Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Patzold, Steffen; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Episcopus: Wissen über Bischöfe im Frankenreich des späten 8. bis frühen 10. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 25: Ostfildern, 2008

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34736#0352

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
C. Die Kontingenz der Ereignisse und die Vermittlung des Wissens über Bischöfe 351

ser Bernold einen Priester zu sich rufen, um ihm zu berichten, was er im Jenseits
geschaut hatte. Demnach war er dort zuallererst - noch vor diversen anderen Wür-
denträgern und auch noch vor Karl dem Kahlen - einer Gruppe von 41 Bischöfen
begegnet, unter denen er namentlich Ebo von Reims, Aeneas von Paris und Pardu-
lus von Laon erkannt habe'"', ungewaschen, in Lumpen und mit geschwärzter Haut,
als ob sie verbrannt wären. Als ihr Wortführer nun wandte sich gerade Ebo an
Bernold und bat ihn um Hilfe: Der Visionär sollte sich zu denjenigen Laien und
Geistlichen begeben, denen die leidenden Bischöfe zuvor Wohltaten erwiesen hat-
ten^", und sie auffordern, für die Gequälten zu beten und Almosen zu spenden. Ein
Führer geleitete den Visionär zu dieser Gruppe, er kam seinem Auftrag nach und
kehrte dann wieder zu Ebo und den übrigen Bischöfen zurück. Die empfingen ihn
frisch gebadet, neu bekleidet und frohen Mutes: Durch seine Gesandtschaft, so
klärten sie den Visionär auf, hätten sie es erreicht, daß ihr Wächter abgelöst worden
sei; an die Stelle des bisherigen, strengen Aufsehers sei nun der heilige Ambrosius
mit einer leichten Haft getreten'"'.
Der übrige Visionsbericht erzählt über eine Reihe von Begegnungen im Jen-
seits, die ähnlich abliefen: Bernold trifft auf leidende Würdenträger, insbesondere
auf Karl den Kahlen, den Bischof Jesse von Amiens^' und auf den Grafen Othar, sie
bitten ihn, eine Gesandtschaft an bestimmte Personen zu übernehmen. Bernold er-
füllt diesen Auftrag - und den Bittenden wird Erleichterung zuteil. Dabei ist der
Himmel nach jenen onüücs gegliedert, die Ludwig der Fromme in seiner »Ordina-
659 Während Ebo leicht als Hinkmars Amtsvorgänger und Aeneas als der 870 verstorbene Bischof
von Paris zu identifizieren sind, bereitet der im Text genannte Leopardus oder Leopardeilus
Probleme: Vgl. zu ihm CAROzzi, Voyage 1994, 350f.; in jener Fassung, die Flodoard von Reims
in seine Historia Remensis ecclesiae, c. III, 3, 193f., inserierte, erscheint der Name in der Form
»Pardulus«, sein Träger wäre dann wohl mit jenem Bischof Pardulus von Laon (849-856) zu
identifizieren, der 853 während des Verfahrens gegen die von Ebo geweihten Kleriker auf der
Synode von Soissons an Hinkmars Stelle den Vorsitz geführt hatte (Verhandlungsprotokoll
der Synode von Soissons 853, ed. HARTMANN 1984, Nr. 27 269, Z. 20-22). Vgl. auch SiRATMANN,
MGH SS 36,1998,195, Anm. 4; VAN DER LuGT, Tradition 1994,113, Anm. 11.
660 Hinkmar von Reims, Visio Bernoldi, c. 2,142 [A]: Vade ad LunNcs nosüos cLn'cos cf (aicos quAus
&e?!e/ecü?!Ms [...]; CAROzzi, Voyage 1994, 351, hat aus dieser Stelle und aus der Tatsache, daß
Bernold diese Geistlichen und Laien in einem maxünMm pafafünn trifft, geschlossen, es handele
sich um Vasallen der Bischöfe; weiterhin folgert er daraus, daß die Prälaten im Jenseits für ih-
ren eifrigen Hofdienst bestraft worden seien; VAN DER LuGT, Tradition 1994,113, ist ihm darin
gefolgt. Zum einen ist Hinkmars Formulierung hier jedoch keineswegs eindeutig: Es können
mit dem Verb durchaus auch »Wohltaten« jenseits einer lehnsrechtlichen Bedeutung
gemeint sein. Zum zweiten ist nicht recht einzusehen, warum das pafafünn, an dem sich die
vermeintlich ja bischöflichen Vasallen aufhalten, der Königshof sein sollte. Zum dritten
schließlich wäre zu fragen, warum Hinkmar, der kaum weniger häufig bei Hofe weilte und
mit Geschäften des Reiches betraut war, eine derartige Aussage hätte verbreiten sollen. Der
Reimser Geistlichkeit jedenfalls dürften, wenn sie sich an Ebo erinnerte, andere Gründe für
dessen Sündenstrafe eher in den Sinn gekommen sein: vor allem sein Verhalten gegenüber
Ludwig dem Frommen, seine fragliche Rückkehr ins Amt 840/41 und seine kirchenrechtlich
bedenkliche Transmigration nach Hildesheim. Derjenige, der den Text entweder noch vor
Flodoards Rezeption oder aber im Hochmittelalter überarbeitete, hat die hier Genannten je-
denfalls nicht einfach als »Vasallen« des Bischofs aufgefaßt, wenn er formulierte: Vade ad cLn-
cos Mosfros cf (aicos, tpuhMs &c?!cJccn?!Ms [...]. (c. 2,142 [B]).
661 Hinkmar von Reims, Visio Bernoldi, c. 2,142 [A] -143 [A].
662 Zu dieser Identifizierung vgl. CAROzzi, Voyage 1994, 357; Zweifel an dieser These äußert VAN
DER LuGT, Tradition 1994,113, Anm. 11, ohne jedoch einen Gegenvorschlag zu machen.
 
Annotationen