowingischer Kunst zusammenzufassen pflegt, ist
dem Begriff des Byzantinischen subsummiert worden.
Aber liegt nicht doch der Glanz von Byzanz iiber Glas-
fluß und ä eabuchon gefaßten Steinen, und ist es
nicht eine große Bereicherung des Gebotenen, wenn
wir neben den zarten Goldketten mit Lapis ägypti-
schen Ursprungs (die Sammlung R. W. Bliss, Washing-
ton, ist daran besonders reich) das Glück und die
Freude haben, den in Cesena gefundenen „barbari-
schen“ Schmuck, der aus dem 5. bis ins 9. Jahrhun-
dert reicht, zu sehen (im Besitz der Gräfin Behague in
Paris). Dazu kommt das mit Granaten geschmückte
Schwert Childerichs I., die Granatbienen, die auf dem
Krönungsmantel angebracht waren, die dazu gehörige
Kristallkugel, sämtlich 1655 in Tournai gefunden.
wurden sie Ludwig XIV. durch den Kurftirsten von
Mainz geschenkt und befinden sich heute im Cabinet
des Medailles zu Paris. In denselben Kunstkreis ge-
liören goldene Fibeln mit in Granaten eingelegtem
Fischornament (aus dem Museum zu Saint-Germain);
Schmuckstücke aus avarischen Gräbern aus dem
6. und 7. Jahrhundert, und besonders jene mäch-
tige goldgefaßte Onyxfibel (in Szilägi-Somlyo gefun-
den), die vermutlich von den Goten dem Kaiser Ya-
Jentius I. nach der Schlacht bei Andinopel geraubt
wurde (Nationalmuseum zu Budapest). Südrussische
und kleinasiatische Bronze-Gürtelschnallen (aus der
Sammlung Hayford Peirce, Paris) sind in der Behand-
tung geflügelter Drachen der Kunst von Luristan ver-
wandt; es geliört zum größten Reiz der Ausstellung,
das Wandern der Motive iiber Zeiten und Räunie hin-
weg zu verfolgen.
Unter den Werken cler Großplastik fallen besonders
auf die großen Porphyrtorsi aus Ravenna und dem
Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin, zwei Porphyr-
säulen, aus denen die Köpfe von Kaisei ii hervorragen
— aus dem Louvre, der wunderbare Kopf der Kaiserin
Teodora aus dem Castello Sforzesc-o zu Mailand
(5. bis 6. jahrhundert), der Kopf einer Kaiserin aus
der gleiehen Zeit aus dem Louvre (vgl. Abbild.), der
Kopf eines Kaisers aus Kena aus dem Kaiser-Fried-
rich-M useuin zu Berlin mit wissendem Blick aus
augenlosen Höhlen starrend; das große Pfauen-
marmorrelief (Venedig, 7. Jahrh.) aus dem Kaiser-
Friedrich-Museum zu Berlin; Tierdarstellungen in
Ilolz (Ägypten, 6. bis 7. Jahrhundert) aus der
Sammlung Hayford Peirce, Paris und vieles andere.
Yon antiker Tradition ist, so verschieden die Dinge
auch untereinander sind, nicht mehr viel iibrig. Das
Gefühl für plastisches Volumen schwindet immer
mehr; es hat wohl nie eine Kunst gegeben, die in
einem solehen Maße dazu neigt, clas Körperliche auf-
zuheben Avüe die bvzantinische. Das Flächenhafte
überwiegt auch bei den volldimensional herausge-
arbeiteten Köpfen und Körpern. Die mit dem Bohrer
behandelten Augen starren eindringlich und künden
den Sieg des Geistes iiber die Materie. Daß Christi
Iieich nicht von dieser Welt ist, wird trotz allem
Clanz, den man iiber Göttliches und Profanes, über
Gotteshaus und Alltag breitet, an der Körperbehand-
lung deutlich, wenn man clen Maßstab von der An-
tike entlehnt. Auch Licht und Schatten bekommen
eine neue Bedeutung, besonders im Relief, wo die Mo-
tive oft wie ausgesclmitten wirken und sich wie
Spitzen uin clen Kapitelfkörper legen. Dabei spielen
antike Motive eine ganz große Rolle, und cliese christ-
lichste Kunst ist Jahrhunderte hinclurch von Paganis-
men durchsetzt. Die Antike als Bildungsfaktor hat
auch im christlichen Staat weitergelebt. Aus dem Mu-