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3. Das städtische Botenwesen als Organisationsform
mehrere Personen beteiligt waren, die nicht nur standesgemäss reisen, sondern
ebenfalls entsprechend untergebracht und verpflegt werden wollten.47 Zwar lassen
sich diese, auch von den Zeitgenossen teilweise als exorbitant empfundenen Kosten
mit jenen des günstigeren Botenwesens nur bedingt vergleichen, doch auch das
Korrespondenzwesen konnte in einzelnen Städten bereits im 14. Jahrhundert be-
achtliche Ausmasse annehmen. So kann man in Bern bereits zwischen 1375 und
1384 mit rund 360 Botengängen pro Jahr rechnen.48 Geht man davon aus, dass bei
jedem Botengang mehrere Briefe und mündliche Nachrichten transportiert wur-
den, muss nicht nur die Auftragsbilanz, sondern auch der Briefeingang gross gewe-
sen sein.49 Im Gegensatz zu Freiburg i. Ue. oder Solothurn, die selbst nach 1450 im
Schnitt nur zwischen 50 und 70 Botengänge pro Jahr abrechneten, war Bern mit
diesem Auftragsvolumen eine Ausnahme. Eine leichte Zunahme der Botenläufe im
Verlauf des 15. Jahrhundert lässt sich allerdings fast überall feststellen.50
Eine allmähliche Entlastung der Stadtkasse, wie sie etwa im Gesandtschafts-
wesen nachweisbar ist, wo die Kosten für Unterbringung und Verpflegung nach
1470 immer häufiger von den reisenden Ratsherren selbst übernommen wurden,
hat es im Bezug auf die Nachrichtenübermittlung nur bedingt gegeben. Unter ver-
bündeten Städten war es üblich, den Übermittlern der Gegenseite kostfrei Unter-
kunft zu gewähren, was in Anbetracht der Tatsache, dass gerade die häufig ein-
gesetzten Läuferboten ihre Zielorte innerhalb von einer Tagesreise bewältigen
konnten, finanziell kaum ins Gewicht fiel.51 Das Bemühen um Kostendisziplin
durch die Stadtoberen lässt sich höchstens mit der beschränkten Anzahl teurerer,
vereidigter Übermittler erklären: Der Bestand der Dienstleute - allen voran der Rei-
ter und Läufer - blieb zwischen 1400 und 1526 in allen Städten weitgehend kons-
tant. Mit Ausnahme Berns und Freiburgs i. Ue., die zwischen 1450 und 1500 ihre
Zahl Stadtläufer von vier auf neun, bzw. von einem auf fünf aufstockten, unterhiel-
ten die übrigen Städte zu Beginn des 16. Jahrhunderts kaum mehr als zwei verei-
digte Übermittler zu Fuss.52 Gleiches galt für Basel, Schaffhausen, Luzern und Kon-
stanz.53 Die Solothurner Verwaltung war gegen 1450 hingegen noch so wenig
ausdifferenziert, dass hier nicht einmal das Amt zu existieren scheint. Eine rudi-
47 Hübner, Cito quam fas, 2010, S. 83-96, Würgler, Zur Arbeit reiten, 2010, S. 97-108, Kümin,
Wirtshaus, 2007, S. 343.
48 Siehe Anhang, Darstellungen, Zielorte.
49 Zum Zusammenhang zwischen Korrespondenzmenge und Botengängen siehe auch Kap. Der
Umfang des Nachrichtenausstosses und seine Kosten.
50 Vgl. Kap. Der Umfang des Nachrichtenausstosses und seine Kosten.
51 SSQR Bern 1,1959, und Kap. In der yl.
52 Das Berner Burgerrodel von 1452 erwähnt Peter Bigler, Rudolf Brisschuoch (Breitschuh), Rudolf
Krummenacher sowie Michael Ougstburger, StaBE, B XIII 442c, S. 19.
53 In Basel handelte es sich 1448 um Heinrich Sweblin, der als Zeiger eines Briefes bezeichnet wird,
in: Basler Urkundenbuch VII (Nr. 180, S. 323), auch: Moser, Basler Postwesen, 1971, S. 94. Im
Jahr 1454 werden zwei Läufer erwähnt: Batholome Guntrefryer, und Hans Swartz (Schönberg,
S. 607, 718, Nr. 130 und S. 629). In Schaffhausen wurden 1444 Heinnig der Läufer sowie Hans
Kündig erwähnt, dessen Stellung allerdings nicht klar umschrieben wird, beide: StaSH A II
05.01/080, Stadtrechnung 1444/2, S. 101. In Lreiburg i. Ue. wird 1448 Wilimo Chappotat als
messagier a pie erwähnt, StaLR, Besatzungsbuch 1 (1448-1475), fol. 37r. In Luzern wird der bishe-
rige Stadtläufer Hans Zschannöili auch 1429 in seinem Amt bestätigt, das er seit 1426 innehat. Er
ist Nachfolger von Hermann Schulthess, der 1423 als Läufer gewählt worden war, in: SSRQ Lu-
zern 2, Nr. 90, S. 65.
