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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1870

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Dezember (Nr. 142 - 154)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30183#0591

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Donnerstag, 8. Dezember



Amts-Werkündigungsökatt für ven Bezirk Schwetzingen.




Erscheini wSchentüch drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g S b la t t. — Alle Postanstalteu und Baten nehmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 45 kr.
Inserate die dreigespaltme Petitzerle oder deren Raum 3 lr. Lokalanzeigen 2 kr.

Zur Hagesgeschichte. .
Karlsruhe, 4. Dezember. Die vom „Fr.
Jomn." gebrachte Nachricht, a!Z sei in Baden^
uuc> zwar in der Nähe von Karlsruhe, die Rin-
derpest ausgebrochen, ist durchaus unbegründet.
Berlin, 5. Dez. Das Schreiben des Kö-
nigs von Baiern an den König Wilhelm lautet
wie folgt :
„Nach dem Beitritt Süddeutschlaird? zum
Berfassungsbünduiß werden die Ew. Majestät über-
tragenen Prüsidialrechte über alle deutschen Staa- i
teil sich erstrecken. Ich habe Mich zu deren Ver-!
einigung in einer Hand in der Ueberzeugung,
bereit erllärt, daß dadurch den Gesainmtiniercssen
des, deutschen Vaterlandes und seiner verbündeten
Fürsten entsprochen werde, zugleich aber im Ver-
trauen, daß die dem Vundespräsidium nach der
Verfassung zustehenden Rechte der Wiederherstellung
eines deutschen Reiches und der deutschen Kaiser-
würde als Rechis bezeichnet werden. welche Em.
Majestät im Namen des gestimmten deutschen Va-!
terlaudes auf Grund der Einigung seiner Fürsten I
ausüben.
Ich habe Mich daher an die deutschen Für-
sten mit dem Vorschläge gewendet, gemeinschaftlich
mit Mir bei Ew. Majestät in Anregung zu brin-
gen , daß die Ausübung der Prüsidialrechte mit
Führung des Titels eines deutschen Kaisers
verbunden werde. Sobald mir Ew. Majestät und
die Verbündeten Fürsten ihre Willensmeinnng kund-
gegeben haben, würde Ich Meine Regierung be-
auftragen. das Weitere zur Erzielung der entspre-
chenden Vereinbarungen einzuleiien.
Stuttgart, 6. Dez Der „Staatsanzeiger"
schreibt: Der .König stimmt dem Vorschlag des
Köicigs von Baiern zu: gemeinschaftlich mit den
deutschen Fürsten bei dem König von Preußen an-

zuregeu, daß mit der Führung des Vnndesprä-
sidiumS der Kaisertitel verbunden sei. Heute ist
Oberstleutnant Franzinger mit einem Handschre -!
ven Sr. Mai. nach Versailles abgegangen.
Versailles, 5. Dez. An die Königin Ap -'i
gusta: Orleans wurde ohne Sturm genommen.
Versailles, 4. Dezember, 12 Uhr Nachts.
Ter König an die Königin: Nach zweitägiger
Schlacht der 2. und Mecklenburgischen Armee
nahm das Korps Maustein die Vorstadt St. Jean
und den Bahnhof von Orleans beute Abend, die
andern Korps stehen bereit, morgen die Stadt zu j
nehmen. 30 Geschütze, über 1000 Gefangene;
Verlust mäßig. Division Wrangel verlor am
meisten. Hier beut/ alles ruhig.
Versailles, 4. Dezember, 10 Uhr Abds.
Am 3. warfen Kolonnen Friedrich Karls den
Feind über Cbillienrs, Coursy, Bois und Cbevilly
hinaus in der Richtung auf Orleans; 3. und 9.
Armeekorps nahmen je ein Geschütz, diesseitiger
Verlust nicht bedeureno. — Vor Paris brach der
Feind die dem Gesechtsselde vom 2. gegenüber
geschlagenen Brücken bei Brie am 4. ab, zog sich
hinter die Marne zurück. — Bei Ausräumung
der Ltthlachifeloer von Amiens fanden sich noch 9
feindliche Feldgeschütze und bedeutendes Kriegs-
material vor.
Versailles, 3. Dez. Heute kein Gefecht
von Erheblichkeit, doch scheint sich der Feind vor
Viucennes noch zu verstärken. —' Treskow's Di-
vision nahm gestern (gegen die französische Loire-
armee) 7 Kanonen, machte 1800 Gefangene, da-
runter ein General, 20 Offiziere. — Fontaine,
3. Dez. Heute Nacht Batterieen erbaut, aus de-
nen Belsort jetzt, 3 Ubr Morgens, beschossen wird.
Regiment Ostrowoski nahm die uöthigen Positio-
nen und vertheidigte sich mit größter Bravour.

