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Patzold, Steffen; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Episcopus: Wissen über Bischöfe im Frankenreich des späten 8. bis frühen 10. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 25: Ostfildern, 2008

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34736#0490

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B. Das Bischofsamt und seine Pflichten im Spiegel der Viten

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Bischöfe auch in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts aktuell und wirksam blieb.
Dabei ist es kein Zufall, daß gerade die aus ostfränkischen Diözesen stammenden
Viten der Bischöfe Ansgar und Rimbert von Hamburg-Bremen, Burchard von
Würzburg, Liudger von Münster und Severus von Ravenna in diesem Abschnitt
nicht zu erwähnen waren: Elemente des >Pariser Modells< sind in diesen Texten
kaum nachzuweisen'V Dieser Befund fügt sich gut zu dem, was sich aus den bisher
untersuchten Quellen über die regionale Verbreitung des in den 820er/30er Jahren
erarbeiteten Bischofsmodells ergeben hat. Daß dieses Modell aber später schließlich
doch auch im ostfränkischen Reich rezipiert wurde, spiegelt sich in dem hier unter-
suchten hagiographischen Material in einem kleinen, aber höchst bezeichnenden
Detail. Erst die nach 864 in Werden entstandene »Vita Liudgerii tertia« führt expli-
zit jenen gelasianisch inspirierten Dualismus an, mit dem die Pariser Konzilsväter
829 das rechte Verhältnis zwischen Episkopat und Königtum zu beschreiben ver-
sucht hatten: Coguoscauf sacenfofes Acissiw cf reges, sese üz Acem s;'M pro SMoe (ü'grn'ü?ü's
oJJ;'c;'o esse soNecfos; ;'r; dzürno reügzowe socerdohÜMS reges, ;'r; äMworMrow fegow mre regz-
äMS socerdofes^.

2. Der Bischof als Hirte
Vielen Autoren der hier behandelten Viten galt das Bischofsamt als eine »Ehre« (äo-
wor). In der »Vita Victuri et Victurii« beispielsweise ist wieder und wieder vom äorzor
die Rede, sei es ohne Zusatz, sei es in verschiedensten Wortverbindungen, etwa als
posforoüs äorzor, äorzor groüoe episcopofis ojjicö, porzüjicaä's äorzor oder äorzor ^igrn'foüs'V
Ähnlich erscheint das Bischofsamt als iiowor auch in der »Vita Eleutherii«'% der »Vita
RagnobertWÄ der »Vita Rigoberti«'', der »Vita Anskarii«'"' und in anderen Texten
mehr: Growdz's äorzor esf pouf^'caüs, soll der Bischof Lambert von Maastricht laut Ste-
phan von Lüttich konstatiert haben' ". Bezeichnend für die ambivalente Wertung des
145 Vgl. dazu auch das Urteil bei VON PADBERG, Heilige 1997, 132f., demzufolge die Apostelnach-
folge weder in Altfrids »Vita Liudgeri« noch in der Vita Burchards von Würzburg von großer
Bedeutung erscheint. - In der »Vita Anskarii« ist die Apostelnachfolge nach HAAS, Apostolus
1985, ein Leitgedanke, bleibt hier allerdings bezogen auf die Missionstätigkeit, nicht auf die
Binde- und Lösegewalt, wie sie etwa die späte Paderborner »Vita Liborii« und die Bischofsvi-
ten aus Le Mans hervorheben.
146 Vita Liudgeri tertia, c. III, 42, 111; vgl. dazu KAUS, Liudger-Viten 1992, 52, der bereits auf den
Brief Gelasius' I. an Kaiser Anastasius als Inspirationsquelle hingewiesen hat. Allerdings
klingt gerade im zweiten Teil des Zitats jene gegenseitige Uber- und Unterordnung an, die die
Pariser Konzilsväter nicht aus dem Gelasius-Schreiben, sondern von Fulgentius übernommen
hatten: Concilium Parisiense, Nr. 50 D, c. I, 3, 610f.: pMlgcMÜMS quoque in ähro & ren'fafe predesü-
?Mü'o?n's cf graü'ae, da senhd.' Quanfam perfmef, intpüf, ad fuÜMS femporfs ndam, in eedesia nemo
ponfipce potior cf ?'?! sccrdo Cfuisfiano nnperafore nemo celsior i?we?!ifMr; vgl. dazu oben, Kapitel III,
S. 15/^ mit Anm. 340f.
147 Vgl. Vita Victuri et Victurii, c. 1,145; c. 5, 146 (äonor pasforaiis); c. 2, 145 (äonor grafiae cpfscopaüs
officii); c. 146; c. 15,147 (ponfipcaiis i:oMor); c. 8,146 (f?o?!or digwifafis); c. 11,146 (f?o?!or).
148 Vita Eleutherii, c. II, 5,188.
149 Vita Ragnoberti, 114.
150 Vita Rigoberti, c. 1,62.
151 Rimbert, Vita Anskarii, c. 14, 36.
152 Stephan von Lüttich, Vita Lamberti, c. 1,9,583.
 
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