DOI Heft:
Heft 15 (1. Maiheft 1902)
DOI Artikel:Rundschau
DOI Artikel:Unsre Noten und Bilder
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.8191#0156
* Fritz Friedmcinn.
Also cs isi wahr, Herr Rechtsan-
walt a. D. Fritz Friedmann ist, nach-
dem die Zeit verflossen, da seine, sagen
wir: Verkennung durch die Gerichte ge-
fährlich war,beim Liliencronschen Ueber-
brettl in Berlin ausgetaucht. Was er
als Plauderer gab, war gar nichts,
aber sich gab er ja. „Nun das Eis ein-
mal gebrochen/ schreibt dis doch nicht
übertrieben intolerante „Franksurter
Zeitung" dazu, „ervffnet sich ein
ganzes Neuland von Sensationen für
die Bühne. Sie alle wird man sehen
wollen, sie alle werdcn entdeckt nnd
engagiert werden, die Berühmtheiten
der Anklagebank." Vielleicht assoziieren
sie iich auch gruppenweise, z.B. als Ueber-
brettl-Börsianer und als Ucberbrettl-
Börsianer-Exdirnen und führen uns kost-
bare Erinnerungen aus ihremLeben vor.
Selbstverständlich liegt es uns
völlig fern, Liliencron für diese Sehens-
würdigkeit seines Brettls verantwortlich
zu halten. Aber es ist ganz sicherlich
nicht nur unser sehnlicher Wunsch,
dcn Namen eincs unsrer besten Dichter
von dieser Bude gclöst zu sehen.
Nnsi'e Vilcisr unci IXolen.
Zu unserer grosten Freude sind wir in dcr Lage, den Lesern Max
Klingers eben vollendcten „Beethoven" heut schon zeigen zu können. Der
thront als ein Zeus übcr den Landen der Sterblichen, umraunt von den Stimmen
des Ewigen, zuseinen Füßen den Adlcr, derderWorte lauscht, dic er hinaustragen soll.
Es ist über Klingers neuestcs und größtes plastisches Werk schon jetzt
so viel in den Tageszeitungen geschrieben worden, daß wir uns vor dem
Eindruck der Bilder vieler Worte enthalten können: Schon durch seinc Ver-
wendung edelsten polychromen Materials ist Klingers Schöpfung etwas Neues
für unsere Kunst: das Nackte von Beethovens Leib ist weißer Marmor, sein
GcwandOnpx, sein Thron Bronze, die Maskcn-Küpfe sind Elfcnbein, die mit ihren
Flügeln aus einem leuchtenden Türkisen-Blau schweben, und wieder andere
herrlich farbige Gestcine bilden Adler und Basis. So ist dic höchste Pracht
der Welt hcrbcigerufcn, dcn Herrscher des Geistes kaiscrlich zu seiern. llm
seinen Thron lebt, verkörpert in halberhabonen Gcstaltcn, vom Sündcnfall
her das tiefste Erfahrcn dcs Menschengeschlechtes weiter, und aus den Köpfcn,
die wie in Aether darüber schweben, flüstert es dcm gebietendcn Seher zu.
Ganz wunderbar im AuSdruck ist in der Grüße sciner schcucn Ehrfurcht der
lauschende Adler. Nnd so hätten wir dcnn cndlich in nnsrer bildendcn Kunst
den Becthoocn. Wem es dercinst vergünnt sein wird, ihm in goldener
Rotunde zu nahen, der wird dicseS Wcrk nicht wie cin Kunstwerk bestaunen.
Er wird Stein und Bronze, er wird das Werk selber vergessen und des
Göttlichen im Menschensein, das es darstellt, unter den Schauern des Ge-
weihten schier unmittclbar gcnießcn.
Diese ersten Photographieen des großen Werks sind unter schr erschwcren-
den Umständen in KlingerS Arbcitsraum aufgenommen worden. Sollte später
cine bcssere gelingen, behalten wir uns vvr, sie den Lesern noch zu zeigen.
Unsere Notenbeilage bringt unsern geigenspielenden Lesern ein
stiinmungsvolles Stück aus den Schumannschcn „Märchenbildcrn." Dicsem
geht voran ein Klavierstück von Clementi, der vor soo Jahren - der Tag
der Geburt ist unbckaiint — das Licht der Wclt crblickte. Es ivurde dem
6rmlus ml Uarnassmn entlehnt und mag zeigcn, ^daß auch in einem solchcn im
Ganzen recht trockenen und nüchternen Lehrwcrk zuweilen eine Nummer von
poetischem Gehalt wie eine cinsame Blume verborgen blüht.
Droht eine 5trise? Von Erich Schlaikjer. — llebungen im Gedicht-
2. (A.) — Moderne Musik und Musikunterricht. Von Heinrich
Neal. — Die Kunst und die Berliner Hochbahn. Von Hans Schliepmann. —
Sprechsaal: Jn Sachcn bildcnder Kunst. Von Wilhelm Rolfs. — Loso Blütter:
Aus Friedrich Huchs „Peter Michel." — Ruudschau. — Bilderbeilagen: Max
Klingers „Becthoven" in drci Aufnahmcn. — Notcnbcilagen: Muzio Clemcnti,
Oraäus uä b'aruassuin; Robert Schumann, Märchenbilder.
Verantwoetl.: dcr Hcrausge'ocr Fcrd. tlvcnarius in DrcSden-Blascwip. MiNedaklcnrc: ftir Alnstk:
vr. Nichard Balka in Prag-Wcindcrgc, sür bildendc Kunst: Panl S chnl Hc-N an NI burg
in Bcrlin. — Scndnngen fnr den Text an dcn Herausgcbcr, übcr M.nsil an I)r. Batka.
