Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 12./​13.1930/​31

DOI issue:
Juli-Augustheft
DOI article:
Preisbildung im Kunsthandel / Londoner Kunstschau / Kunstauktionen / Kunstausstellungen / Lesser Ury-Ausstellung der Nationalgalerie / Museum der Stadt Ulm / Aus der Kunstwelt
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.26236#0368

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Kunstauktionen

Berlin

Die Versteigerung der Sammlung Emden bei Paul Graupe
und Hermann Ball in Berlin brachte trotz der wirtschaftlich
schlechten Zeiten und der mangelnden Kaufkraft und Kauflust
einen sensationellen Erfolg. Es hat sich wieder gezeigt, dafi
gutes Material in einer gut organisierten Anktion immer noeh
gute Preise bringt.

Znerst gelangten die deutschen Bilder zum Ausgebot, von
clenen als wesentlich folgende Preise genannt seien: Zwei Putten-
szenen von Böcklin = 2650 RM.; eine kleine, farbenreiche
Szene, musizierende Frauen, von Eeuerbach = 4100 RM.; das
grofie Erauenbildnis „Nana“ von Eeuerbach = 14 100 RM.; ein
reizvolles Dorfidyll von Liebermann, datiert 1879 = 6500 RM.;
ferner von Liebermann die Studie aus dem Amsterdamer
Waisenhaus = 4500 RM. und fiir eine Strandlandschaf t

= 2500 RM.; ein Gemähle von Fritz Schider = 4100 RM.; das
bekannte Matteostilleben von Schncli = 4000 RM.; eine Skizze
von Spitzweg = 3500 RM.; eine kleine Schwarzwaldlandschaft
von Thoma = 5200 RM.; die 1872 gemalten Pfingstrosen von
Trübner = 6500 RM.

Es folgten die französischen Gemälde des 19. Jahrhunderts,
von denen folgende Preise interessieren dürften: 2700 RM. für
eine Brüsseler Hafenansicht von Boudin; 5200 RM. für ein
Blumcnstilleben von Fantin-Latour; 5700 RM. für ein frühes
Blumenstilleben von Gauguin; 16 600 RM. für eine Landschaft
von van Gogli aus dem jahre 1888; 7000, 7200 und 8600 RM.
für drei Bilder von Pissarro und für die verschiedenen schönen
Landschaften von Sisley 5000, 5600, 8100, 8400, und 3500 RM.

Den zwciten Tcil der Yersteigerung bildeten die umfang-
reichen Sammlungen von deutschem Barocksilber und von
nord- und süddeutschen Fayencen. Hier waren es hauptsäch-
licli Sammlcr aus Hamburg, Nürnberg und München, die neben
einigen Museen, wie Oldenburg, Danzig, Stettin, Nürnberg,

München und Berlin, das umfangreiche Material aufnahmen.
An Preisen seien genannt:. 1000 bis 2000 RM. für die grofien
Hamburger Deckelhumpen; 1000 bis 5500 RM. für die süd-
deutschen Krüge mit Bemalungen der Hausmaler Röseler und
Helmhack; 500 bis 1000 RM. für die Kriige, Schalen und Vasen
der süddeutschen Manufakturen Ansbach, Hanau und Bayreuth.
Von den Ilamburger Fayencen brachte ein Birn-Krug, datiert
1652, 1400 RM., eine Potpourrivase, Stockelsdorf 1773, 1510 RM.
und eine türkische Fayencevase des 16. Jalirhunderts 1200 RM.

Frankfurt a. M.

Die Herbstauktion der Firma Josepli Baer & Co., Frankfurt
am Main, wird vorzügliche Miniaturmanuskripte und alte
Drucke, besonders solche mit Holzschnitten des 15. und 16. Jahr-
liunderts, enthalten. Versteigert werden eine bekannte Frank-
furter Sammlung, dic Herr Georges Nestle-John in den Jahren
1880 bis 1890 zusammengebracht hat und über die bereits im
Jahre 1890 ein Katalog als Privatdruck erschien. Das wertvollste
Stiick ist ein Psalterium von 1239 mit 55 Minuten der sächsisch-
thüringischen Schule. Ferner enthält dic Sammlung eine Anzalil
weiterer, sehr schöner Miniaturmanuskripte und die vorzüglich-
sten Holzschnittbücher des 15. und 16. Jalirhunderts, zum Teil
\n liervorragenden Einbänden. Am sell)en Tage wird die Biblio-
thek eines bckannten süddeutschen Bibliophilen, des Haupt-
manns Friedrich Geiger in Ulm versteigert, die ebenfalls eine
Anzalil früher Holzschnittbücher enthält.

