80
3. Das städtische Botenwesen als Organisationsform
Amtskleidung und der städtischen Hoheitszeichen aus Metall - der sogenannten
Läuferbüchse. Freie Übermittler, die mehrfach aufgeboten worden waren, erhielten
lederne oder hölzerne Abzeichen, wodurch die Distinktion zwischen Gelegenheits-
läufern und Amtleuten sichtbar wurde.75 Um 1500 wurden im innereidgenössischen
Schriftverkehr jedenfalls keine Dienstleute mehr geduldet, die nur mit dem hölzer-
nen Wappenzeichen ihrer Stadt unterwegs waren. Dass hinter dem Einsatz falscher
Zeichen auch politisches Kalkül stecken konnte, beweist ein 1499 verfasster Brief
der Tagsatzung an den Rat von Basel. Darin beschwerte sich diese, dass die Basler
Läufer, die ihnen Nachrichten bringen würden, nur mit hölzernen Herrschaftsinsi-
gnien ausgestattet wären. Um sich nicht dem Vorwurf aussetzen zu müssen, der
Tagsatzung nur Gelegenheitsläufer zu schicken und weitere Eskalationen der ge-
spannten politischen Lage in Schwaben zu vermeiden, gab ihnen der Basler Rat zu
verstehen, dass bisher auch die vereidigten Übermittler hölzerne Büchsen getragen
hätten.76
Während über den Einsatz von Zeichen in der täglichen Nachrichtenübermitt-
lung weitgehende Übereinkunft herrschte, galten im Falle besonderer Transporte
meist individuelle Lösungen. Dies bezieht sich etwa auf die Übermittlung rechtsre-
levanter Schriftstücke, die schon allein aufgrund ihrer unterschiedlichen Gestalt
und Funktion verschiedene Ansprüche an den Boten stellen konnten.77 Grossforma-
tige, dicht besiegelte Urkunden und Verträge, die ausserhalb der Stadt zustande ka-
men, wurden zumeist von den Verhandlungsführern selbst in eigens dafür ange-
fertigten Transportbehältern überbracht oder Dienstpersonen übergeben, welche
zum üblichen Tross solcher Gesandtschaften gehörten.78 Bei der täglichen Ge-
schäftskorrespondenz konnte auch der Verschlussmechanismus des Briefes über
den künftigen Boten entscheiden; »offene«, d. h. unversiegelte Briefe wurden weit
häufiger von Gelegenheitsboten befördert, als solche, die über ein wächsernes Brief-
verschlusssiegel verfügten.79 Zudem entschied die Menge und Dringlichkeit der zu
überbringenden Schreiben auch, ob der Auftrag eher Amtleuten oder Gelegenheits-
boten überantwortet wurde.80
Im Raum der Alten Eidgenossenschaft bildeten sich in dieser Hinsicht unge-
schriebene Regeln der Übermittlung aus: Die Weiterleitung unversiegelter eidge-
nössischer Abschiede in das Untertanengebiet oder an lokale Verbündete übernah-
men regelmässig vertrauenswürdige Aushilfsboten, während sich die Obrigkeiten
bei der Verbreitung der versiegelten Missiven eher auf eigene Dienstleute verlies-
sen. Der vertraulichere Umgang, der diesen Nachrichtentyp kennzeichnete, wurde
auch durch die mündlichen Kommentare akzentuiert, die dem Boten dabei anver-
traut wurden.81 Eine besondere Form stellten Fehde- und Absagebriefe dar. Sie wur-
den ausschliesslich niederen Amtsträgern übergeben. Ihre Übermittlung durch
75 Siehe dazu Kap. Stadtläufer, die Zeichen ihres Dienstes.
76 Egger, Botenbüchse, 1994, S. 54.
77 Herold, Empfangsorientierung, 2003, S. 265-287.
78 Für Transportbehälter siehe auch: Heimann, Visualisierung, 1993, S. 30 oder Kap. Stadtläufer,
Briefbehälter.
79 Jucker, Gesandte, 2004, S. 199f., Maue, Verschlossene Briefe, 1998, S. 205-231, Weyrauch, Of-
fene Briefe, 1998, S. 191-204.
