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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1870

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September (Nr. 103b - 116a)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30183#0431

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Freitags. September 1870. 107. Ll. Mrrei. Jahrgang.


Erschein! wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la t t. — Alle Postanstalten und Boten '-rehmeu Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 45 kr.
I n serate die drcigespultenc Petitzcile oder deren Raum 3 kr. Lskalanzcigcn 2 kr.



Mit freudigem Herzen begeht Buden den heutigen Tag: das GebrN'isfest seines geliebten LandeSsÜksieN, dessen Schicksal durch
tausendfache uuzerreißtiche Bande der Liebe und Treue so innig mit dem seines Voltes verknüpft lind verwoben ist!
Mit einem Aufblick nach Oben können wir hellte der Vorsehung unfern heißen Dank dafür aussprechen, daß sie unfern Fürsten
und mit ihm sein treues Volk bis dahin uugeschüdigt durch alle Stürme der Zeit, selbst gefahrlos durch die drohenden Ungewitter des Krieges geleitete,
und das namenlose Elend von uns ferne hielt, welches unsere fränkischen Nachbarn in frivolein Uebermuthe über uns zu bringen gedachten!
Das schönste Bewußtsein, welches hellte die Brust uusers edeln Fürsten bewegen mag, wird es sein, zu wissen, daß das Volk Badens die
Früchte seines Fleißes und Schweißes nicht als Beute den Händen raubgieriger Feinde überlassen muß, daß die Wohnstätten des Landes nicht in Schutt-
uud Trümmerhaufen verwandelt worden, sondern Stätten des Friedens, der Sicherheit und der Wohlfahrt geblieben sind!
Möge übrigens die kommende wechselvolle Zeit bringen, was sie da wolle, fest und treu wird unser Volk in schlimmen wie in guten Tagen
zu seinem hochherzigen Fürsten stehen, unter dessen Schutz die Freiheit nach Innen in einem gesunden, stetigen Wachset! begriffen ist, wahrend sich nach
Außen die Bande, die uns an unser großes, ruhmreiches Vaterland knüpfen, immer fester und unauflöslicher schlingen!
Keilst Segen und langes Leben für Hroßljcrzog Iricdrich!

Jur Hagesgelchichte.
Paris, 6. Sept. Eine Depesche des Unter-
präsekten von Mühlhausen meldet: Der Feind
ist an mehreren Punkten des Arrondissements er-
schienen, er hat den Rhein gegenüber Kembs über-
schritten. Freischützen und Nationalgardisten zogen
ihm entgegen.
Paris, 6. Sept. Das „Journal ofsiziel"
veröffentlicht eine Proklamation der Regierung an
die Armee. Dieselbe sagt, die Abschaffung der
Dynastie, welche für das Unglück verantwortlich
ist, sei ein großer Act der Gerechtigkeit und des
öffentlichen Heils. Um sich zu retten, bedarf die
Nation nur sich selbst wiederzufinden, um auf ihre
Entschlossenheit und Euren Muth zu rechnen.
Ein Decret hebt den Stempel für Zeitungen
und für Veröffentlichungen auf. Die Beamten
sind des Diensteioes entbunden, der politische Eid
ist abgeschafft. Die Gesandten in London, Wien
und Petersburg sind abberufen.
Das „Journal ofsiziel" publizirt ferner Er-
nennungen von Präfekten. — Der Feind nähert
sich Paris. Ein Circular Gambetta's sagt, die
neue Republik sei keine Regierung für Zwistig-
keiten und kleinlichen Parteihader, sondern eine
Regierung der nationalen Vertheidiguug, des Kam-
pfes gegen den fremden Eindringling.
Alle Deutsche, welche keine Specialerlaubniß
besitzen, sind verpflichtet, binnen 24 Stunden die
Departements Seine und Seine-Oise zu verlassen,
widrigenfalls sie der kriegsrechtlichen Behandlung
verfallen.
Paris, 7. Sept. Der Minister des Aeußern,
Jules Favre, hat unter dem 6. d. eine Circutar-
Depesche erlassen, in welcher er zunächst daran er-
innert : Der König von Preußen habe erklärt,
nicht gegen das französische Volk, sondern gegen
die kaiserliche Dynastie Krieg zu führen. Die Dy-
nastie sei gefallen. Ein freies Frankreich habe sich
erhoben. Wolle der König von Preußen diesen
argen Krieg fortsetzen, so stehe es ihm frei, die
Verantwortlichkeit dafür vor der Welt, vor der
Geschichte zu übernehmen. Wenn das sein Wille
ist, wir acceptiren es. K e i n e s f a l l s w e r-
den >v i r e i n e n F u ß b r e i t L a u d e s
oder auch n u r e i n e n S t e i n u n s e-

