Amts-Merkündigungsölait für den Jezirk Schwetzingen.
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Zur Hagesgeschichte. .
Karlsruhe, 20. Dez. In der gestriges
Sitzung der 2. Kammer wurden die provisorischen
Gesetze über Ausgabe von Darlehenskaffenscheinen,
Einstellung der Exemtionen gegen Militärpersouen
und Einführung des Militärgesetzbuchs ohne De-
batte angenommen. Außerdem wurde der Erlas;
einer Adresse an den Grotzherzog beschlossen. Ver-
gleiche Beschluß war am Morgen in der 1. Kam-
mer gefaßt worden. In beiden Häusern wurden
Commisionen ernannt, welche zur Abfassung eines
gemeinschaftlichen Adressentwurfs zusammcngetreten
sind.
In der heutigen Sitzung der 2. Kammer
wurde dieser Entwurf mit allen gegen die Stim-
men von Bissing, Lender und Lindau angenom-
men. Der demokratische Abg. Kayser stimmte für
denselben. Baumstark und v. Feder waren nicht
anwesend. Voraussichtlich wird die Adresse auch
in der 1. Kammer noch heute unverändert ange-
nommen werden.
Die 2. Kammer ertheilie außerdem heute
dem Vertrage zwischen Baden und der Schweiz
über den Eisenbahnanschluß zwischen der von No-
manshorn nach Kreuzlingen in Ban begriffenen
sog. Seethalbahn und der badischen SAaatsbahn
bei Konstanz ihr? Zustimmung und überwies eine
Petition des Gcmeiuderaths der Stadt Kehl, den
Ersatz des durch die Beschießung verursachten
Schadens betreffend, der Regierung zur Kenntniß-
nahme.
Karlsruhe, 19. Dez. Gestern Abend kam
der badische Lazarethzug unter Führung Sr. Gr.
.Roheit des Prinzen Karl von Lagny zurück. Der-
selbe brachte von Lagny etwa 192 schwerverwundete
Soldaten und 17 deutsche und franz. Offiiziere,
von Luneville 104 leichter Verwundete u. Kranke.
Von den aus Lagny Kommenden sind für Karls-
ruhe etwa 60 Schwerverwundete, für Heidelberg
30 bestimmt, die übrigen sollen nach Schwetzingen
kommen.
Karlsruhe, 19. Dez. General . Glümer
ging heute mit erster lind zweiter Brigade gegen
Nuits und traf bedeutende feindliche Kräfte. Es
entwickelte sich ein ernstes Gefecht, das mit Sturm
von Bahnhof und Stadt Nuits endigte.
Feind zog mit Einbruch der Dunkelheit ab;
unsere Verluste leider nicht unerheblich.
Blessirt: Prinz Wilhelm von Baden, leicht
an der Wange, Geuerallieutenaut von Glümer,
leicht am Arm, Oberstlieutenant Hoffmann leicht,
Major von Gemmiugen, Hauptmann Jügerschmidt,
Adjutant Lessing, Bender, Neumayer, Gemehl,
leicht, Brigade-Adjutant von Röder, Graf Andlaw,
Waag.
Todt: Oberst von Renz, Hauplmaun Gockel,
Lieutenant von Degenfeld, von Noel, Portepeefähn-
rich Sachs; circa 300 Mann todt und verwundet.
Feindlicher Verlust an Offizieren und Mann-
schaft sehr bedeutend, mindestens 300 unverwuudete
Gefangene.
Stuttgart, 20. Dez. Abgeordnetenkammer.
Wahl von drei dem Könige zur Prüsideuteustelle
vorzuschlagenden Mitgliedern. Gewählt werden:
Weber, Hölder, Hofer — ausgeprägte Nationale.
Versailles, 18 Dez. (Offiziell.) Am 10.
Dez. nahm das 10. Armeekorps bei dem Gefechte
wodurch es in den Besitz von Vendome gelangte,
6 Geschütze und 1 Miträillense. Am 17. wurde
von den Teten des den Feind verfolgenden Korps
Epuisay nach leichten; Gefecht besetzt, 230 Gefangene
gemacht. Aufgefangene Dienstpapiere des nördlich
der Loire kommaudirenden Generals Chanzy kon-
statiren das Zusammenschmelzen der feindlichen
' Truppenstärke auf die Hälfte. Tete der von
pariser Aikder
aus neuester Zeit.
(Fortsetzung.)
So ging es bis nach Neuchatel.
Die Empfindungen zu schildern, die hier sich meiner
bemächtigten, wäre vergebliches Mühen; ich versuche, das
Oberflächlichste mitzutheilen.
Wenn gleich ich nur Liebe gefunden hatte auf meinem
ganzen Wege, konnte ich mich doch einer gewissen Bangig-
keit nicht entledigen und war froh, als in Verriores die
schweizerische Fahne auf dem Bahnhof flaggte.
Es wurde mir heimisch zu Muthe, denn nicht nur
war nur diese Flagge wohlbekannt seit Jahren; ich hatte
auch einen Bruder in Neuchatel zu finden.
Wir fahren in den Bahnhof ein.
