Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1870

DOI Kapitel:
August (Nr. 90b - 103a)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.30183#0387

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Dienstag, 1«. August 1870. Xa. W, Vierter


Amts-Merkündiglmgsöüttt für den Wezirk Schmetzingen.


Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la t t. — Alle Postanstalten und Boten Tiehmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 45 kr.
I n serate die dreigespaltene Petitzeil; oder deren Raum 3 kr. L s k a l a n z e i g e n 2 kr.

Mom Kriegsschauplatz.
Muttchen, 12. Aug. (Amtlich.) Das erste
bayerische Armee-Corps befindet sich nach vollen-
detem Vogesen-Uebergang in Diemeringen (Arron-
dissement Saverne.)
Berlin, 14. Ang. Offizielle militärische
Nachrichten aus dem großen Hauptquartier. H e rn y,
13. August, Abends 10 Uhr 30 Minuten. Ein
feindliches Bataillon, von Metz per Bahn ans
Pont-a-Mousson dirigirt, zog, als unsere Infan-
terie heute früh die Stadt besetzte, mit Hinterlas-
sung feines Gepäcks eiligst ab. Nancy ist vom
Feinde geräumt. Unsere Cavallerie zerstörte nörd-
lich der Stadt die Buhn nach Frouard. Andere
Cavallerieabtheiluugen nahmen Fouragelransporte
in den Vorposten der auf dem Glacis von Metz
noch befindlichen französischen Truppen.
Berlin, 13. August. Offizielle militärische
Nachrichten.
St. Avold. 12. August. Die französische
Armee hatte die Position an der französischen
Nied zur Verteidigung eingerichtet; trotzdem ist
sie gestern bei Metz über die Mosel zuriickgegangen.
Unsere Kavallerie vor Metz Pont-a-Mousson und
Nancy. Abtheilungen unserer Armee vor Straß-
burg eingetroffen. In Lichtenberg, Lützelstein und
an verschiedenen andern Stellen sind große Ma-
gazine und Militärvorrülhe vorgefunden worden.
Aus Metz, 13. August wird gemeldet: Ver-
stärkungen treffen ein und Freiwillige eilen herbei.
St. AvölÄ, 12. August. Der König von
Preußen hat eine Proklamation erlassen, deren
erster Artikel also lautet: „Die Conscription ist
in der ganzen Ausdehnung des von den deutschen
Truppen occupirten französischen Gebiets abge-
schafft."
Nach einer badischen Correspondenz der „A.
Allg. Zig." wird seit mehreren Tagen schweres
Belagerungsgeschütz von Rastatt aus über den
Rhein geschafft, um bei einer etwaigen Belagerung
Straßburgs verwendet zu werden.
Im Hauptquartier zu MttttDslshcim, 12.
Aug. Straßbnrg ist jetzt so gut wie vollständig
zernirt; Badener und Preußen, sowie einige Bayern
halten die Festung in weitem Bogen von hier aus
bis aus die Südseite eingeschlossen. Die Beschie-
ßung hat noch nicht begonnen, doch sind alle Vor-
bereitungen zu derselben getroffen. — Die Truppen
sind meist in den umliegenden Ortschaften einquar- >
tiert; diejenigen Orte, die von Einquartierung
verschont geblieben sind, haben täglich bestimmte
Quantitäten von Lebensmitteln zu liefern. Aus
einigen find fast alle Einwohner nach Straßburg
entflohen. Zu haben ist hier wieder fast nichts,
doch ist für die Truppen sehr gut gesorgt. — Se.
Königl. Hoheit der Großherzog befindet sich jetzt
wieder bei den Truppen; sein Hauptquartier ist
Lampertheim.
Ein Berichterstatter der „Köln. Ztg.", der
auf dem Vormarsch der 2. Armee über die Grenze
den Spichercr Berg besucht hat, um sich den Schau-
platz des gewaltigen Kampfes vom 6. Aug', der

bekanntlich durch ExtraVerschanzuugen befestigt war
anzusehen, schreibt u. A.:
Diese Position zu veranschaulichen durch Be-
schreibung oder Photographien ist unmöglich. Man
muß ihn von allen Seiten in Kolonnen erstiegen!
haben, um das Geschehene als eine zweite Düppeler-
stürmung begreifen zu tönnen. Besäet mit Leichen
französischer Soldaten sind Wälder und Felder.
Unsere Piouire müssen uns die Wege über die
Hochebene bahnen durch Wegräumen der Leichen-
haufen. Auf den höchsten Kämmen der Lauf-
gräbeugürtel, welche serpentinenartig den Berg
umgeben, hangen die Zerfetzten Franzosenleichen,
Offiziere und Gemeine, wie eine rothe Garnitur.
Große Abtheilungen unserer Piouire arbeiten sich
in den Schweiß, die Gräben für diese Leichenhaufen
von Menschen und Pferden zu schaufeln und in
den rothen Bergfels einzuhauen. Aus großen
Gruben ragen Fäuste und rothe Hosen heraus,
die allmälig unter den Schaufeln unserer Soldaten
verschwinden. Ein von uns gefangener französi-
scher Offizier erklärte uns offen, daß im französi-
schen Lager die Stellung des Spichererberges für
uneinnehmbar gehalten wurde, und vier preußische
Jnfanterieregimenter haben sie im Frontsturm ge-
nommen. Diese Wunder deutscher Tapferkeit, die
im heroischen Kriegsmuth denen der alten Spar-
taner glcichkommen, mußten allerdings die franzö-
sische Armee mit einer Panik erfüllen, die sie zur
wildestcn Flucht angetrieben. Unsere zur Ver-
folgung ausgesandte Kavallerie hat denn in der
Thal alle Fühlung mit dem Feinde spurlos ver-
loren. Wir treffen im Dorfe Spicheren ein. Lager-
requisiten der Franzosen, die hier aus dem Vivouak
aufgeschencht worden, fallen in unsere Hände.
Ganze Zeltlager, Pferdegeschirre, Waffen in zahl-
losen Mengen.

