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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1870

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April (Nr. 40 - 51)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30183#0202

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Regierung zu wirken. Von Oesterreich aur hat
Rom keinerlei Pression zu gewärtigen, weil im
Augenblick ein heilloses Durcheinander dort herrscht
und eine politische Neugestaltung daselbst vor sich
gebt, von der noch Niemand weiß, was sie zu
Tage fördern wird. Italien mischt sich principiell
nicht in die Conzilsangelegenheit, Spanien kommt
nicht in Betracht und so wäre es kein Wunder,
wenn jetzt ein „Wunder" in Rom vor sich ginge.
Ju Griechenland steht das Rauberwesen in
höchster Blüthe; die Banden treiben es im Gro-
ßen, legen nach Belieben Brandschatzungen auf
und schreiben den Behörden sogar Bedingungen
vor. Vor einigen Tagen ereignete sich eine höchst
tragische Geschichte. Eine Bande hat einige Eng-
länder gefangen genommen, deren Freilassung ge-
gen ein ungeheures Lösegeld angeboten und zugleich
die Bedingung völliger Straflosigkeit daran ge-
knüpft. Letztere Anforderungen konnte die Regie-
rung nicht bewilligen, sondern setzte Truppen zur
Aufhebung der Räuber in Bewegung. Die gefange-
nen Engländer wurden daraufhin niedergestoßen,
aber auch die Mehrzahl der Mörder büßte mit dem
Leben. (Mal gustieiL, psrsat ruunärw!)
Baden.
* Tchwetzingen, 28. April. Was doch der
„Pfälzer Bote" ein kurzes Gedüchtniß bat! In
einer seiner kürzlich ausgegebenen Nummern
fordert er unter dem Refrain: „Der Bürger greift
zur Wehr", seine Gesinnungsgenossen auf, bei
Gemeindewahlen darauf hinzuwirken, daß Männer
der katholischen Volksvartei an's Ruder kommen,
welche ihren Einfluß dazu verwenden sollen, im
Sinne ihrer Partei zu wirken.
Dies ist nun wohl an und für sich ein ganz
berechtigtes Verlangen und beweis! daß die tat' o-
lische Volkspartei sich so gut zur herrschenden zu
erheben sucht, als es da? Bestreben der liberalen
ist, ihren Einfluß zu behaupten.
Jetzt beklagt aber der Pfälz. Bote in einer andern !
gleißncrischen Corresp. „Vom Neckar" den Mangel)
an Gemeiusinn im Gemeindeleben und glaubt, daß
es nicht besser werde, so lange man bei den
Wahlen fortsährt zu fragen: Ist der Betreffende
schwarz-weiß, roth oder schwarz?
Wozu eine solche Klage? Ihr Herren habt ja
selbst angedeutet, daß ihr eure Farbe bci Gemeinde-
wahlen zu Ehren bringen wollt; wenn also die
andern Partheien ein Aehnlichcs thun, so vergelten
sie doch nur Gleiches mit Gleichem!
Karlsruhe, 25. Apr. Die „Badische Korre-
spondenz" schreibt „Aus der Partei:" „Vorweni-
gen Tagen brachte der amtliche Theil der „Karls-
ruher Zeitung" die Anzeige, daß Hr. Rechtsanwalt
Kiefer von Qffenburg als Oberstaatsamoalt beim
Kreis- und Hofgericht Mannheim zugleich als Ver-
treter der Staatsanwaltschaft beim Oberhofgericht

