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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,2.1902

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Heft 15 (1. Maiheft 1902)
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Rolfs, Wilhelm: Sprechsaal: in Sachen bildender Kunst
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8191#0136

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mit den entwickelten Gedanken befreunden und helfen möchten, fie in die That
umzusetzen. Das ist der Zweck dieses Aufsatzes. Wird er heute nicht erreicht,
so möge er späteren, glücklicheren Tagen vorbehalten bleiben. Nur das Eine
mag noch betont werden: wer den Dürerbund und die von mir geplante Ge-
sellschaft mit einander vergleicht, der wird bemerken, datz sie zwar dem gleichen
Boden und dem gleichen Streben entstammen, dah sie aber den grohen Garten
der Kunst jeder in verschiedener Weise bearbeiten möchten, und dah, wenn
ihnen das recht gelänge, es unserer Kunst und unserem Volke zum Segen ge-
reichen würde.

Rom. wilbelin Rolss.

L.08S Vlätter.

Zus frieckrick I)uci>8 „peter filicbel."

Vorbemerkung: Erst vier Monat ist's her, seit wir unsern Lesern
an dieser Stelle mit den Episoden aus Frenssens „Jörn Uhl" ein neues
starkes Erzählertalent vorstellen durften, heute künnen wir wicder auf einen
neuen Erzähler hinweisen, der ein „Kerl' ist, und schon wissen wir einen
Dritten, von dem es nächstens zu reden gibt. Alle diese neuen Leute aber
sind deutsche Talente, erkeimt aus unsrer Art zu denken und zu fühlen und
heraufgenährt am Geist unserer Grohen. Jst das nicht eine Freudes „Der
Fink hat wicder Samen/ und der Raabe auch.

Damit will ich nun noch nicht prophezeien, dah Friedrich Huch, der
neue Mann „von heute," gleich ein „ganz Grotzer" werde — um daraufhin
zu urteilen, kennen wir ihn nach dem „Peter Michel," diesem seinem ersten
Buche, denn doch zu wenig. Vielleicht ist er auch schon in manchem zu fertig,
zu sicher, als dah eine Entwickelung ins Grohe recht wahrscheinlich erschiene.
Jedensalls aber ist sein Buch eine sehr eigenartige Leistung, so wie es ist.
Seinem seinsten Wesen nach ist es so etwas wie ein tragikomischer Gesang
von dem Jugendfeuer, das schliehlich nur einen Kuchherd zum Brcnncn bringt.
Aus dem Tüchtigen, das in dem Haupthelden steckt, wird am Ende nichts,
als Philisterium, selbst die prächtige Rektorsfrau vcrsauert allmählich,
und das lüderliche aber hellköpfige Liesel, das nach reichen Abenteuern einen
Grafen gefischt hat, ist am Schlusse des Buchs die einzigc Ucberlegenc. „Also
deshalb, alter Junge," sagt sie bei Huch nicht, aber dcnkt sic, „hast du so
für mich geschwärmt, seit du bei meinen Alten in Pension warst? D u hast ein-
mal mich heiraten wollen?! Du bist's, der trotz seiner tugendsamen Ent-
rüstung über mich mich so beweglich gebeten hat, ihn mit Kraftmitteln vor
der Ehe mit dieser Gans da zu retten? Du, der mir jetzt mit dieser selbigcn
Gans die deutsche Jdealehe vorfeiert? O Pcter, d u bist heruntergekommen!"
Nachdem wir mit Gezänk und sogar Geprügek, mit Krankheit und mchrfachem
Wahnsinn reichlich unterhalten wordcn, geht alles für die Beteiligten in Wohl-
gefallen und Eintracht aus, aber die Freude darüber ist für den Zuschauer eine
gemischte.

Ja, Huch braucht oft sehr kräftige Mittcl. Wenn die geistcskranke Tante
nach langem Vermihtsein bei grusligem Sturm aus dem Schornstein einer
Jrrenanstalt „durchräuchert wie ein Schinkcn" herabfährt, so begreisen wir's,
dah bei der Nachricht davon Frau Tinchen Michel weint und die Pcnsionnre lachen
— und lassen uns selbst diese Art des Groteskkomischen gelegentlich mal ganz

Aunstwart
 
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