Tagesgeschichte.
— Unter der Ueberschrift: „Der weitere Kriegs-
schauplatz" enthält die Berliner halbamtliche Pro-
vinzialcorrespondenz folgende Notiz: Die deutsch-
französische Grenze, welche vor 8 Tagen als vor-
aussichtlicher Kriegsschauplatz beschrieben wurde, ist
cs heure schon nicht mehr: nicht mehr zwischen
den Vogesen und dem Rhein, nicht mehr an der
Saar werden die weiteren Kümpfe statifinden, son-
dern weiter hinein in Feindes Lauo, auf dem
Wege nach der Hauptstadt Paris, dem Herzen
Frankreichs.
Zwischen der Saar und Mosel und dann
zwischen der Mosel und Maas werden voraussicht-
lich die nächsten KAnegSereignisse vor sich gehen.
Westlich von der Saar erstreckt sich das Pla-
teau von Lothringen, begrenzt im Westen von der
Mosel, im Süden von der Meurthe. An der
Mosel liegen fast in senkrechter Linie übereinander
Nancy im Süden, die starke Festung Metz in der
Mitte und Thiouville nördlich. Zwischen Nancy
und Metz treten die Gebirgsabhänge steiler, zwi-
schen Metz und Thiouville flacher an die Mosel
heran.

Das Gebiet westlich von der Mosel bis zur
Maas (Meuse) ist nach allen Seiten duech Festun-
gen stark geschützt, an der Mosel, wie erwähnt,
Metz und Thiouville und südlich jenseits Nancy
noch Toul, an der Maas etwa in gleicher Linie
mit Metz die Festung Verdun, nördlich nach Bel-
gien zu Sedan. Schon der Eintritt in dieses
Gebiet ist, abgesehen von den festen Plätzen, auch
durch die Breite der Mosel erschwert, welche na-
mentlich von Metz ab über 200 Fuß betrügt. Das
Terrain selbst ist im mittleren und südlichen Theile
dieses Gebiets wellenförmig und überall mit guten
Wegen versehen.
Paris, 12. August. Im Gesetzgebenden
Körper theilt Palikao mit, daß die Entlassung Le-
boeuf's als Major-General angenommen worden
sei und fügt hinzu, binnen 14 Tagen würden
70,000 Mann zur Armee abgeschickt werden. Der
Minister des Innern theilt mit, es sei die Absicht
der Regierung, alle deutschen Unterthanen vom
französischen Gebiet zu vertreiben. Pelletan tadelt
diese Maßregel. Chevreau erwidert, die Austrei-
bung solle mit Mäßigung in Anwendung gebracht
werden.
Deutschland.
* Schwetzingen, 15. August. Die große
edle ritterliche Nation der Franken, wie kleinlich,
wie niedrig kann sie in ihrer blinden, ohnmäch-
tigen Wuth denken und handeln.
S ä m m t l i ch e Deutsche werden vom
f r a n z ö s isch e n G e bi e t e ve r t ri e b e n, Ver-
trieben, weil es diesen eitlen Narren und Gecken
unerträglich ist, die Angehörigen eines feindlichen
Nachbarstaates in ihrer Mitte zu wissen, die wahr-
scheinlich mit innerer Befriedigung Zeugen der
Züchtigung und Demüthigung dieser übermüthigen
Nace sind!
Es liegt eine abscheuliche Härte in dieser
Maßregel und wird höchst wahrscheinlich gar manche
Existenz dadurch in Frage gestellt.
Daß deutscher Seits eine ähnliche Maßregel
ergriffen wird ist höchst unwahrscheinlich; ein
Sieger kann großmüthig sein, ein Unterliegender
von der Sorte wie Frankreich scheut auch nicht die
verwerflichste Handlungsweise, seinem verbissenen
Grolle Luft zu schaffen!
Karlsruhe, 13. August. Die französische
Regierung hat, Angesichts der zunehmenden Erbit-
terung des Volkes, die sofortige Ausweisung der
Deutschen aus Frankreich — mit wenigen Aus-
nahmen — beschlossen. Die Norddeutschen werden
über Belgien, die Süddeutschen durch die Schweiz
nach der Heimath geschickt.
Die Angehörigen der in Frankreich wohnen-
den Badener werden aufgefordert, den Letzteren,
im Vedürfnißfall, Geldmittel zur Heimreise und
zur Abwickelung ihrer Geschäfte zugehen zu lassen.
Das Großh. Ministerium ist bereit, ihm zu
diesem Zweck zugewiesene Gelder zur Uebermittlung
auzunehmen.
Berlin, 12. August. Der „Staatsanzeiger"
schreibt: Alle im freien Verkehr des Zollvereins
 
Annotationen