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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1873

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Kohn, N.: Der angebliche Votiv-Altar des Tribunen Scudilo
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https://doi.org/10.11588/diglit.25450#0020

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9

Wir meinen den durch die Publicationen von L a z i u s *,
Gruter«, Muchar «, Knabl * und Steiner & be-
kannten Votiv-Altar des Jupiter praestes, der noch im
XVII. Jahrhundert am „ Steirer thore“ zu Pettau stand,
dann geraume Zeit verloren galt, bis er im Jahre 1818
im Keller des Bürger spitals jener Stadt wieder auf-
gefunden wurde.
Die Ara, gegenwärtig im«Münzen- und Antiken-
Cabinete zuGrätz aufbewahrt, ist 55 Zoll hoch, 23 Zoll
breit. Ihre Inschrift lautet: PRESTITO . IOVI. S |. ..
.... | TRIBVNVS . COH . X | PRAET . CVLTOR.
NV | MINIS. IPSIVS. PROFIC | ISCENS. AD . OPPRI-
MEN | DAM. FACTIONEM | GALLICANAM. IUSSV |
PRINCIPIS . SVI . ARAM j ISTAM . POSVIT.
Die erste Zeile nennt, wie bei Votiv-Inschriften
gewöhnlich, die Gottheit, welcher der Gegenstand
gewidmet ist. Es ist dies Jupiter praestes, dem wir
auch auf der Inschrift 1253 bei Orelli begegnen <*. Die
Wandlung des Dipthonges M in das einfache E hat
auf Inschriften nichts ungewöhnliches. Auffallender
ist die Form praestitus - a-um für das übliche praestes.
Die folgende Zeile, welche den Namen des Stifters
enthielt, ist allem Anscheine nach absichtlich, ver-
muthlich schon im Alterthum, getilgt worden. Man
wird hiedurch an gewisse Denkmäler der Kaiser Cali-
gula, Nero, Domitian, Commodus, Geta, Caracalla,
Elagabal, Galerius, Maximianus und Julianus erinnert,
an deren Inschriften ein kleinlicher Hass — bis-
weilen durch einen feierlichen Beschluss des, todten
Tyrannen gegenüber jederzeit muthvollen, Senates
angeeifert — die Namen getilgt hat. An unserer
Inschrift hat die Hand, die den Meissei zur Namens-
tilgung geschwungen hat, so gründlich gearbeitet,
dass Verfasser dieses auch nicht einen einzigen Buch-
stabenmehr wahrzunehmen vermag. Herr Dr. Knabl,
der ungefähr in der Mitte der Zeile die Buchstaben
S und C sieht, deutet sie als Anfangsbuchstaben des
Namens Scudilo, jenes Scudilo, der, wie oben erzählt
worden, in dem Schicksale des Caesar Gallus eine
eben so hervorragende als traurige Rolle gespielt.
Früher schon hatte Muchar in seiner Geschichte des
Herzogthums Steiermark mit Bestimmtheit auf Scu-
dilo als den Stifter dieser Ara hingewiesen. Ob mit
Recht, wird sich im Folgenden ergeben. Vorderhand
merken wir blos an, dass die Tilgungsfurchen des Meis-
seis sich über die ganze Breite der Inschrift erstrecken;
daher mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass der
Name ehedem auch diesen ganzen Raum ausfüllte. Scu-
dilo wird bei Ammianus Marcellinus an drei Stellen
erwähnt1 2 3 4 5 * 7, immer ohne Angabe eines Nomen gentilicium
oder Praenomen. Die Conjectur hätte also bezüglich
dieser freien Spielraum. Mit unzweideutiger Bestimmt-
heit dagegen machen uns die dritte und vierte Zeile der
Inschrift mit dem militärischen Range des Stifters ver-
traut: er ist Tribun der zehnten Cohorte der kaiser-
lichen Garde. Ob diese Rangbezeichnung auf Scudilo
passe, bleibe einstweilen ununtersucht.
Die darauf folgende Apposition „cultor numinis
ipsius“ soll nach Herrn Dr. Knabl beweisen, dass
1 Keip. com. com. libr. XII. S. 595.
2 Inscr. ant. orb. rom. p. 22, 1.
3 Geschichte d, Herzogth. Steiermark I. Ed. S. 407.
4 Mittheil. d. hist. Vereines für Steiermark 6. und 9. Heft.
5 Cod. inscr. Dan. et Kh. Nr. 3206.
Bei Gruter S. 1065 Nr. 2.
7 Lib. XIV. C. 30 und 11.
XVIII.


Fig. 5. (St. Georgen.)

unser Monument aus einer Zeit stamme, wo das Chri-
stentlmm bereits Staats-Religion war, die Mehrheit der
Bewohner Pettau's zu seinen Bekennern zählte, und
daher die Errichtung eines heidnischen Altars in dieser
Stadt schon etwas Ungewöhnliches war. Im bewussten
Gegensätze zur überwiegend christlichen Bevölkerung
der Stadt hätte Scudilo (dessen Confession übrigens
geschichtlich nicht bekannt ist) für nöthig erachtet,
sich einen „Verehrer Juppiters“ zu nennen. — Als ob
derjenige, welcher dem Juppiter einen Altar errichtet
und darauf sich als Stifter nennt, nicht eben hiedurch
seinen religiösen Standpunkt deutlich genug manifestirt
hätte! — Auf der So gewonnenen Grundlage baut
dann Dr. Knabl weiter: „Aber eben dieser Umstand
wirft ein Streiflicht auf die Ausmeisselung der zweiten
Zeile dieses Denkmals, dass etwa die christlichen
Anhänger des hingerichteten Cäsars es waren, welche
ihren Unwillen an dem Andenken desjenigen auslassen
wollten, welcher sich zu einem so niedrigen Geschäfte
der Überlistung gebrauchen liess, und dazu noch ein
Heide war. Jeder andere Erklärungsgrund würde nicht
 
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