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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,2.1902

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Heft 13 (1. Aprilheft 1902)
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Avenarius, Ferdinand: Sprechsaal: letztmals: der "Türmer" und wir
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8191#0034

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klarer Zurircknahme jener Unwahrheiten zu bekennen. Widrigensalls wir uns
damit abfinden müfiten, datz Jeannot Emil Freiherr von Grotthutz öffentlich
bcwußt gelogen und verleumdet habe.

4. Zur Sache und zu seiner Rechtfertigung bringt Grotthutz abermals
nicht das Mindeste. Kein Hieb wird pariert, vor jedem wird wegge-
sprungen, dann aber greift der tzerr denselben Schmutz auf, mit dem er schon
einmal vergeblich gcworfen hat. Grotthutz ist fiir uns erledigt. Will aber
ein besscrer Mann mit uns streiten, auch über uns selber, so komm er: zum
Kampfe find wir d a.

Ferd. A v e n a r i 11 s.

I^ose Vlätier.

Lurern.

Von Leo Tolstoj.

Vorbemerkung: Die ,Tagebuchaufzeichnungen," die wir hiermit ab-
drucken, hat Tolstoj im Anschlutz an jene Reise geschrieben, welche ihn im
Jahre t85? zum ersten Male ins Ausland führte. Vielleicht hätten wir, wenn
es uns rein um einc Kennzeichnung des Dichters Tolstoj zu thun wäre, doch
lieber noch ein anderes Stück gebracht, obgleich „Luzern" besonders in seiner
Steigerung und in seinem Ausklingen auch künstlerisch eine Meisterleistung ist.
Uns kam es aber auch hier wie in dem Aufsatze über Tolstoj darauf an, vor
allem die absichtsvolle Persönlichkeit dieses Mannes zu beleuchten, und da gibt
dcnn „Luzern" besonders viel, weil es schon so früh, noch vor Tolstojs „Be-
kehrung" das Drängen auf die Erweckung „realer Gefühle" zeigt. Bonus
macht besonders auf den Zorn gegen die enghcrzige Hotel-Aristokratie und
das von ihr grotzgezogene Lakaientum aufmerksam, und auf die Rührung über
die innere Einfachheit des Musikermännleins, das doch mit echter Kunst nicht
etwa in ein Jdeal umgelogen wird, sowie auf die höchst bezeichnende Art,
wie Tolstojs Stimmung in eine Selbstprüfung umschlägt. Auch die starke
Betonung der Volkskunst wird gerade die Kunstwartleser interessieren und
gleich im Anfang die ironische Schilderung, wie Luzern den Fremden zu lieb
seinen Strand „schün" macht.

Unsere Uebersetzung ist der besten deutschen Tolstoj-Ausgabe entnommen,
derjenigen, die jetzt unter Leitung von Raphael Loewenfeld bei Diederichs in
Leipzig crscheint.

Gestern Abend bin ich in Luzern angekommen und habe in dem feinsten
Gasthause Wohnung genommen, im Schweizerhof.

Luzern, eine alte Kantonsstadt am Ufer des Vierwaldstätter Sees gelegen
— sagt Murray — ist eine der romantischsten Städte der Schwciz. Hier kreuzen
sich drei Hauptstratzen, und in einer Entfernung von nur einer Stunde Dampfer-
fahrt gelangt man zu dem Rigi, von dem man eine der herrlichsten Aussichten
der Welt genictzt.

Ob mit Recht oder nicht, andere „Führer" sagen dasselbe, und daher
findet man in Luzern eine Menge von Reisenden aller Nationen, besonders
aber Engländer.

Das prächtige fünfstöckige Gebäude des Schweizerhofes ist erst vor
kurzem erbaut. Es steht am Ouai, unmittclbar am See, an derselben Stelle,

j. April 1902

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