3. Das städtische Botenwesen als Organisationsform
mehrere Personen beteiligt waren, die nicht nur standesgemäss reisen, sondern
ebenfalls entsprechend untergebracht und verpflegt werden wollten.47 Zwar lassen
sich diese, auch von den Zeitgenossen teilweise als exorbitant empfundenen Kosten
mit jenen des günstigeren Botenwesens nur bedingt vergleichen, doch auch das
Korrespondenzwesen konnte in einzelnen Städten bereits im 14. Jahrhundert be-
achtliche Ausmasse annehmen. So kann man in Bern bereits zwischen 1375 und
1384 mit rund 360 Botengängen pro Jahr rechnen.48 Geht man davon aus, dass bei
jedem Botengang mehrere Briefe und mündliche Nachrichten transportiert wur-
den, muss nicht nur die Auftragsbilanz, sondern auch der Briefeingang gross gewe-
sen sein.49 Im Gegensatz zu Freiburg i. Ue. oder Solothurn, die selbst nach 1450 im
Schnitt nur zwischen 50 und 70 Botengänge pro Jahr abrechneten, war Bern mit
diesem Auftragsvolumen eine Ausnahme. Eine leichte Zunahme der Botenläufe im
Verlauf des 15. Jahrhundert lässt sich allerdings fast überall feststellen.50
Eine allmähliche Entlastung der Stadtkasse, wie sie etwa im Gesandtschafts-
wesen nachweisbar ist, wo die Kosten für Unterbringung und Verpflegung nach
1470 immer häufiger von den reisenden Ratsherren selbst übernommen wurden,
hat es im Bezug auf die Nachrichtenübermittlung nur bedingt gegeben. Unter ver-
bündeten Städten war es üblich, den Übermittlern der Gegenseite kostfrei Unter-
kunft zu gewähren, was in Anbetracht der Tatsache, dass gerade die häufig ein-
gesetzten Läuferboten ihre Zielorte innerhalb von einer Tagesreise bewältigen
konnten, finanziell kaum ins Gewicht fiel.51 Das Bemühen um Kostendisziplin
durch die Stadtoberen lässt sich höchstens mit der beschränkten Anzahl teurerer,
vereidigter Übermittler erklären: Der Bestand der Dienstleute - allen voran der Rei-
ter und Läufer - blieb zwischen 1400 und 1526 in allen Städten weitgehend kons-
tant. Mit Ausnahme Berns und Freiburgs i. Ue., die zwischen 1450 und 1500 ihre
Zahl Stadtläufer von vier auf neun, bzw. von einem auf fünf aufstockten, unterhiel-
ten die übrigen Städte zu Beginn des 16. Jahrhunderts kaum mehr als zwei verei-
digte Übermittler zu Fuss.52 Gleiches galt für Basel, Schaffhausen, Luzern und Kon-
stanz.53 Die Solothurner Verwaltung war gegen 1450 hingegen noch so wenig
ausdifferenziert, dass hier nicht einmal das Amt zu existieren scheint. Eine rudi-
47 Hübner, Cito quam fas, 2010, S. 83-96, Würgler, Zur Arbeit reiten, 2010, S. 97-108, Kümin,
Wirtshaus, 2007, S. 343.
48 Siehe Anhang, Darstellungen, Zielorte.
49 Zum Zusammenhang zwischen Korrespondenzmenge und Botengängen siehe auch Kap. Der
Umfang des Nachrichtenausstosses und seine Kosten.
50 Vgl. Kap. Der Umfang des Nachrichtenausstosses und seine Kosten.
51 SSQR Bern 1,1959, und Kap. In der yl.
52 Das Berner Burgerrodel von 1452 erwähnt Peter Bigler, Rudolf Brisschuoch (Breitschuh), Rudolf
Krummenacher sowie Michael Ougstburger, StaBE, B XIII 442c, S. 19.
53 In Basel handelte es sich 1448 um Heinrich Sweblin, der als Zeiger eines Briefes bezeichnet wird,
in: Basler Urkundenbuch VII (Nr. 180, S. 323), auch: Moser, Basler Postwesen, 1971, S. 94. Im
Jahr 1454 werden zwei Läufer erwähnt: Batholome Guntrefryer, und Hans Swartz (Schönberg,
S. 607, 718, Nr. 130 und S. 629). In Schaffhausen wurden 1444 Heinnig der Läufer sowie Hans
Kündig erwähnt, dessen Stellung allerdings nicht klar umschrieben wird, beide: StaSH A II
05.01/080, Stadtrechnung 1444/2, S. 101. In Lreiburg i. Ue. wird 1448 Wilimo Chappotat als
messagier a pie erwähnt, StaLR, Besatzungsbuch 1 (1448-1475), fol. 37r. In Luzern wird der bishe-
rige Stadtläufer Hans Zschannöili auch 1429 in seinem Amt bestätigt, das er seit 1426 innehat. Er
ist Nachfolger von Hermann Schulthess, der 1423 als Läufer gewählt worden war, in: SSRQ Lu-
zern 2, Nr. 90, S. 65.