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Patzold, Steffen; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Episcopus: Wissen über Bischöfe im Frankenreich des späten 8. bis frühen 10. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 25: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34736#0198

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A. Die Reproduktion des Bischofsmodells in Ritualen

197

Keine Woche später sollte Ebo selbst sein Amt verlierenBereits am 4. März 835
Unterzeichnete er vor den aus Metz nach Thionville zurückgekehrten Bischöfen
eine Resignationsurkunde - und auch auf dieses Dokument hat jenes Modells ein-
gewirkt, das in den späteren 820er Jahren formuliert worden war. Ebo wurde nicht
etwa durch ein Gerichtsurteil seines Amtes enthoben, sondern verzichtete (freilich
gezwungenermaßen) in einem Sündenbekenntnis von sich aus auf sein Erzbistum.
Nach Aussage seiner Resignationsurkunde hatte er zunächst drei anderen Bischö-
fen gebeichtet - dem Erzbischof Aiulf von Bourges sowie den Bischöfen Badurad
von Paderborn und Modoin von Autun. Er habe um das »Heilmittel der Buße«
nachgesucht und das Heil seiner Seele erstrebt. Seines bischöflichen Amtes aber,
das Ebo als oJJzcz'Mm cf mirnsUrittw cpz'scopalc bezeichnete, sei er wegen seiner Sünden
unwürdig, so daß er nunmehr darauf verzichte und auch in Zukunft keine Ansprü-
che darauf stellen werde. Seine Unterschrift nannte ihn bereits cpiscopusA
Die in Thionville versammelten Bischöfe dokumentierten ihrerseits den ge-
samten Vorgang in einem weiteren Schriftstück, in das sie auch die Urkunde Ebos
auf nahmen^. Diesem Dokument zufolge verkündeten die drei Beichtväter, die Ebo
gewählt hatte, öffentlich: Er sei wegen seiner Sünden fortan »nicht mehr würdig,
das bischöfliche mirfisUrittw weiter auszuüben« '. Ebo selbst habe dies noch einmal
bekannt und seine Absicht erklärt, sich als Büßer die Gnade Gottes zurückzuerwer-
benA Das Schriftstück trug die Unterschriften von nicht weniger als 43 Erzbischö-
fen und Bischöfen des Frankenreichs '.
Wie selbstverständlich betrachteten die Geistlichen die Aufgabe des Bischofs
als wüwzsfcnMm und zugleich als Bürde, der es gerecht zu werden galt; damit beweg-
ten sie sich in jenem Gedankenkosmos, der in den späteren 820er Jahre ausformu-
liert worden war. Dem entsprach das Verfahren: Angesichts der schweren Last sei-
nes Amtes bezichtigte sich Ebo selbst als »unwürdig« (mdigwMs), legte vor Bischöfen
eine Beichte ab und tat Buße; das war eben jenes Heilmittel für die Seele, das die
Pariser Konzilsväter als das allein mögliche definiert hatten. Ohne Drohungen und
Zwang wird es bei dem gesamten Verfahren kaum zugegangen seinA Aber die
schriftlich formulierte, für die künftige Erinnerung festgehaltene und möglicher-
weise auch sonst zur Verbreitung gedachte Deutung des Geschehens zeigte nicht
den Kaiser als Richter über einen Rebellen - sondern einen Erzbischof, der wegen
der Bürde seines mmzsfcnMm cpz'scopalc unter der Last seiner Sünden resignierte und
auf der Suche nach seinem Seelenheil den Weg der Beichte und Buße beschritt, um
durch Bischöfe mit Gott versöhnt zu werden.

72 Vgl. zum folgenden BosnoF, Erzbischof 1969,257-260.
73 Der kurze Text ist gedruckt bei WERMiNGHOFF 1908, Nr. 55 B, 702, Z. 10-20.
74 Libellus episcoporum de Ebonis resignatione, ed. WERMiNGHOFF 1908, Nr. 55 B, 702f.
75 Ebd., 702: Nom et ipsi festes [...], in conspectu omnium, tpu od/Permit, tom epfscoporMm tpmm ef coe-
ferorum sacerdofMm, oioo ooce testificoti sunt, tpho täte peccotum eis conjessus Juerot, pro tyuo dignus
wo?! erot episcopoie ministerium idtro iom ogere.
76 Ebd., 703: Pro tpm re od eorum consilium dixit se idem E&o corom omniims od ministerium episcopoie
indignum Jore ef o& eo recedere dedere ef su& poeniteMtioe modo Dominum sidi propitium Jocere rede.
77 Ebd., 703.
78 Explizit behaupteten das später die von Ebo geweihten Geistlichen: Vgl. die Narratio clerico-
rum Remensium, ed. WERMiNGHOFF 1908, Nr. 61,3,807 denen zufolge Ebo sich diu nimiis terro-
ridus mocerotus zur Resignation durchgerungen hatte.
 
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