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Patzold, Steffen; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Episcopus: Wissen über Bischöfe im Frankenreich des späten 8. bis frühen 10. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 25: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34736#0031

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30

I. Einleitung

sopografischen Überblick«^ zur Reichskirche unter Ludwig dem Deutschen^ kaum
über eine Liste von Amtszeiten hinaus; und selbst hierbei muß er sich vielfach auf die
Feststellung beschränken, daß die Quellen genaue Aussagen nicht zulassen ".

2. >Herrschaft<: Ein problematischer Schlüsselbegriff der Mediävistik
In allen bisher vorgestellten Arbeiten ist wie selbstverständlich von der bischöfli-
chen >Herrschaft< oder von der Bedeutung des Episkopats für die >Königsherrschaft<
die Rede. Dieser Schlüsselbegriff der deutschen Mediävistik ist jedoch mittlerweile
zu Recht in die Kritik geraten. Den Aufstieg in den Olymp mediävistischer Grund-
begriffe verdankte >Herrschaft< der sogenannten »Neuen Verfassungsgeschichte«:
Zur Zeit des nationalsozialistischen Regimes haben Otto Brunner, Walter Schlesin-
ger und andere versucht, die liberale und staatsrechtlich geprägte Verfassungsge-
schichte des 19. Jahrhunderts zu überwinden und das »germanische Wesen« des
mittelalterlichen Staates zu erfassen^. Demnach war »der germanisch-deutsche

324; zur Verwandtschaft des Bischofs Ebroin von Poitiers vgl. OEXLE, Bischof 1969. - Metho-
disch kaum haltbar scheint mir dagegen der Versuch von DiEPOLDER, Bemerkungen 2003, die
Bischöfe Adalwin und Baturich von Regensburg allein aufgrund ihrer Namen in ein weitge-
spanntes Verwandtschaftsnetz einzuordnen.
71 BiGOTT, Ludwig 2002,14.
72 Zu Bischöfen: BiGOTT, Ludwig 2002,22-26,31f., 37-41,44-48,50f.
73 Einige Beispiele müssen hier genügen: »Aufgrund der ausgesprochen ungünstigen Quellen-
lage zum Bistum Säben können über die dortigen Bischöfe keine präzisen Auskünfte gegeben
werden« (BiGOTT, Ludwig 2002, 26); auf Salomon I. folgten im Bistum Konstanz »zwei kaum
fassbare Männer im Amt, deren Regierungsdaten nicht sicher bekannt sind« (31); »Unklarheit
herrscht bezüglich der Verhältnisse in Chur« (32); wann genau in Worms »Samuels Nachfolger
Gunzo zum Bischof erhoben wurdet,] geht aus den Quellen nicht hervor« (39); in »Speyer er-
lauben es die Quellen kaum, die Bischöfe vor der Mitte des Jahrhunderts zu ermitteln« (39); im
»Bistum Würzburg ist das genaue Datum der Erhebung Bischof Humberts unbekannt«; die
»Verhältnisse in der Provinz Sachsen sind zum Teil nur sehr schwer nachzuvollziehen« (44);
für Hildesheim liegen zu Gunters »Nachfolger Reinbert [...] nahezu keine Informationen vor«
(45); über »Bischof Hatward von Minden gibt es kaum aussagekräftige Nachrichten«, und die
»Quellenlage zu Hatwards Nachfolger Theuderich ist kaum besser« (46); wann Liutbert von
Münster »auf seinen Vorgänger Altfrid folgte, geht aus den Quellen nicht hervor«; Liutberts
Nachfolger Hodolf ist »nur bei der Synode von Köln bezeugt«; Informationen zum Episkopat
Gebwins von Osnabrück »sind in ausgesprochen geringem Umfang überliefert, nicht einmal
sein Todesjahr ist bekannt« (alle Zitate 47); die »Quellenlage lässt die Rekonstruktion der Zu-
stände im Bistum Verden nur sehr eingeschränkt zu« (48). Die Liste ähnlicher Zitate ließe sich
leicht verlängern, so daß letztlich auch die einzige Folgerung, die BiGOTT, Ludwig 2002,52, aus
seiner Zusammenstellung zieht, fraglich bleibt: Aus der Tatsache, daß Ludwig die wenigen
Bischöfe, bei denen die regionale Herkunft bekannt ist, aus verschiedenen Teilen seines Rei-
ches rekrutierte, möchte Bigott die »[herrschaftliche Durchdringung des Ostfränkischen Rei-
ches durch Ludwigs Königsmacht« erschließen. Es wäre aber doch in jedem Einzelfall zu fra-
gen, ob der jeweils Erhobene aus der zu besetzenden Diözese stammte: Wenn Ludwig
regelmäßig Angehörige der lokalen Eliten zu Bischöfen erhob, dann könnte man das auch als
ein Indiz für die Grenzen seiner Macht betrachten.
74 Programmatisch BRUNNER, Verfassungsbegriff 1960 [zuerst 1939]; vgl. zuvor bereits knapp
DERS., Problem 1936,675; DERS., Politik 193/(. 405; außerdem SCHLESINGER, Entstehung 1941,122.
- Zur »Neuen Verfassungsgeschichte« insgesamt vgl. KROESCHELL, Rechtsgeschichte 1983,
48-55; BoRGOLTE, Sozialgeschichte 1996, 37-48; GoEiz, Mediävistik 1999, 174f.; zeitnäher und
 
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