Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,2.1902

DOI Heft:
Heft 18 (2. Juniheft 1902)
DOI Artikel:
Batka, Richard: Richard Wagners Schriften
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8191#0267

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kickarä Magners Sckrikten.

Wiederum nahen die Festspiele von Bayreuth, und so tritt wiederum
einc der beherrschenden Gestalten unserer Kunstwelt noch näher vor das
Bewußtsein der gebildeten Deutschen. Wir machen auch im Falle Bay-
reuths keine Ausnahme von unserm Grundsatz. Aufführungen nur dann
zu besprechen. wenn sie Fragen von allgemeiner Wichtigkeit neu be-
leuchtcn. wir werden deshalb wahrscheinlich auch heuer das „Berichten"
über Bayreuth dcn Tages- und den musikalischen Fachzeitungen über-
lassen dürfen. Unsere Pflicht aber. mit all unsern Kräften der Ver-
tiefung des ästhetischen Lebens zu dienen, lüßt uns die Zeit der Vor-
bereitung auf Bayreuth zu einer besonderen Aufgabe gecignet erscheinen.
Wcm Kunst mehr als Spiel ist, der muß sich, meinen wir, auch mit
dem SchriftstellerWagncr auseinandersetzen. Zu einer Beschäftigung mit
dem Schriftsteller Wagncr also laden wir ein. Daß diese Einladung
nicht überslüssig ist, bcweist die Thatsache, daß Wagners Schriften, ob-
wohl jedermann von ihneu wciß und spricht, doch erst zwci Mal neu
aufgelegt worden sind.

Es war, wenn ich nicht irre, Hans Richter, der zu Ende der neun-
ziger Jahre in Bayrcuth einmal erklärte: er gäbe die ganzen zehn Bände
Gcsammelter Schristen des Meisters hin, wcnn eine einzige neue Partitur
dafür zum Vorschein käme. Das Wort erregte dazumal Entsetzen. Jm
Jahre sZys, seil Frau Wagncrs bestimmtem Erlaß an die Wagner-
vereine, standen die Schriftcn im Mittelpunkte des Wagncrianischen
Jnteresscs und das Xcnion: .Hütt ich dcr Nibelunge Gcld, cin Ncbcl-
horu wollt ich stiften, das solltc tönen durch alle Welt: Leutc. lest die
Schriften!" war cin charakteristischcr Ausdruck der Zeitstimmung. Man
glaubte dcs Meisters Werkc künstlcrisch bcwältigt zu haben und erwar-
tete eine Steigerung der Einsicht nur noch von der Vertiefung in die
Schristcn. Man zeigte damals nicht übel Lust, nicht denjenigen für den
besten Wagnerianer zu haltcn, der in den .Werken^ am besten Bescheid,
sondern dcn, der auf jedc Kunst- und Kulturfrage schnell ein be-

Runstwart ^ ^ ^ 2. Iunlheft IA02
 
Annotationen