Das erste Wort, das ich vernehme, ist in deutscher
Sprache (und das war wohlthuend): „Diejenigen, die aus
Frankreich kommen, wollen gefälligst vor dem Bahnhof
warten; sie werden Quartier und Pflege finden."
Für Quartier und Pflege für mich war durch meinen
Bruder gesorgt; ich bat, da ich krank war, nur um Angabe
desjenigen Gasthofis, wo ich ein Zimmer für mich allein s
finden konnte, denn der Andrang war ungeheuer.
Lambelet, der Polizeipräfekt von Neuchatel, begrüßte
nun, auf einen Tisch vor dein Bahnhofsplatz steigend, die
Ankommenden in offizieller Weise.
Jedem wurde sein Platz angewiesen und an diesem
Tage 1280 Personen in Privatquartieren untergebracht.
Eine Frau von 106 Jahren kam an, die man vom
Bahnhof nach der Stadt mit einem Wagen abholte.
Ein wahrer Wetteifer im Wohlthun war cs, der die
Bevölkerung dieser Stadt belebte.
Viele Einwohner lagerten auf Stroh, um recht viel
Unglückliche gut beherbergen zu können.
Für das Gepäck wurde gesorgt.
Einige Hundert Koffer waren um den Bahnhof herum
aufgeschichtet.
Man ließ sie unter Dach bringen und verhalf Jedem
zu dem Seinigcn.
In den meisten Fällen wurden unsere Landsleute hier
noch beschenkt bei ihrer Abreise.
Möge diese edle Handlungsweise den braven Bewoh-
nern von Neuchatel reichlich vergolten werden! Möchten
nie die Grausamkeiten eines Krieges dieses biedere Volk
heimjuchen, dieses schöne Land verwüsten!
Chartres aus gegen den Feind dirigirken Kolonnen
hatte bei Droue ein siegreiches Gefecht gegen 6
Bataillone. Gegner verlor hier über 100 Todte,
mehrere Proviantwagen und einen Viehtransport.
Diesseitiger Verlust: 1 Offizier, 35 Mann meist
leicht Verwundete.
London, 17. Dez. Timesdepesche aus
Versailles den 16. Dez. Die Pariser Forts sind
ruhig. Deutscherseits wird die Erbauung von
Batterien fortgesetzt. Eine französische Abtheilung
wurde bei Chateandun znrückgeschlagen.
Bordeaux, 16. Dez. Gambetta verweilt
noch immer bei der Loirearmee. Es ist noch un-
bekannt, wann er hierher kommt.
Bordeaux, 16. Dez. Die Regierung än-
dert die Blokade-Erklürnng dahin ab, daß Rouen,
Fecamp und Dieppe in Blokadezustand erklärt, der
Hafen von Havre hiervon ausgenommen sein soll.
Bordeaux, 17. Dez. Aus Tours wird
gemeldet, preußische Plänkler haben sich am 17.
Dez. bei Montrichard (Thal des Cher, östlich von
Tours) gezeigt, seien jedoch wieder abgezogen.
Die Armee des Generals Chanzy wurde gestern
nicht angegriffen. Der Großherzog von Mecklen-
burg griff Freteval (zwischen Chateaudnn und Ven-
dome) an, besetzte Nachts die Ortschaft, die am
folgenden Tage die Franzosen wieder besetzten.
Der Großherzog griff die Franzosen bei Vendome
an. Heftiger Kampf, dauerte bis in die Nacht.
— Ans Havre, 15. Dez. wird gemeldet, der
Feind scheint bedeutende Truppenkräfte in der
Umgegend zu konzentriren und bei Pvetot ein ver-
schanztes Lager zu errichten. — Aus Havre, 17.
Dez. Die militärische Lage hier ist unverändert.
In der Umgegend von Havre und Honflenr sind
keine Preußen mehr.
Nach dreitägigem Aufenthalt ging ich von hier fort,
I immer näher der ersehnten Heimath zu.
Unterwegs waren überall Hülfsbureaux errichtet und
ohne die allergeringste Ausgabe kam man von Neuchatel
bis Nomanshorn.
Dort ging's auf's Dampfboot; der Kapitän, ein Schwei-
zer, fragte einfach, ob man aus Frankreich komme und nach
Bejahung dieser Frage hatte man freie Fahrt über das
schwäbische Meer.
Wir waren sieben Schwaben., die aus Paris kamen;
alle hatten wir seit lange das liebe Vaterland nicht gesehen
und höher und höher schlug das Herz, als wir am jensei-
tigrn Gestade anlangten.
Vor Freude hatte das Herz höher geschlagen; aber sie
währte nur kurz.
Wir steigen aus.
Ein Gensdarm (wenn wir dessen Benehmen nicht ge-
radezu roh nennen wollen, so nennen wir es zum minde-
sten äußerst unfreundlich) fuhr uns wörtlich an: .Die
wo aus Frankreich kommen, stehen hier her (auf seine rechte
Seite zeigend) und kommen dann mit mir!"
Wohl alle fragten wir uns, was dieser Empfang zu
bedeuten habe.
(Fortsetzung folgt.)