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Patzold, Steffen; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Episcopus: Wissen über Bischöfe im Frankenreich des späten 8. bis frühen 10. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 25: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34736#0469

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VII. Der Episkopat im Spiegel der Bischofsviten der späteren Karolingerzeit

7. Jahrhunderts ist hoch, und nicht wenige von ihnen haben bald nach ihrem Hin-
scheiden eine Heiligenvita erhalten. Blickt man dagegen auf das Frankenreich nach
dem Tod Ludwigs des Frommen, so findet man deutlich weniger heilige Bischöfe -
geschweige denn zeitnah verfaßte Bischofsviten^. Die wenigen Ausnahmen stam-
men bezeichnenderweise aus den erst kürzlich christianisierten Gebieten östlich
des Rheins: Bischof Altfrid von Münster schrieb in den 840er Jahren eine Vita seines
Verwandten und Amtsvorgängers Liudger, der 809 gestorben war\ In der Erzdiö-
zese Hamburg-Bremen wurden der Erzbischof Ansgar und sein Nachfolger Rim-
bert jeweils bald nach ihrem Tode in einer eigenen Vita gewürdigt^. Alle drei Texte
unterscheiden sich mit ihrem Interesse an der Missionstätigkeit der Heiligen jedoch
aufällig von den Viten der ottonischen Bischofsheiligen: Den Lebensbeschreibun-
gen der politisch und militärisch aktiven Bischöfe der Ottonenzeit - wie Brun von

5 Der - bisweilen als »Vita Hrabani« - zitierte Bericht des Mönchs Rudolf von Fulda über den
Reliquienerwerb des Fuldaer Abtes und späteren Mainzer Erzbischofs Hrabanus Maurus (Ru-
dolf, Miracula Sanctorum in ecclesias Fuldenses translatorum, ed. WAiiz 1888 = BHL 7044)
läßt sich nicht als Bischofsvita ansprechen: Er ist allein Hrabans Wirken als Mönch und Abt
zugunsten der Fuldaer Gemeinschaft gewidmet (zu dem Text und seiner Datierung, die mög-
licherweise sogar noch vor Hrabans Episkopat anzusetzen ist, vgl. WATTENBACH/LEVisoN/
LÖWE, Geschichtsquellen 1990, 709; RAAijMAKERS, Time 2003, 167ff.). - Ähnliches gilt für die
zwischen 848 und 855 entstandene Lebensbeschreibung des Bischofs Hariolf von Langres aus
der Feder Ermenrichs von Ellwangen (Vita Hariolfi, ed. BuRR 1964 = BHL 3754): Der in unge-
wöhnlicher Dialogform gehaltene Text beschreibt ausschließlich das Wirken des Heiligen bei
der Gründung des schwäbischen Klosters Ellwangen und die Wunder, die zu jener Zeit in der
Mönchsgemeinschaft geschehen waren; Hariolfs spätere Bischofswürde wird zwar erwähnt,
aber über seine Tätigkeit als Bischof berichtet die Vita nicht.
6 Altfrid, Vita Liudgeri, ed. DiEKAMP 1881 (= BHL 4937); zu dem Text vgl. WATTENBACH/LEVi-
SON/LÖWE, Geschichtsquellen 1990,824-826; außerdem KAUS, Liudger-Viten 1992,11-20,25-27
32-36 und 44-46; VON PADBERG, Heilige 1997 30-34 (mit reichen Angaben zur älteren Litera-
tur); zur Tendenz der Vita zuletzt IsENBERG, Liudger 2005, 15-17 derzufolge es Altfrid ange-
sichts der seit 834 akut gewordenen Normannengefahr zu tun war um eine »Ermutigung für
die Werdener Mönchsgemeinschaft [...], nicht zu angstvoll in die Zukunft zu blicken« (17). -
Zu Liudgers Lebensweg vgl. den Abriß bei ANGENENDT, Liudger 2005, sowie die ausführliche
Darstellung von DEMS., Missionar 2005,88-131. - Zu Liudgers Missionspraxis zuletzt VON PAD-
BERG, Liudger 2005.
7 Rimbert, Vita Anskarii, ed. WAiiz 1884 (= BHL 544); Vita Rimberti, ed. WAiiz 1884 (= BHL
7258). - Zur Datierung und zur Tendenz der »Vita Anskarii« sowie zur Forschungsdebatte um
die Entstehungszeit des Hamburger Erzbistums und die diesbezügliche Tendenz der Vita vgl.
die konzise Zusammenfassung der älteren Literatur bei WATTENBACH/LEVisoN/LöwE, Ge-
schichtsquellen 1990, 839-846, sowie oben, Kapitel VI, Anm. 79; außerdem WooD, Life 2001,
123-132; zum Bild des Nordens und zu den Vorstellungen von Fremden in der Vita: FRAES-
DORFF, Norden 2005, 130-134 und 201-224; zur zeitnahen Überlieferung in der Handschrift
Stuttgart, Landesbibliothek, HB XIV 7 die wohl noch aus dem letzten Drittel des 9. Jahrhun-
derts stammt, vgl. ScHiEFFER, Adnotationes 1986,512f.; zu Ansgars Lebensweg vgl. die jüngere
Übersicht von ENGELBERT, Mönchtum 2002; zu seiner Spiritualität auch LuTTERBACH, Anska-
rius 1995; DERS., Sühne 1995. - Zur »Vita Rimberti« vgl. WATTENBACH/LEVisoN/LöwE, Ge-
schichtsquellen 1990, 846; WooD, Life 2001, 134f.: Der Text wurde unter Rimberts Nachfolger,
Erzbischof Adalgar (888-909) verfaßt, allerdings ist die heute vorliegende Form möglicher-
weise später interpoliert worden; Adam von Bremen behauptete in seinen Gesta Hammabur-
gensis ecclesiae pontificum, ed. ScHMEiDLER 1917 c. I, 35, 38, die Vita sei aus Corvey nach
Hamburg gekommen; für das Werk eines Corveyer Mönchs hält die Vita auch RÖCKELEIN, Re-
liquientranslationen 2002,96.
 
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