Sonntag, 28. August 1870. No. 1«2. s. Vierter
Kmts-Mcrkündiguiigsblatt für den Bezirk Schwetzingen.
Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la t t. - Alle Postanstalten nnd Boten nehmen Bestellungen an. — P r e i s vierteljährlich 45 kr.
Inserate die dreigespaltene Pctitzeile oder deren Raum 3 kr. L s k a l a n z e i g en 2 kr.
LLbonnements pro Monat
September werden täglich
entgegengensmmen.
Jom Kriegsschauplatz.
Vom Kriegsschauplatz berichtet der „Preuß.
Staatsanzeiger" :
Am Morgen des 19. d. M. wurden der
Oberstlieutenant v. Verdy und der Hauptmann
v. Winterseld — beide vom Generalstabe des
großen Hauptquartiers Sr. Mas. des Königs —
als Parlamentärs nach Metz gesandt. Es sollten
Briese höherer französischer Aerzle, welche auf dem
Schlachtfelde zurückgeblieben waren, dort abgegeben
und Verabredungen getroffen werden, in welcher
Weise das Schicksal der verwundeten Franzosen
durch Heranziehen von ärztlichen Kräften aus der
Festung erleichtert werden könnte.
Sobald die vorgenannten Generalstabsoffiziere
unsere Vorposten passirt hatten, ritten sie im
Schritt, vor sich einen Dragoner mit wehender
weißer Fahne und einem Trompeter, der in kur-
zen Zwischenräumen Signale blies.
Sehr bald näherte sich von links eine feind-
liche Husarenpatrouille, welche dann die Parla-
mentärs cotoyirend beobachtete. Nachdem diese Pa-
trouille bis auf 100 Schritt heran war, gab sie
Feuer. Der Oberstlieutenant v. Verdy ließ so-
fort halten, die weiße Fahne schwenken und Sig-
nale blasen. Die Patrouille sprengte im Galopp
in der Richtung auf Metz davon.
Die Parlamentärs ritten wiederum im Schritt
und unter strenger Beobachtung der oben ange-
deuteien Formalitäten vor. Ein französischer Jn-
fanterieposten an einem Gehöft, unweit Longeau
an der Metzer Straße war jedenfalls von ihrem
Erscheinen durch die erwähnte Cavalleriepatrouille
benachrichtigt worden. Dieser Posten, welchem
das Terrain während geeraumer Zeit das Heran-
kommen der Preußen zu sehen gestattete, konnte
über die friedlichen Absichten der langsam Vor-
reitenden unmöglich in Zweifel sein. Diesseits
wurde man dieses Postens erst auf 80 Schritte
gewahr.
Oberstlieutenant von Verdy befahl sofort zu
halten, das betreffende Signal zu blasen nnd die
Fahne zu schwenken. Die Franzosen beantwor-
teten diese friedlichen Zeichen durch wiederholte
Schüsse. Als nun endlich sogar eine Sektion
ausschwärmte und zu feuern anfing, ward der
Befehl zum Zurückreiten gegeben. Der preußische
Trompeter — Berlin, 1. Escadron 11. Dragoner-
Regiments — wurde verwundet, fiel vom Pferde,
entkam aber schließlich dem feindlichen Feuer.
Auf diese Weise war es unmöglich, die Mis-
sion, welche zum Besten der verwundeten franzö-
sischen Soldaten dienen sollte, zu erfüllen.
Der „Staatsanzeiger" kommt heute nochmals auf die
absolnte Mißachtung der Genfer Convention von
Seiten der Franzosen, sowie ihr völkerrechtswidriges Ver-
halten gegen Parlamentäre zurück und sagt schließlich:
Zlm der Ehre der deutschen Heere und des deutschen Volkes
willen rufen wir Europa zum Zeugen dieser barbarischen
Kriegsführung auf. Unseren Feinden ist in Algerien,
China, Mexiko die Kenntlich und Beobachtung der Forder-
ungen gesitteter Völker abhanden gekommen."
(Offizielle militärische Nachrichten.) Seitdem
23. d Abeuds wird die Stadt und Festung Straß-
burg von Kehl aus mit Belagerungsgeschützen be-
schossen, von der Südfront rechts mit Feldartil-
lerie und von der Nordfront seit dem 24. d. früh
mit Belagerungsgeschützen. Die Vorposten stehen
500 bis 800 Schritt von der Festung. Der
Schaden in Straßburg ist bedeutend. Kleine Pul-
vermagazine sind in die Luft geflogen. Die Ci-
tadelle, Magazine und eine große Anzahl von
Gebäuden steht in Flammen. Die Verluste dies-
seits sind sehr gering. — v. Werder.