Leipzig

C. G. Boerner versteigert im Herbst die berühmten Hand-
zeichnungssammlungen des verstorbenen internationalen hollän-
dischen Kunstforschers Hofstede de Groot. Die Sammlung
enthält auch Blätter von Rembrandt.

Kunstausstellungen

Berlin

Die Galerie Flechtheim bringt eine Ausstellung des Pariser
Malers Jean Lurgat, der Chirico und Braque am nächsten steht.
Mit dem ersteren hat er das kubische Gefüge der Bilder ge-
meinsam, die Neigung architektonische Gebilde in fast geheim-
nisvoller Weise mit der Landschaft zu verbinden; mit Braque
verbindet ihn die Schichtung der Farbflächen in den Stilleben.
Doch sind das nur Zeichen einer äußeren Zusammengchörigkeit
des Ortes, an dem alle diese Werke entstehen. LurQat hat eine
hinreifiende Kraft des Bewegungsausdruckes, und seine See-
bikler sind trotz aller „Sachlichkeit“ von einer romantischen
Stimmung erfiillt; sachlich sind nur die architektoniSchen Teilc
hingestrichen, sehr scliarf iind kalt zuweilen. Aber Liclit- und
I.uftwirkungen mildern, und eigenartige, manchmal mehr orna-
mentale, manchmal malerische Wirkungen gehen von ihnen aus.
Wirklich prachtvoll ist der Aufruhr der Segel und der Seile vor
schwefelgelbem Himmel (Bataillc de Trafalgar, 1931), die zu-
gleich dekorativ und voll eines gespenstischen Lebens sind.

Die Galerie Möller veranstaltet fiir den vor zehn Jaliren ver-
storbenen Maler Otto MiiUer eine Gedächtnisausstellung seiner
Grapliik, während die Nationalgalerie gleichzeitig seine Bilder
ausstcllt. Müller war einer der Künstlcr der „Brücke“, der er
sicli erst 1908 in Berlin anschlofi, nachdem er zehn Jahre ein-
sam im Riesengebirge gelebt liatte. Erstaunlich wird in diesen
beiden Ausstellungen nun klar, wie Müller cincm Thema ver-
fallen war: dem nackten menschlichen Körper in der Landschaft.
Zeichnerisch, auch im Ölbild, sind die Körper gestaltet, eckig die

e>

Umrisse, die eine kaum modellierte Fläche begrenzen, und ebenso
wachsen Bäume und Pflanzen nur in zarten, belebten und ver-
geistigten Konturen, naturfern, doch voll Rhythmus und Span-
nung. Seine Farbe ist heftig, in einigem an Nolde gemahnend,
Dekoratives auch in einzelnem gesucht. Er ist wie selten einer
dem einmal gefundenen Wege treu geblieben, einem in seiner
Zeit völlig neuen Wege, und wohl ein grofier Teil der nach-
haltigen Wirkung seiner Kunst ist dieser Geschlossenheit seines
Lebenswerkes zuzuschreiben.

Der Verein der Künstlerinnen zu Berlin zeigt zwei Kollektiv-
ausstellungen der Malerinnen Klara Gumpertz und Elsa Hoff-
mann. Klara Gumpertz, in vielem noch impressionistisch, ist
am besten iin Porträt und im Blumenstück. Der blaue Innen-
raum der Mergentheimer Kirche ist neuartiger und selbständiger
empfunden. In der Kollektion Elsa Hoffmann fällt das Porträt
des Malers Biittner auf, das in feiner malerischer Wirkung
lebensvoll gesehen ist. Sehr gute Landscliaften kommen liinzu.

In der Galerie Casper waren im Mai Bilder des WTeners Payer-
Gartegen zu sehen. Die Wiener Schule liat lieute bereits ein selir
ausgeprägtes eigenes Gesicht, das, aufier manchmal in der Farbe,
mit Paris wcnig Ähnlichkeit liat. Es ist eine starke Neigung zur
Architckturmalerci vorhanden, die das Bauwerk sehr kubisch
sieht und empfindet. Farbe und Ton sind Hauptmittel der Dar-
stellung. So sahen wir Tischlers tonige Veduten, so die farb-
glühenden Stadtbilder Maximilian Reiniz1, und so sind auch die
Wiener Motive von Payer-Gartegen eine Mischung von sach-
licher Architekturmalerei und farbig-toniger Wiedergabe von
Licht und Luft. Reizvoll sind aucli die Fraucndarstellungen, wie
 
Annotationen