ernannt worden sei. Diese Nachricht hat unter
den Parteigenossen eine aufrichtige Befriedigung
hervorgerufen, da sie einen neuen Beweis erbringt
wie ernstlich man bedacht ist, an Stelle früherer
Differenzen, welche am Schluß des Jahres 1668
Hrn. Kiefers Austritt aus dem Staatsdienste ver-
anlaßten, Eintracht und Vertrauen zu setzen. Es
verdiente Anerkennung, daß die Großh. Regierung
dem Hrn. Anwalt Kiefer schon im Juni v. I.
die Rückkehr in ein seiner frühem Dienststellung
entsprechendes öffentliches Amt angeboten hat. Mit
Recht hat es Hr. Kiefer damals vsrgezogen, seine
Stellung außerhalb des Staatsdienstes vorerst bei-
zubehalten, wie er auch später seinen Entschluß
lediglich davon abhängig machte, ob der Gesammt-
verlauf des Lanötages den politischen Frieden
zwischen der Negierung und der liberalen Partei
in einer so klaren Weise feststellen werde, daß
damit jede der Ursachen, welche einst den Austritt
herbeigesührt, als beseitigt geiwn konnte.
Der Landtag ist an ernsten Kämpfen reich
gewesen und diese sind von beiden Seiten mit
Ueberzeugungstreue und Energie geführt worden.
Er hat, unter den Einflüssen eines hingebenden
und nur dem Wohle des Vaterlandes dienenden
Geistes, reiche Früchte, selbst üoer manche Hoff-
nungen hinausgehend, getragen. Mit wohlbegrün-
deter Zufriedenheit sind die Abgeordneten nach Er-
ledigung mühevoller, ober in den Ergebnissen er-
hebender Arbeiten in die tzeimath zurückgekehrt.
Kein Mchllang hat das Errungene gestört.
Vernünftiger Weise konnte unter diesen Um-
ständen fernerhin kein politischer Grund für Hrn.
Kiefer bestehen, das Anerbieten der Regierung,
künftig seine ganze Zeit und Arbeitskraft dem
Staate zu widmen — nicht blos in dem öffent-
lichen Wirken des Volksvertreters, sondern auch in
dem vormals innegehabten Berufe eines Beamten
der Rechtspflege — seinerseits abzulehnen. Unter
der ausdrücklichen Billigung aller seiner näheren
politischen Freunde entschloß er sich, in den öffent-
lichen Dienst des Staates zurückzukehren.
Selbstverständlich bemühen sich seitdem alle
Blätter demokratischen und ullramontanen Bekennt-
nisses, diese ihnen unliebsame Thatsache, welche ihre
letzten Hoffnungen auf Zwist und Spaltung im
liberalen Lager als eitel darstellt, durch alles er-
denkliche Phrasenwerk zur Unrechten That zu stem-
peln. Daraus hat die liberale Partei nur ein
Wort der Erwiederung: Offen und unverhüllt
liegt die politische Wirksamkeit Kiefer's während
des verflossenen Landtags, wie seine gesammte
öffentliche Thätigkeit, vor Freund und Feind.
Mögen die verkappten Verleumder des Mannes
aus diesem ganzen, den öffentlichen Interessen ge-
gewidmeten Leben eine einzige Thatsache anführen
welche vor dem Urtheil eines verständigen Menschen
der Unabhängigkeit der Gesinnung oder den Ge-

boten der Pflicht und der Ehre zuwiderliefe! So
lange sie das nicht vermögen, ist alles Schimpfen
und Schreien leerer Wind und Dnnst. Nur den
erfreulichen Beweis erbringen sie damit für uns
Liberale, ^>aß die auf klarem Fortschritte unserer
inneren Staatszustände wieder hergestellte Eintracht
der eigenen Partei mit schwerer Wucht lastet auf
den besiegten Gegnern. Auch uns — sowohl her
Regierung als der national-liberalen Partei —
ist damit das Geheimniß der eigenen Kraft zum
klaren Bewußtsein gelangt. Wir werden fortfah-
ren, für die große L-ache des deutschen Vaterlan-
des, wie für das glückliche Gedeihen der heimatb-
lichen Zustände in geschloffenen Reihen den Kampf
zu führen. Der guten Sache wird der Sieg
gehören."
Deutschland.
München, 25. April. In Negensburg fand
man in den Kasernen „Traktätchen", die in der
fanatischsten jesuitischen Weise den Soldaten Dinge
lehren wollten, welche die Gesetze des Staates mit
verschiedenen Strafen belegen. Ueoer diese Vor-
kommnisse ist strenge Untersuchung eingeleilet wor-
den, deren Resultat zur Zeit noch nicht bekannt ist.
Ausland.
Paris, 28. April. Das amtliche Blatt gibi
heute endlich die Formel des Plebiscits, über deren
Beantwortung die Parteiführer seit 8 Tagen einig
geworden sind: „Das Volk billigt die freisinnigen
Reformen, welche seit 1869 durch den Kaiser mit
Beihülse der großen Staatskörper an der Ver-
fassung bewirkt worden sind, und bestätigt den
Senatuskonsult vom 20. April 1870." Das Nein
kann Angesichts jener Fragestellung logischer Weise
nur eine reaktionäre Bedeutung haben. Aber ge-
rade diese wird ihm Niemand unterlegen, woraus
denn hervorgebt: wie widersinnig und trügerisch
die Volsabstimmung an sich selbst ist, indem alle
Welt aus eine Frage antwortet, die nicht gestellt
ist, dagegen die wirklich gestellte unbeantwortet
läßt. Inzwischen sind „wohluuterrichiete" Personen
bereits in der Lage, das Ergebnis der Ab-
stimmung anzugeben. Ihre Berechnung hat viele
Wahrscheinlichkeit für sich, wie man gestehen muß.
Sie schätzen die Zahl der Wähler, welche aus
äußern Gründen oder ans Gleichgiltigkeit nicht ab-
stimmen, aus etwa 2 Millionen, von den 8 Milli-
onen, welche danach übrig bleiben, rechnen sie'5
vis 6 Millionen für das Ja, 1 HZ Millionen etwa
für das Nein, den Rest für leere oder ungültige
Zettel und die absichtliche Enthaltung. Der Siecke
kündigt heute an der Spitze seines Blattes an, er
halte eine Million Stimmzettel mit „Nein" für
den Gebrauch der demokratischen Komite's bereit.
Dem konservativen Eeutralausschuß für die Volks-
abstimmung wird diese immerhin zu lobende Auf-

