Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1870

DOI chapter:
August (Nr. 90b - 103a)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.30183#0379

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Donnerstag, 11. August 1870. . Xo. 94.1). Vierter Jahrgang.


Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la t i. — Alle Postans:alten mid Boten sehine» Bestellungen an. — P r e i S bitNeljahrlich 45 fr.
Inserate die drcigespaltcne Petiizeüe oder deren tjtcium 3 kr. L » k a ! a n z e i g e n 2 kr.

Msm KriegsschauPlatz.
Ka.?!sr'trhe, 9. Anairst. Die Bevölkerung
von NlüNheirn und Unigegend (im Elsaß) wuroe
gestern von den kaiserllchen Eivilbehörde«« aufge-
sordert, sich etwa einem erfolgenden Einnrarsch
deutscher Truppen gegenüber friedlich zu v?-halten.
EL wurde viel bewegliches Eigeuthum nach Bafel
^ htet.
Ans G.msittLt, 7. August, schreibt ein An-
gehöriger der badischen Division an seine Fami-
lie in Karlsruhe unter Andernr:
„Einein Carree von etwa 200 französi-
„scheu Gefangenen gegenüber sende ich Euch
„einige Zeiten über den gestrigen Tag. Glück-
liche Schlacht bei Wörth, aber viel Blut! Zwei
„preuß. Corps und am Schluß noch eine Bri-
„gade Württemberger schlugen die Mae Ma-
„hon'sche Armee, deren Stärke mir nicht be-
gannt. Von Einzelheiten will ich geben, was
„ich selbst sah. Was ich am Abend der Schlacht
„lind hellte Morgen gesehen, erlaubt einen Schluß
„auf die Größe des errungenen Erfolgs und
„auf den Verlauf des gestrigen Tages. Unter
„heftigem Kanonendonner und Gewehrfeuer rückte
„unsere badische Kolonne gegen Hochwiller, un-
„sern ursprünglichen Bestimmungsort für gestern,
„vor. Kurzer Halt Mittags 2 Uhr und dann
„weiter vorwärts! Nach einer Stunde stoßen
„wir ans Tornister mit Wache (Württemberger)
„neben der Straße; sie bezeichneten ein rasches
„Vorrücken dieser Truppen. Jenseits der Straße
„stehen Theile preußischer Truppen aller Waffen-
gattungen. Die Dörfer, die wir pasfirten,
„mit geschlossenen Läden, kein Einwohner sicht-
bar. An einem Walde der erste Verwnndeten-
„Transport — Preußen, gefolgt von einem
„andern, von Preußen und Franzosen gemisch-
„ten; bald ein Haufen unverwundeter Gefan-
gener — Hurra!)! — vielleicht in der Zahl
«voiss 50, später einer von 80, schließlich eine
„große Masse, escortirt von Württemberger««.
„Unter den Franzosen Zuaven, Afrikaner, Kü-
rassiere (imposante Kerle), wenig Artillerie,
„viele Offiziere. In den Chausseegräben stoßen
„wir aus theils erschossene, theils geknebelte
„Bauern, die aus den Häusern Gunstetts aus
„die Preußen geschossen hatten.- Gunstett selbst,
„trotz dem fortwährenden Rücktransport ein
„Lazareth; von allen Einwohnern verlassen;
„jedes größere Haus, Kirche. Schule wird für
„Verwundete geräumt. Die badische Division
„bivouakirt rechts, eine Preußische links vom
„Dorfe. Wir beziehen unser Lager Abends 9
„Uhr nach einem 1 Mündigen Marsche mit Ver-
lust an Reit- und Wagenpferden, die der
»Ueberanstrengung erlagen. Hellte Nacht der
„Scherz eines falschen Allarms. Auf dem
„Schlachtfelde, das ich vor einer Stunde be-
lichte, Hunderte von Todten und noch Ver-
wundeter! Das Sanitätspersonal ist für solch
„eine riesige Aufgabe zu schwach. Es kommen
„die ersten Karlruher Erfrischungen an, die vom

„3. Männsr-Hikfscorps ins Livouak bei Asch-
„bach gebracht worden waren. Sie haben, wie
„mir Herr Z. noch besonders zu melden auf-
lägt, noch manchen Sterbenden gelabt . . .
„Gnusteit wird seit gestern energisch behandelt
„in Felge des scheußlichen Treibens seiner Be-
wohner, deren räuberische Hände sich an
„Tobten und Blessirten vergreifen. Die Fran-
„zosen haben gestern di? Genfer Convention
„nicht geachtet; sie tragen keine Binde. Bei den
„nächsten Erfolgen mehr ....