Die feindliche Armee in Paris bat heute kei-
nen neuen Versuch znm Durchbruch unternommen.
Telegramm an die Königin. Versailles,
4. Dez. Gestern hat Prinz Friedrich Karl mit
dein 3. und 9. Korps den Feind bei Chevilly und
Chillenrs (aus dein Wege von Pithiviers nach Or-
leans, östlich von Arlenay) in den Orleanswald
geworfen, 2 Kanonen genommen.
Dresden, 4. Dez. Prinz Georg telegra-
phirt: Der Verlust der wachsen am 30. Novbr.
und 2. Dezbr. beträgt 1500—2000 Mann. Die
Regimenter 104, 106, 107 und 108 zählen 15
Offiziere todt, 63 verwundet. 3000 Gefangene
gemacht.
Tours, 4. Dez. Die Regierung veröffent-
licht folgende Mittheilnng: Die Loirearmee hat
den Vormarsch eingestellt, da sie vor sich beträcht-
liche Streitkräfte des Feindes gefunden hat. Die
französische Armee ging in feste Stellungen zurück,
welche sie vor Orleans behauptet hat. Dieselbe
Ptt die Fortsetzung der Bewegung vertagt. Der
Feind scheint Streitkräfte zwischen Pithiviers, Ar-
tcnay und Orgeres zu konzentricen.
Berlin, 4. Dez. Bei Annahme des Kaiser-
iitelv aus Wunsch der deutschen Fürsten wird nach
der Ueberzeugung Unterrichteter Wilhelm I. zugleich
König von Preußen mit letzterer Bezeichnung blei-
ben. Der Kaisertttel bedeutet die Uebernahme
hoher Würde in Deutschland.
Die Negierung soll jede sachliche Abänderung
der süddeutschen Verträge als Verwerfung derselben
zurückweisen.
Frankreichs Zulassung zur Orientkonferenz
setzt voraus, daß die Provisor. Regierung keines-
wegs ihre eigene förmliche Anerkennung verlange.
Berlin, 5. Dezbr. Die „Nordd. Allg.
Zeitung" schreibt: Heute aus Paris cingetroffene
militärische Nachrichten drücken Bewunderung aus

Pariser Milder
ans ncrrester Zeit.
(Fortsetzung.)
Bei. der großen Freiheit des Arbeiters einerseits und
der grenzenlosen Unordnung in der Frcmdcnpolizei anderer-!
seits war es zur Unmöglichkeit geworden, Namen, Stand!
und Wohnort der Deutsche II zu wissen, ja man kannte nicht!
einmal deren Zahl.
Die Verlegenheit war nicht groß.
Was inan durch ehrliche Mittel nicht erreichen konnte,
erreichte man durch List.
Die Regierung ließ durch Maueranschläge kund thun,
daß alle Unterthancn derjenigen deutschen Staaten, mit
welchen Frankreich im Kriege stehe, sich binnen 3 Tagen
bei dem Polizei-Kommissar ihres Quartiers zu melden hät-
ten, um Ausenthaltskarten in Empfang zu nehmen, ohne
deren Besitz alle betreffenden Deutschen den französischen
Boden zu verlassen hätten, wenn ne sich nicht der Gefahr
aussetzen wollten, als Spione knirschtet und demgemäß be-
handelt zu werden.

Der Köder war vorzüglich; der Zweck erreicht.
Nichts Arges ahnend, strömürr die Deutschen nach den
i Bureaux der Polizei-Kommissäre.
Es war am 18. August.
Ich wohnte in dem Stadttheilc, wo die meisten meiner
Landsleute von der großen Pariser Kolonie sich angesiedelt
hatten.
Zu Hunderten waren sie da, die Opfer eines gemeinen
Betruges.
Ich trete, als die Reihe an mich gekommen war, vor
den Kommissär, zeige ihm meine legitimirtcn Papiere und
ein Zcugniß, das mir der verantwortliche Direktor des
„Journal o'ficiel" mit anerkennenswcrther Freundlichkeit
angebotcn hatte in dem Glauben, daß ich dadurch leicht der
Ausweisung entgehen könne.
Alles wird sorgfältig geprüft,
»Ihr Zeu griß hat absolut gar keinen Werte/, sagte
mir der Bureau-Chef, „und in Ihrem Arbeitsbuche befindet
sich kein Eintrag seit 4 Jahren. Was haben Sie gemacht
während dieser Zeit?"
Ich mußte mich nun besinnen, wo überall ich gearbei-
tet und gewohnt hatte seit 4 Jahren und da? ist nicht die

! leichteste Arbeit. denn die Deutschen in Paris sind in den
- ersten Jahren ihres dortigen Aufenthalts wahre Zugvögel.
Es gelang mir, alle Lücken auszufüllcn und beglaubi-
gen zu lassen und so kehrte ich andern Tags zurück, in der
frohen Hoffnung, meine Aufenthaliskarte ohne Weiteres zu
bekommen.
Vergebliches Hoffen !
Im Bureau angekommcn, wurden meine Papiere ganz
in Ordnung gefunden; der Kommissär nimmt einen gedruck-
ten Zettel, und mich scharf betrachtend füllt er ihn aus:
es war mein Signalement; Stirne, Nase, Mund, Haare rc.
alles wurde ausgezeichnet und nun: „wie alt?" — „welche
Profession?" -- „ans welcher Provinz?" und so gings forr.
Alles dies war in meinem Passe eingetragen, allein im
Bureau verstand Niemand deutsch.
Als dies geschehen war, vernahm ich ein gleichgültiges
i „Sie können gehen".
„Aber, Sic werden entschuldigen, meine Karte."
- „Darum haben Sie sich nicht zu kümmern."
So erging es mir und Allen.
Jetzt wußte man, wie viele Deutsche da waren, Wa-
ste machten, wo sie sich befanden , welchem Lande sie ange--
' hörten und hatte deren Signalement,
 
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