Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1870

DOI Kapitel:
Juli (Nr. 77 - 90a)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30183#0329

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Donnerstag, 14. Juli 1870.

No. 82.

Vierter Jahrgang.


Amts-^erkündigungsötatt für den Aezirk Schwetzingen.

Badische Hl> pscnzcitung.

Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe Sonntagsblatt. - Alle Postanstalten und Boten nehmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 45 kr.
Inserate die dreigejpaltene Pctitzeilc oder deren Raum 3 kr. L » k a l a n z c i g e n 2 kr.

* R rr rr d s ch a n. §
Im französischen gesetzgebendeil Körper macht ^
man sich schon ans alle Fälle gesagt! Garnier
Pages stellte den lumerkenswerthen Antrag: Frank-
reich verzichtet auf die Wegnahme friedlicher Han-
delsschiffe und ans die Beschießung handeltreiben-
der offener Seestädte derjenigen Nationen, welche
dieser Convention beitreten. Er empfiehlt die
schleunige Annahme dieses Zusatzes zum Seegesetz-
buch und meint mit acht französischer Courtoisie.
dieses Zeichen der Sympathie (!) der spanischen und
deutschen Nation schuldig zu sein.
Sonderbarer Schwärmer! Der Antrag wird
übr'gens mit lebhaftem Beifall gutgeheißen und
wir Deutsche wissen jetzt zur Genüge, welche „leb-
hafte Sympathie" Frankreich für unser materielles
Wohlergehen hegt.
Der Siecle sucht die überhitzten Gemüther
seiner Landsleute etwas abzukühlen, — die Stimme
eines Predigers in der Wüste!
Im schweizerischen Canton Tessin ist wegen
der Verlegung der Caiitonshanptstadt nach Bellin-
zona eine Revolution angebrochen. In Lngnano
hat man die rotbe Fahne ausgepflanzt und eine
provisorische Regierung eingesetzt. Auch ein Sturm
im Glase Wasser._
Baden.
* Schwetzingen, 13. Juli. Nachdem sich jetzt
die demokratische Presse von igrer ersten Ucberrasch-
ung hinsichtlich der Hohenzollerschen Throucandida-
tur erholt hat, zieht sic jene Saiten aus, die sie vor-
aus sichtlich anschlagen mußte, wenn sie nicht mit ih
rer systeinatischen.Preußenfeindlichkeit brechen wollte.
Die „Mannh. Abendztg." hat herallsgetü-
pfelt, daß die Kandidatur des Prinzen im Geiste
der gemeinsamen Politik Preußens und Rußlands
liegt. Die spanische Regierung hat also wahr-

scheinlich aus purer Gefälligkeit für diese beiden Groß-
> machte den hohenzollernschen Prinzen als ihren
! Kandidaten erkoren ? !
Ferner will die Abendztg. ihren Lesern plau-
sibel machen: die von Preußen (?) gemachte Di-
version sei daraus berechnet, Frankreich zu einer
bewaffneten Intervention in Spanien zu verleiten!
— Als ob die spanische Regierung es in ihrem
Interesse finden könnte, bei den unfertigen Zustän-
den des Landes sich in eine feindselige Haltung
zu ihrem nächsten und gefährlichsten Nachbar zu
setzen.
Was bezweckt die demokratischr Presse mit
derartigen abgefeimten Verdrehungen ? Nun, wei-
ter nichts, als die Entstellung thatsüchlicher Vor-
gänge um Preußen als den Friedens-
störer Europa's hinznstellcn nndals
solchen zu m i ß k r e d i t i r e n!
Wahrl'ch, es bedarf bald eines besonders
klaren Kopfes, um in dem Wirrwarr, den die
prenßenfeindlichen Blätter anznrichten suchen, den
Leitfaden nicht zu verlieren, welcher klar nach-
weist, daß Preußen der ganzen Angelegenheit
fern stand, die Verhandlungen nur zwischen der
spanischen Negierung und dem Prinzen von Hohen-
zollern geführt wurden und Preußen erst durch
die maßlose Uebereilung Frankreichs in den Han-
del hineingezogen wurde.
Edingen. Am 8. d. M. fand hier, nach-
dem die gesetzliche Dienstzeit des seit 21 Jahren
ununterbrochen im Amte befindlichen Bürgermeisters
Johann Sponagel umlaufen, eine Neuwahl Statt,
bei welcher von 218 Wahlberechtigten 194 abge-
stimmt haben. Da der seitherige Bürgermeister,
welcher voraussichtlich wieder mit großer Majorität
gewühlt worden wäre, im Voraus eine Kandidatur
ablehnte, vereinigten die Wahlberechtigten ihre
Stimmen auf dessen Sohn Georg Sponagel, wel-

