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Hübner, Klara; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Im Dienste ihrer Stadt: Boten- und Nachrichtenorganisationen in den schweizerisch-oberdeutschen Städten des späten Mittelalters — Mittelalter-Forschungen, Band 30: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34908#0078

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2.5. Der Einfluss der Berner Stadtkanzlei

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Als oberster Verantwortlicher für das Nachrichtenwesen wird darin wiederum nur
der Schultheiss genannt. Über die Rolle des Stadtschreibers schweigt sich der Eid
gänzlich aus.146 Der einzige Unterschied zum Amtseid von 1428 ist eine gewisse in-
haltliche Ausführlichkeit. Etwas anders präsentiert sich die Situation jedoch im
Eidbuch von 1503, das der in Bern geschulte Niklaus Lombard verfasst hat. Sein
Läufereid betont erstmals die Rolle des Stadtschreibers als oberstem Koordinator
des Nachrichtenwesens und Verwalters des Herrschaftswissens.147 Da es sich dabei
um zwei Attribute handelte, die auf ähnliche Weise in den Berner Läufereiden wie-
derholt wurden, liegt die Vermutung nahe, dass sich Lombard bei der Abfassung
am Berner Vorbild orientierte.
Dies ist jedoch nicht der einzige Hinweis auf die verstärkte Beachtung, welche
die in Bern geschulten Stadtschreiber dem Nachrichtenwesen widmeten. Auch in
Lreiburg standen Aufgaben im Rahmen der Nachrichtenübermittlung nicht zu-
oberst auf ihrer Prioritätenliste. Betrachtet man jedoch den Wandel des Umfangs
und Organisationsgrads dieser Institution zwischen 1475 und 1505, so fallen viele
Unterschiede auf. Bis in die zweite Hälfte der 1470er Jahre hinein unterhielt der
Lreiburger Rat einen einzigen Stadtläufer. Erst in den letzten Amtsjahren Guillaume
de Gruyöres wurden jährlich zwei vereidigt.148 Dieser Schritt hatte vermutlich prag-
matische Gründe, denn zwischen 1475 und 1485 unterlag die Zahl der pro Jahr ab-
gerechneten Botenläufe grossen Schwankungen. Besonders in den Zeiten der Bur-
gunderkriege, an deren Endphase die Stadt zwangsläufig beteilig war, sowie den
Turbulenzen, die der anschliessende Beitritt zur Eidgenossenschaft mit sich brachte,
erhöhte sich der Informationsbedarf der Kanzlei schlagartig. Entsprechend wurden
1476 zwar 132 Botenläufe abgerechnet, 1478 aber nur noch 32, während im darauf-
folgenden Jahr wiederum 73 Läufe im Namen des Rates aktenkundig werden.149
Erst in der zweiten Hälfte der 1480er Jahre pendelte sich die Zahl der Boten-
läufe wieder bei rund 60 Botengänge pro Jahr ein. Wodurch der Versuch Humbert
Göuffis motiviert war, während dieser verhältnismässig ruhigen Zeit 1488 kurzfris-
tig einen dritten Läufer zu berufen, lässt sich deshalb nicht eindeutig beantworten,
zumal der betroffene Heinrich Veyl im nachfolgenden Jahr nicht wiedergewählt
wurde.150 Nicht allein praktisch inspiriert war dagegen die Zunahme der Anzahl
Läufer in den ersten Jahren von Niklaus Lombards Amtszeit. Bereits 1491, ein Jahr
nach seiner Amtseinsetzung, wurde der dritte Läuferposten endgültig eingerichtet.
Schon 1493 werden im Besatzungsbuch allerdings fünf Amtsinhaber erfasst. Vier
Jahre später steigt ihre Zahl auf sechs, im Kriegsjahr 1499 sogar auf sieben Läufer.151

146 Läufereid, Eidbuch II (ca. 1483) StaFR, Stadtsachen A 322, S. 53.
147 Der ryternn unnd louffendenn hotten eyd ist, unnd sol also sin, das si uff einen ersamenn rat so der sitzt
unnd si in der statt sind, dess glichen uff einenn stattschryber warttenn söllenn sinenn geböttenn, so in-
enn von miner Herren wegenn durch inn beschechenn, gehorsam unndgewerttig zu sind die, in: Eidbuch
III (ab 1503), StaFR Livre auxiliaire 114, fol. 36v.
148 Wann genau der zweite Läufer ins Amt berufen wurde, lässt sich nicht mehr genau ermitteln,
da sich zwischen 1476 und 1480 keine Besatzungsbücher erhalten haben. Angesichts der ereig-
nisreichen Zeiten, die nach entsprechenden Kommunikationsmitteln verlangten, ist seine Beru-
fung zwischen 1477 und 1479 am wahrscheinlichsten.
149 Alle Angaben zu Botengängen gehen auf die Datenbankerfassung zurück.
150 StaFR, Besatzungsbuch II (1487-89), fol. 9v, 39r.
151 StaFR, Besatzungsbuch II b (1490-92), fol. 24r, Besatzungsbuch III (1493-1501), fol. 9r, 61r, 87r.
 
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