80 Jucker, Gesandte, 2004, S. 195f., 201-203.
81 Jucker, Gesandte, 2004, S. 199.
3. Das städtische Botenwesen als Organisationsform
Amtskleidung und der städtischen Hoheitszeichen aus Metall - der sogenannten
Läuferbüchse. Freie Übermittler, die mehrfach aufgeboten worden waren, erhielten
lederne oder hölzerne Abzeichen, wodurch die Distinktion zwischen Gelegenheits-
läufern und Amtleuten sichtbar wurde.75 Um 1500 wurden im innereidgenössischen
Schriftverkehr jedenfalls keine Dienstleute mehr geduldet, die nur mit dem hölzer-
nen Wappenzeichen ihrer Stadt unterwegs waren. Dass hinter dem Einsatz falscher
Zeichen auch politisches Kalkül stecken konnte, beweist ein 1499 verfasster Brief
der Tagsatzung an den Rat von Basel. Darin beschwerte sich diese, dass die Basler
Läufer, die ihnen Nachrichten bringen würden, nur mit hölzernen Herrschaftsinsi-
gnien ausgestattet wären. Um sich nicht dem Vorwurf aussetzen zu müssen, der
Tagsatzung nur Gelegenheitsläufer zu schicken und weitere Eskalationen der ge-
spannten politischen Lage in Schwaben zu vermeiden, gab ihnen der Basler Rat zu
verstehen, dass bisher auch die vereidigten Übermittler hölzerne Büchsen getragen
hätten.76
Während über den Einsatz von Zeichen in der täglichen Nachrichtenübermitt-
lung weitgehende Übereinkunft herrschte, galten im Falle besonderer Transporte
meist individuelle Lösungen. Dies bezieht sich etwa auf die Übermittlung rechtsre-
levanter Schriftstücke, die schon allein aufgrund ihrer unterschiedlichen Gestalt
und Funktion verschiedene Ansprüche an den Boten stellen konnten.77 Grossforma-
tige, dicht besiegelte Urkunden und Verträge, die ausserhalb der Stadt zustande ka-
men, wurden zumeist von den Verhandlungsführern selbst in eigens dafür ange-
fertigten Transportbehältern überbracht oder Dienstpersonen übergeben, welche
zum üblichen Tross solcher Gesandtschaften gehörten.78 Bei der täglichen Ge-
schäftskorrespondenz konnte auch der Verschlussmechanismus des Briefes über
den künftigen Boten entscheiden; »offene«, d. h. unversiegelte Briefe wurden weit
häufiger von Gelegenheitsboten befördert, als solche, die über ein wächsernes Brief-
verschlusssiegel verfügten.79 Zudem entschied die Menge und Dringlichkeit der zu
überbringenden Schreiben auch, ob der Auftrag eher Amtleuten oder Gelegenheits-
boten überantwortet wurde.80
Im Raum der Alten Eidgenossenschaft bildeten sich in dieser Hinsicht unge-
schriebene Regeln der Übermittlung aus: Die Weiterleitung unversiegelter eidge-
nössischer Abschiede in das Untertanengebiet oder an lokale Verbündete übernah-
men regelmässig vertrauenswürdige Aushilfsboten, während sich die Obrigkeiten
bei der Verbreitung der versiegelten Missiven eher auf eigene Dienstleute verlies-
sen. Der vertraulichere Umgang, der diesen Nachrichtentyp kennzeichnete, wurde
auch durch die mündlichen Kommentare akzentuiert, die dem Boten dabei anver-
traut wurden.81 Eine besondere Form stellten Fehde- und Absagebriefe dar. Sie wur-
den ausschliesslich niederen Amtsträgern übergeben. Ihre Übermittlung durch
75 Siehe dazu Kap. Stadtläufer, die Zeichen ihres Dienstes.
76 Egger, Botenbüchse, 1994, S. 54.
77 Herold, Empfangsorientierung, 2003, S. 265-287.
78 Für Transportbehälter siehe auch: Heimann, Visualisierung, 1993, S. 30 oder Kap. Stadtläufer,
Briefbehälter.
79 Jucker, Gesandte, 2004, S. 199f., Maue, Verschlossene Briefe, 1998, S. 205-231, Weyrauch, Of-
fene Briefe, 1998, S. 191-204.
80 Jucker, Gesandte, 2004, S. 195f., 201-203.
81 Jucker, Gesandte, 2004, S. 199.