cher 162 erhielt, während die andern sich ans 5
andere Kandidaten zersplitterten. Diese in der ge-
ordnetsten Weise und unter freudigster Stimmung
Statt gehabte Wahl kann als eine glückliche be-
zeichnet werden, da der Gemäh te die erforderlichen
Eigenschaften besitzt und der Familie von der gan-
zen Bürgerschaft ein die Amtsführung erleichtern-
des Vertrauen entgegengebracht wird. Es war
ein wahrer Frendetag für die Gemeinde und fan-
den die Sympathieen für den neuen Bürgermeister
in schönen Gesängen, Fackelzug und dgl. ihren
entsprechenden Ansdruck. _
Deutschland.
Berlin, 12. Juli. Zur Wohl für den
Reichstag ist in Duisburg von der national-libe-
ralen Partei Frhr. v. Roggenbach und in zweiter
Reihe v. Treitschke in Aussicht genommen.
Berlin, 11. Juli. Der Legationsrath v.
Kendetl ist nach Varzin abgereist.
Ausland.
London, 12. Juli. Der Observer erachtet
Preußens Haltung logisch für unangreifbar; die
Lage sei eine bedenkliche, aber keinesfalls hoff-
nungslose.
Paris, 11. Juli. Von einem Zurückweichen
Prims ist einstweilen nichts zu bemerken, und ans
allen Hauptstädten Enropa's treffen die Telegramme
mit der Meldung ein. daß den Regierungen amt-
liche Anzeige von der Annahme der Krone durch
den Fürsten Leopold gemacht worden ist. Gestern
ist dies in Rom geschehen, wo der Cardinal An-
tonelli die Mittheilung ohne ein Wort der Er-
wiederung entgegengenommen hat.
Paris, 11. Juli. Die France sagt : Da
noch keine Mittheilung ans Preußen hier einge-
troffen ist, hat die Regierung ihren Gesandten am
Berliner Hof. Benedetti (der sich zum Knrgebranch

Die deutsche Konversationsstunde.
Aovelle von P. Würz.
(Fortsetzung.)
2
„Noch sind es nur Träumereien gewesen",
sprach er Kuck vor sich hin, „ich will euch bannen,
es ist ja noch keine Leidenschaft! Ich wasche mir
die Augen mit dem kalten Wasser der Betrachtung
und die Träume werden verfliegen."
Sehr schön, aber er bedachte im Augenblicke
nicht, daß er nach wie vor wöchentlich zweimal zu
Fräulein Mellenheim ging, um den Unterricht fort-
zusetzen.
3.
Ein Vierteljahr war seit jener Briefstylübnng
verflossen. Die Professorin saß nachdenkend und
erwartungsvoll in ihrem Paradezimmer. Sie
hatte^eine Arbeit vor sich liegen, kein Nähzeug,
kein Strickzeug, kein classisches Werk znm Lesen,
sie h:ng ihren Gedanken nach. Wen sie er-
wartete, das mar ihr Sohn, der AuZcultator.

Dieser lag heute der sehr unangenehmen Lage ob,
das Neserendarexamen zu machen. Es schlug be-
reits sieben Uhr Abends und noch immer war er
nicht da. Durch das bekümmerte Mutterherz fuhr
der Gedanke: Sollte er durchgefallen sein, und
sich ein Leides augethan haben? Sie hatte den
schweren Gedanken kaum ansgedacht, da stürmte
es die Treppe herauf und vor der Mutter stand
der Sobn.
„Geschwind! men habe ich die Ehre vor mir
zu sehen?" fragte sie.
„Den Referendar Rudolph Padrock!" war
die Antwort.
„Gott sei Dank!" sagte die erfreute Mutter
„nun mache es dir bequem, und daun erzähle mir
das Nähere, wie es dir ergangen ist."
„Ich habe es wir schon unterwegs etwas be-
quem gemacht", sagte Rudolph, „ich war mit
meinen Schicksalsgenossen in einem Restaurations-
Locale."
„Recht gut." sagte die Professorin, „aber
deine Mutter war unterdeß in großer Unruhe."
„Unruhe? weshalb?" sagte der Referendar.
»Daß ich durchsiele? Spaß! Da müßte ich meiner!

Sache nicht gewiß gewesen sein. Ja, wenn sie's
gekonnt hätten, sie hätten mich sicher onrchsallen
lassen. Die malitiösesten Fragen wurden mir vor-
gelegt. aber ihre Angriffe prallten von mir ab,
wie hölzerne Pfeile von einer Festuugsmaner. Ich
wußte aus Alles Antwort. Ich glaube nicht, daß
ein solches Referendarexamen. seil die Welt steht,
abgelegt worden ist. Die Examinatoren fragten
nach Allein, sogar aus der Naturgeschichte."
„Znnl Beispiel?" fragte die Mutter.
„Znm Beispiel: Was ist ein Fixstern?"
„Und was antwortetest du?"
„Ich anwortele kühn, und wie sie's verdien-
ten: Meine Herren! ein Fixstern ist eigentlich gar
nichts, denn er ist weder Subject noch Öaject von
Rechten."
„Lieber Referendar!" sagte die Mutter, „ich
sehe, du bist in vergnüglicher Stimmung, dieselbe
Frage und dieselbe Antwort habe ich ganz kürzlich
als Witz in einem Journal gelesen."
„Liebe Mutter! das beweist! nichts gegen
mich, das beweißt nur, daß unsere Eraminaioren
ebenso albern, wie anderwärts, fragen löunen,
i und daß ich ebenso witzig bin, wie jener Kandidat,
 
Annotationen