i Kurz besonnen, setzte ich mich nieder und schrieb, daß
! ich als wohlbestallter Organist der Kirche zu Mannheim
fürderhin keinen Dienst als Diener am Worte mehr bean.-
sprachen könne und diese Ernennung nur irrthümlich erfolgt
sein müsse, indem ich am heutigen Mittage Herrn Kirchen-
rath H. meine allerbündigste und unwiderrufliche Erklärung
abgegeben habe.
Damit war denn für immer die Brücke abgebrochen,
die eine Rückkehr möglich gemacht hätte. Ich eilte sogleich
zu Mariechen und thcilte ihr Alles mit.
Sie lächelte selig.
Ach, sagte sie, Dir hat Gotte« Gnade den rechten Weg
gezeigt, nun wollen wir ihm dankbar bleiben unser Lebe«
lang. Ich ging nun gleich am andern Morgen nach La-
denburg, wo der wackere Rector noch, hochbetagt, lebte.
Auch er billigte vollkommen meinen Entschluß und wünschte
mir Glück.
Von da ging ich nach Mannheim, wo ich mit Freu-
den begrüßt wurde. Hier ordnete ich Alles zu meinem
Ueberzuge.
Von meinem Sparpfennig und dem Mariechens bestritt
ich unsere besch-idmc Einrichtung.
(Schluß folgt.)

Ihr hättet den hohen Herrn sehen sollen, wie er erd-
fahl aussah, wie seine Lippe zitterte; wie Grimm u. Scham
in ihm um den Vorrang stritten.
Er faßte krampfhaft meinen Arm und drückte mich auf
den Stuhl zurück.
Sie haben da harte Worte geredet, die ich nicht an-
hören dürfte, sagte er nach Fassung ringend; aber ich will
sie nicht gehört haben, will sie vergessen. Nur das Eine
muß ich Ihnen sagen, Sie müssen die Zusage zurücknchmen.
Sie beschimpfen den Stand der Diener der Kirche heillos.
Sie bringen den hochwürdigen Kirchenrath in eine fatale
Lage. Datz unverdiente Urtheil der Welt wird ihn treffen.
Haben Sie das bedacht? Hören Sie weiter! Wir haben
heute in der Vormittagssitzung beschlossen, Ihnen die erste
vacant werdende Stelle zu übertragen. Hören Sie es!
Schreiben Sie auf der Stelle ab. Hier ist die Feder und
Tinte!
Mir war während dieser Worte eine Ruhe in die
Seele gekommen, die mir eine Festigkeit des Willens gab,
welche auch diese Versuchung überwand.
Nein, sagte ich fest zu dem Kirchenrarh. Zu lauge
haben Sie mich schmachten lasten. Die Jahre meiner Ju-
gend haben Sie todtgeschlagen und nun, wo Sie Schmach
und Schande wittern, wollen ^ie einen Armen einstellen.

Ich habe kein Geld, eine Stelle zu bezahlen. Leben Sie
^wohl! -
Ich ging und sah noch, wie er die Hände zusammen-
, schlug und in seinen Sessel sank.
Ich hatte mein Herz ausgeschüttet und war standhaft
^ geblieben. DaS gab mir Frieden.
Ich ging heim in mein Stüblein und dachte nach über
, das unselige Treiben der Menschen.
Nach einer Stunde kam der Kirchenrathsbote wieder
^ nnd brachte einen Brief.
Ich war im Zweifel, ob ihn ihn erbrechen sollte; der
Bote war angewiesen, auf eine Antwort zu warten.
Er bat mich flehend den Brief zu erbrechen.
Ich that's endlich.
ES war die Ernennung zum Vicarius des alten Pfar-
rers zu K. bei Mannheim. Ich traute meinen Augen kaum.
! Ten Pfarrer kannte ich wohl. Er war ein noch sehr rü-
! stiger Mann, der aber zu bequem war, das Filial zu be-
^ dienen und sich deßhalb einen Vicar hielt.
Es war ein Nothschuß, da? lag am Tag. Und Gott
, weiß, wie lange ich wieder hätte warten können, zumal ich
nun den Stab Wehe über meinem Haupte sah, da ich von
der Leber weg geredet hatte, wie man'S von einem Kandi-
daten nicht erwartet.
 
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