Kriege bis Zum SZege."
Unte^ dieser Ueberschrift bringt die Berlincr
„Volkszeitung" einen energischen Artikel, in dem
es u. A. heißt: Mögen die Feinde wähnen, mit
Einer gewonnenen Schlacht Deutschland zu zer-
brechen: mir werden sie lehren, daß Schlacht auf
Schlacht folgen muß, um Schritt auf Schritt
deutschen Boden zu gewinnen ! Mögen sie glauben,
daß Eine Wahlstatt an der Grenze die Entschei-
dungsstütte dieses Kampfes sei; wir werden ihnen
zeigen, daß das Schlachtfeld in Deutschland so
groß sei, wie das deutsche Vaterland selber. Mögen
sie Trinmphgcschrei ausstoßen an einem Tage:
wir werden es ihnen beweisen, daß Tag auf Tag
folgt, an welchem jeder neue Kriegerschaaren
deutschen Stammes erzeugt! Mögen sie geblendet
werden durch die Eitelkeit, nach Einem Triumph
den Frieden bieten zu können: wir werden ihnen
die Angen öffnen, daß dieser Friede nicht ge-
schloffen, sondern dictirt werden muß, dort oder
dort! entweder vom Feinde in Memel, oder von
uns in Paris! und nimmer, nimmer, nimmer
anderswo, selbst wenn Monate und Jahre darüber
hingehen !
Denn wissen soll der böse Feind, daß er
eine Nation heransgefordert, die nicht in Frivo-
lität an einem Tage jauchzt und am andern Tag
ermattet. Wissen soll er, daß wir nicht Söld-
linge ausseuden ans Abenteuer, um den Kitzel der
Eitelkeit zu fröhnen und einem Selbstherrscherge-
schlechte, das im Junera die Zügel verloren hat,
durch „Gloire" noch eine in Fünlniß sich auflö-
scnde Existenz zu fristen! Wissen soll der böse
Feind, daß das Glncksritterthuin bei uns noch
nicht um sich gegriffen, das im Schauen Eines
Glückstages sich berauscht, um am andern Tage
erschlafft im Genuß dahinzusinken. Wissen soll er,
daß wir nicht mit schnödem Geld uns loskaufen
vom bittern und schweren Kriegshandwerk, um uns
daheim im Kriegsgeschrei zu berauschen und nicht
Raufbolde, durch Gold gewonnen, hinanssenden,
der „großen Nation" die Lustbarkeiten eines
Triumphes zu bereiten. Wissen soll er, daß wir
arm und reich ohne Unterschied unsere Söhne und
unsere Brüder selber als Schutzwall unserer na-
tionalen Freiheit hinstellen und ihr Herzblut, unser
Herzblut, hingeben zum Opfer für unsere Selbst-
ständigkeit. Wissen soll der böse Feind, daß wir
nicht geleitet sind von einem Herrscherhause, das
nach einer verlorenen Schlacht sortgejagt wird aus
dem Lande! Wissen soll der böse Feind, daß

- nur schlachten verüeren können und doch «nimmer
neuer Kraft uns erheben werden, las wir den
Räuver vertilgt haben, der eiubricht in unsere
Fluren. Wisst«« soll er, vaß in jeoem Jüngling
ein Rächer bei uns dasteht, um, die Schmach der
Knechtschaft von uns nbznwätzen, und in jedem
Knaben ein Rächer aufwäcyst, um nach Jahren
immer wieder den Kamps mffzmiehmen- bis uns
der Sieg im vollen Maße zu' Theck gewvrdctl!
Der Feind , ihn vernichtet eine verlorene Schlacht,
uns stärkt ein jeder Ui-glücU-tag!
Nicht in der Rauflust des Mililür-DueAZ
ziehen wir aus, das auf schnellen Sieg berechnet
ist. Wir treten einen Krieg an,, der nur mit
unserm Untergang oder mit unser««« vollen Siege
endet und wir tragen die Ueberzeugung in unZ,
daß wir nicht untergehen werden!

Zur Tageögcschichte
— Graf Bismarck hat den Telegrammen
j über die Siege bei Wörth und Saarbrücken fol-
i gende Bemerkung hinzugefügt: „Die französischen
Armeen werden sich rückwärts concentrireit und
die entscheidende Schlacht bleibt dann allerdings
öorl, weiter in Frankreich hinein, noch zu schlagen.
Aber die unmenschliche mordbreiinerische Art der
Kriegführung, in der sie eine offene Stadt, wie
Saarbrücken, in Brand stecken, schreit zum Him-
mel fast noch mehr, als der auf Lünoerraub ge-
richtete Zweck ihres Kriegsanfalles aus unser streb-
liches Vaterland — und der Himmel wird sie
strafen durch den Arm unserer durch solche Ge-
waltthat zu verdoppelter ZorneswUth entflammter
Krieger!" . Z. A '
— Zur Inbetriebsetzung der französischen
Eisenbahnen im Rücken der deutschen Armee sind
die abkömmlichen Beamten der preußischen Staats-,
eisenbahnen nach Weißenburg oirigirt «vorder«. '
— Die „Pfälz. Ztg." schreibt: Der Bür-
germeister des eine Stunde von Weißenburg ge-'
legenen Dorfes Riedselz und sein Sohn erschlugen ,
am 4. auf dein Schlachifelde, tvie allgemein, er-
zählt wird, einen bayerischen Jäger, der verivnn-
det dalag und die Beiden um Hilfe anflehte.. Die ^
bayerischen Sanitätssoldaten bemerkten dies und
singe«« die Beiden, die ihre Wnth -über die Nie- '
derlage an einem wehrlosen Verwnndeten aus-
ließen. Sie wurden nach Bergzabern gebrächt
und «Verden dort wohl bereits ihren verdienten
Lohn erhalten haben.
— Ein Bericht der „Karlsr. Ztg." vorn
7. Morgens, aus dein Bivouak zu Oberdo.rfslau-'
tet: Heute ist Rasttag; unsere Truppen kommen
wieder nicht in die Avantgarde. Stimmung vor-
trefflich ; Verpflegung hier ausgezeichnet. Wir
hatten Wein, Ochse««-, Kuh- und Schweinefleisch,
Milch, Eier, Kartoffeln, Honig, aber kein Brod.
Es wird rücksichtslos requirirt, da die Bevölkerung
sich hier in ganz abscheulicher Weise benommen
hat. Alis Verwundete und auf das Sanität»-'
Corps ist aus den Häusern geschossen worden; ja
es wird versichtert, daß in einein Orte große
Gräuel gegen Verwundete verübt worden seien.
 
Annotationen