rer Festungen abtreten, ein schimpf-
licher Friede würde über kurz oder lang immer
wieder einen Krieg auf Leben und Tod erzeugen.
Brüssel, 6. Sept. Die „Jndependancc"
meldet aus Tergnier: Die republikanische Regie-
rung ordnete den Rückzug sämmtlicher Truppen
nach Paris an. Die Proklamation der Regierung
soll auf die Offiziere nicderschlageud gewirkt haben.
Die Blätter melden, die Preußen seien in Rheims
eiugezogen. Das Bombardement von Moutmedy
hat begonnen.
Bade rr.
* Schwetzingen, 9. Sept. Die „Jndep.
belgique" meldet: In Frankreich sind wieder 2 Reg.
T n r c o s, 2 Reg. kabyliseher Freiwilli-
g e r, Spahis und Zuaven cingetroffen !
Recht so ! Das sind die natürliche n
Aliirten Frankreichs nnd nur freuen nns
derartiges Gesindel Schulter au Schulter mit den
Kindern Faukreichs kämpfen zu sehen!
Nur nicht geuirt! Wer sich nicht scheut auf
offene Städte, auf Verbandplätze, auf Parlamen-
täre zn schießen, braucht auch kein Bedenken zu
tragen an der Seite solcher Banden gegen ein ge-
sittetes Nachbarvolk zn kämpfen!
Cabylisehe Freiwillige! Wie das so nett klingt!
— Aber gleichviel, — für unsere Tupfern sind
diese Gurgelabschneider ein „überwundener Stand-
punkt," nnd wenn man die Absicht hatte, die
blondhaarigen, blauäugigen Deutschen schon mit
dem Anblick und mit dem Geheul dieser Bluthunde
des zweiten Kaiserreichs zu schrecken so war man
auf der falschen Fährte!
So lauge das „Kaiserreich" Gebrauch von
den Diensten solcher Horden machen mochte, —
ü ln UonUenr! Jetzt aber, wo Frankreich die
Republick proclamirt hat, und inan führt fort, diese
Truppengattungen gegen die Deutschen zu verwen-
den, ist der Beiweis geliefert, daß die Franzosen
ein erbärmliches, entartetes Volk sind, das nicht
einmal die erste Grundbedingung eines Staats-
wesens — die Fähigkeit der Selbstvertheidigung
besitzt und welches sich deshalb auf fremde — und

vom Elsaß nnd Lothringen Theil. Zwei höhere
FiuanzbeauUe sind in diesen Tagen nach Nanzig
cwgegangen, zwei Verwaltungsbeamte schon vorher
abgereist.

WevdieeS, 4. Sept. Heute Abend gegen
5 Uhr traf der Kaiser in Verviers ein. Wie es
scheint, hatte der König von Preußen seine Zu-
stimmung dazu gegeben, daß er über Belgien nach
Deutschland gebracht werde. In Verviers war es
bereits bekannt, daß der Kaiser erwartet werde,
und eine ziemlich große Menge war auf dem
Bahnhofe und dessen Umgegend versammelt, als
der Gefangene des Königs von Preußen dort ein-
traf. Der Kaiser fuhr in dem Eisenbahnwagen
des Herzogs von Flandern. Der Empfang, der
ihm Seitens der Menge wurde, war ein stark
sympathetischer. Die Bewohner von Verviers sind
nämlich große Anti-Preußen nnd Franzosen-Ver-
ehrer. Zu einer eigentlichen Demonstration kam
es aber nicht. Ein Haufen Jungen stimmte zwar
,,Vivs UkNngwi'öni-!" und ,,Vivs In ITurws!"
au, die Polizei unterdrückte es aber schnell, wie
sie es auch verhinderte, daß man dem Kaiser des
Abends einen Fackelzug oarbringe. Der Kaiser
sollte sich in Verviers zuerst nur einen Augenblick
anfhalten. Er beklagte sich aber über Müdigkeit;
mau beschloß nun zuerst bis 11 Uhr Nachts in
Verviers zu bleiben. Da aber der Kaiser wirklich
leidend zn sein scheint, so beschloß man znletzt die
Nacht in Verviers zu verbringen und erst Mor-
gens um 7 Uhr die Reise nach Wilhelmshöhe fort-
zusetzeu. In dein Wagen des Kaisers befanden
sich außer dem Prinzen Murat und einigen andern
französischen Offizieren auch der belgische General
Chazal, der demselben von dem Könige Leopold
beigegeben war. Preußischerseits waren anwesend
die Generale v. Vonin und Konsky. Als der
Kaiser ans dem Wagen stieg, eilten die beiden
letztern herbei, um ihn z > begrüßen. Der Kaiser
sah sehr traurig ans. Sein Gesicht war zwar
sehr roth, abrr seine Augen waren stark einge-
fallen. Wie immer, war sein Gang sehr schwer.
Als er nach dein Fiaker (es war ein höchst er-

weis für eine! Hilfe stützen muß! bärmliches Fuhrwerk) ging, hielt er den Kopf ge-
Aus Baden, 5. Sept. Auch badische Be- beugt und schlug die Augen nieder. Der Kaiser
amle nehmen an der provisorischen Verwaltung stieg mit seinem Gefolge, das aus Chazal, den
 
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