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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,2.1902

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Heft 23 (1. Septemberheft 1902)
DOI Artikel:
Göhler, Georg: Allerhand Musikalien, [3]
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Schumann, Paul: Vom deutschen Bauernhause
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https://doi.org/10.11588/diglit.8191#0529

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Straus ist ja uicht groß. Auch seine beiden Wcrke für Streich-Orchester, die
Serenade, vg. Z5, und der Alt-Wiener Reigen, oi>. 45, sind leichte Unterhaltungs-
musik. Aber man denke sich den Walzer und Marsch aus vx. 35 mit aller
dynamischen und rhythmischen Feinheit ausgeführt, so daß alle die harmonischen
und melodischen Reize ins rechte Licht kommcn — ist solche Musik, in der
frisches Leben und gesundes musikalisches Empfinden und Erfinden sich ausdrückt,
nicht besser als die Schulstubenweisheit prosaischer Konservatoriumsprofcssoren?
Vielleicht ist es eine Art kunstgeschichtliches Gesetz, daß neben den wenigen
Werken, die für alle Zeiten Geltung behalten, gerade in der leichtcren Kunst
jede Zeit sich ihre eigene Sprache schafft und gewisse Werke bildet, die dann
wirklich aufgebraucht werden. So gab's zur Zeit unserer Großoäter eine
Literatur, die wir längst vergessen haben, so vor dreißig Jahren eine andere.
Und so wird's bleiben. Freilich, auch das Seichte wirü bleiben, aber im
Kampf dagcgen sind nicht die schweren Gedanken eines Draeseke oder Brahms
zu brauchen, sondern eben die heiteren Naturen, die wie Oskar Straus mit
ihrer glücklichcn musikalischcn Veranlagung, ohne sich den Anstrich der Tief-
gründigkeit zu geben, auf dcn klingenden, singenden Wellen der Töne doch als
Künstler einherfahren. Die fahrcnden Musikanten haben auch heute noch ihre
Berechtigung, wenn das auch manche Hüter der heiligen Kunst nicht zugeben, —
wenigstens nicht öffentlich. Georg Göbler.

Voni äeulscken Vauern'riauss.

,Uns Teutschcn ist die Freude am Bauerntum angeboren" — dieses
Wort besagt mehr, als einc Ncdensart. Wir sind aus Bauernblut ent-
sprossen. Ünd so weil wir zurückgehen in unserer Geschichte — die feinere
Kultur kam uns immcr aus romanischen Ländern. Erst in allerjüngster
Zeit hat die Mode einmal nach England hinübcrgegriffcn, um sich von
dort Lffenbarungen zu holen, die doch zuhause nicht mindcr gut zu fin-
dcn waren, wenn wir sie nur gesucht hätten. Länger als in den um-
liegcnden Kulturländern hat in Deutschland, Oestcrreich und der Schweiz
das Bauerntum sich blühend und kräftig erhalten, ist die ländliche Kultur
am Leben geblicben. Aber wir verhehlen's uns auch nicht mchr, daß
wir damit an einem Wendepunkt angekommen sind, wir wissen heute,
daß in den letzten dreißig bis vierzig Jahren mehr von ländlicher Kultur
verloren gcgangen ist, als vorher in Jahrhunderten. Der Jndustriestaat
und das Städtcrtum zehren am Marke des Bauerntums, und Gefahr
ist vorhanden, daß seinc alte Kultur uns ganz verloren gehe. Den
Lesern des Kunstwarts ist das nichts Neues. Oft schon ist hier von
den alten ländlichen Trachten, ihrem Verschwinden und den Bemühungen,
sie zu halten, von ländlichen Möbeln und Geräten die Rede gewesen,
Heinrich Steinhausen hat hier vor mehr als cinem Dutzend von Jahren
auf das Verkommen des dcutschen Bauernhauses als der erste hinge-
wiescn, und später hat Schultze-Naumburgs „Kulturarbeiten"-Folge auch
das Bauernhaus oft berührt.

Das große Werk,* das jetzt der Verband deutscher Architekten- und
Jngenieuroercine herausgibt, gibt uns Gelcgenheit, von Neuem über das

* „Das Bauernhaus im Deutschen Neich und seinen Grenzgebieten,"
herausgegeben vom Verbande deutscher Architekten- und Jngenieurvereine —
Lerlag von Gerhard Kühtmann, Drcsden — 10 Lieferungcn zu je 12 Tafeln
Z4X88 eiu. Ladenpreis 80 Mk.

1. Sextemberbeft 1902
 
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