Druä nnd Vcrlag von Georg D. W. Lallwey in Münchcn.
Also cs isi wahr, Herr Rechtsan-
walt a. D. Fritz Friedmann ist, nach-
dem die Zeit verflossen, da seine, sagen
wir: Verkennung durch die Gerichte ge-
fährlich war,beim Liliencronschen Ueber-
brettl in Berlin ausgetaucht. Was er
als Plauderer gab, war gar nichts,
aber sich gab er ja. „Nun das Eis ein-
mal gebrochen/ schreibt dis doch nicht
übertrieben intolerante „Franksurter
Zeitung" dazu, „ervffnet sich ein
ganzes Neuland von Sensationen für
die Bühne. Sie alle wird man sehen
wollen, sie alle werdcn entdeckt nnd
engagiert werden, die Berühmtheiten
der Anklagebank." Vielleicht assoziieren
sie iich auch gruppenweise, z.B. als Ueber-
brettl-Börsianer und als Ucberbrettl-
Börsianer-Exdirnen und führen uns kost-
bare Erinnerungen aus ihremLeben vor.
Selbstverständlich liegt es uns
völlig fern, Liliencron für diese Sehens-
würdigkeit seines Brettls verantwortlich
zu halten. Aber es ist ganz sicherlich
nicht nur unser sehnlicher Wunsch,
dcn Namen eincs unsrer besten Dichter
von dieser Bude gclöst zu sehen.
Nnsi'e Vilcisr unci IXolen.
Zu unserer grosten Freude sind wir in dcr Lage, den Lesern Max
Klingers eben vollendcten „Beethoven" heut schon zeigen zu können. Der
thront als ein Zeus übcr den Landen der Sterblichen, umraunt von den Stimmen
des Ewigen, zuseinen Füßen den Adlcr, derderWorte lauscht, dic er hinaustragen soll.
Es ist über Klingers neuestcs und größtes plastisches Werk schon jetzt
so viel in den Tageszeitungen geschrieben worden, daß wir uns vor dem
Eindruck der Bilder vieler Worte enthalten können: Schon durch seinc Ver-
wendung edelsten polychromen Materials ist Klingers Schöpfung etwas Neues
für unsere Kunst: das Nackte von Beethovens Leib ist weißer Marmor, sein
GcwandOnpx, sein Thron Bronze, die Maskcn-Küpfe sind Elfcnbein, die mit ihren
Flügeln aus einem leuchtenden Türkisen-Blau schweben, und wieder andere
herrlich farbige Gestcine bilden Adler und Basis. So ist dic höchste Pracht
der Welt hcrbcigerufcn, dcn Herrscher des Geistes kaiscrlich zu seiern. llm
seinen Thron lebt, verkörpert in halberhabonen Gcstaltcn, vom Sündcnfall
her das tiefste Erfahrcn dcs Menschengeschlechtes weiter, und aus den Köpfcn,
die wie in Aether darüber schweben, flüstert es dcm gebietendcn Seher zu.
Ganz wunderbar im AuSdruck ist in der Grüße sciner schcucn Ehrfurcht der
lauschende Adler. Nnd so hätten wir dcnn cndlich in nnsrer bildendcn Kunst
den Becthoocn. Wem es dercinst vergünnt sein wird, ihm in goldener
Rotunde zu nahen, der wird dicseS Wcrk nicht wie cin Kunstwerk bestaunen.
Er wird Stein und Bronze, er wird das Werk selber vergessen und des
Göttlichen im Menschensein, das es darstellt, unter den Schauern des Ge-
weihten schier unmittclbar gcnießcn.
Diese ersten Photographieen des großen Werks sind unter schr erschwcren-
den Umständen in KlingerS Arbcitsraum aufgenommen worden. Sollte später
cine bcssere gelingen, behalten wir uns vvr, sie den Lesern noch zu zeigen.
Unsere Notenbeilage bringt unsern geigenspielenden Lesern ein
stiinmungsvolles Stück aus den Schumannschcn „Märchenbildcrn." Dicsem
geht voran ein Klavierstück von Clementi, der vor soo Jahren - der Tag
der Geburt ist unbckaiint — das Licht der Wclt crblickte. Es ivurde dem
6rmlus ml Uarnassmn entlehnt und mag zeigcn, ^daß auch in einem solchcn im
Ganzen recht trockenen und nüchternen Lehrwcrk zuweilen eine Nummer von
poetischem Gehalt wie eine cinsame Blume verborgen blüht.
Droht eine 5trise? Von Erich Schlaikjer. — llebungen im Gedicht-
2. (A.) — Moderne Musik und Musikunterricht. Von Heinrich
Neal. — Die Kunst und die Berliner Hochbahn. Von Hans Schliepmann. —
Sprechsaal: Jn Sachcn bildcnder Kunst. Von Wilhelm Rolfs. — Loso Blütter:
Aus Friedrich Huchs „Peter Michel." — Ruudschau. — Bilderbeilagen: Max
Klingers „Becthoven" in drci Aufnahmcn. — Notcnbcilagen: Muzio Clemcnti,
Oraäus uä b'aruassuin; Robert Schumann, Märchenbilder.
Verantwoetl.: dcr Hcrausge'ocr Fcrd. tlvcnarius in DrcSden-Blascwip. MiNedaklcnrc: ftir Alnstk:
vr. Nichard Balka in Prag-Wcindcrgc, sür bildendc Kunst: Panl S chnl Hc-N an NI burg
in Bcrlin. — Scndnngen fnr den Text an dcn Herausgcbcr, übcr M.nsil an I)r. Batka.
Druä nnd Vcrlag von Georg D. W. Lallwey in Münchcn.