Unter den wenigen Ruhetagen, welche der
3. Armee bei ihrem energischen und glücklichen
Vordringen bisher vergönnt waren, bildet das
Lager in der volkreichen Stadt Nancy den Höhe-
punkt. Auf der ,,xlL66 Ktunistg-Z", in deren mo-
numentalen Bauwerken die letzte Epoche lothrin-
gischer Herrschaft vor dem Uebergang des Landes
an Frankreich sich verherrlicht hat, entfaltet sich
ein militärisches Bild, dessen lebhafte Mannichfal-
tigkeit schwer zu beschreiben ist. Um das Denk-
mal Stanislaus Lecinsky's, welches die Milte des
Platzes einnimmt, "bewegen sich zahlreiche Trupps
bayerischer und preußischer Soldaten, die Offiziere
stehen in dichten Gruppen bei einander und be-
sprechen die neuesten Nachrichten, die von den Ge-
fechten bei Metz eingelaufen sind; zwischen den
Colonnenwagen, die den ganzen Platz umgeben,
marschirt soeben im Paradeschritt, mit seiner Fahne,
ein Bataillon des preußischen 37. Infanterieregi-
ments auf, um fortan, an Stelle der 58er, die
zu ihrer Division zurückkehren, den Nachtdienst
und die Bedeckung des Hauptquartiers zu über-
nehmen.
Vor dem Absteigequartier des Kronprinzen
im Hotel de France (rue de la Poiffonnerie)
hatte sich heute Abend eine unabsehbare Menschen-
menge eingefunden. Man lauschte den Klängen
der bayerischen Militärmusik, die vor dem Haupt-
quartier spielte. Bald nach 8 Uhr traf die erste
Nachricht von dem neuen Siege der deutschen
Waffen bei Metz »in. Die Soldaten, die sich
vor den Thüren des Hotels angesammelt hatten,
begrüßten die rasch verbreitete Kunde mit lautem
Hurrahrufen, das Musikcorps stimmte aus Ver-
langen die deutsche Volkshymue an. Der Kron-
prinz, umgeben von den Officieren, erschien selbst
auf der Straße.
Heute Vormittag verweilte der Kronprinz
längere Zeit in dem Militürhospital von Nancy,
das durch die Anordnungen der Generalärzte
Böger und Wilms in ein Lazareth für die preu-
ßischen Verwundeten umgewandelt worden ist. Eine
Anzahl von Blessirten hat bereits hierher gebracht
werden können. Der Kronprinz ließ sich die Ver-
wundeten Mann für Mann vorstellen und unter-
richtete sie von dem glücklichen Erfolg, welchen die
deutschen Armeen am 16. errungen.
Lützelburg, 24. Aug. Die kleine, drei
Viertelstunden von hier entfernte Bergfeste Pfalz-
burg (UllalsUorrrA) ist noch nicht in unfern Hän-
den, obwohl schon mehrmals das Gerücht von
ihrer Uebergabe oder Einnahme sich verbreitet hat.
> Auf der anderei: Seite sind die Nachrichten von
! großen Verlusten, welche die deutschen Truppen
dort erlitten haben sollen (der französische Kriegs-
^ minister Palikao hat ja von 1300 Mann gefaselt)
! genau eben so aus der Luft gegriffen.
A u s t a rr d.
Paris, 26. Aug. (Gesetzgebender Körper.)
Montpeyroux tadelt streng die Proklamation des
Maires von Chalons und des Präfekten von
Nancy, worin die Bevölkerung aufgefordert wird,
die Preußen gut anfzunehmen. Solches Benehmen
vernichte den Patriotismus. Der Minister des
Innern theilt die Absetzung des Präfekten von
Nancy mit; über den Maire von Chalons sei
noch kein Bericht eingelaufen.
Paris, 23. Aug. Einer Korrespondenz des
„Bund", welche die Zustände in Frankreich sehr
günstig beurtheilt, entnehmen wir Folgendes:
Seit wenigen Tagen wurden in den Depar-
tements noch 402,000 Gewehre ä la. taHackiars
vertheilt. Der Vorstand der hiesigen Gemehrfa-
brikanten bot dem Kammerausschuß gestern die so-
fortige Lieferung von 300,000 Chaffepots sammt
Patronen an. Die Bestimmung der aus Paris
abgegangenen Freischützen-Bataillone ist unbekannt.
Zahlreiche Corps aus Südfrankreich begaben sich
nach Belfort, Mühlhausen und Kolinar. Frei-
schützen aus der Vendee zogen gestern durch Paris
nach Osten. Ebenfalls gestern kamen 3000
Freischützen aus Anjou an. Abtheilungen aus
allen westlichen Departements und vom Littorale
des Oceans treffen täglich ein. Jeder ist mit
einen: Doppelgewehr und einer Jagdtasche versehen,
welche ein Pfund Pulver, Biscuit, Wein und
Branntwein enthält.
Palikao besitzt den Ehrgeiz, sich unsterblich
zu machen, indem er, wie einst der Convent nnd
Carnot, das Nationalheer und den Sieg organi-
sirt. (!) Trochu will seine Unsterblichkeit an die
Belagerung von Paris knüpfen. (!) Thiers sucht
die Krone seines Ruhmes darin, daß die von ihm
erbauten Festungen von Paris die Nation retten. (!)
Die Republikaner, deren Meinung heute Paris
und das Land schier beherrscht, verfügen über die
Volksmassen einer Stadt von 2 Millionen Ein-
wohnern: hinter einer Reihe von Forts und Wäl-
len, innerhalb welchen die Hnnnenschlacht geliefert
werden soll. Gambetta im Namen der Republi-
kaner, verlangte von Palikao und Trochu nur,
8 Tage früher von der angehenden Belagerung
verständigt zu werden, um Zeit zu haben, die
Massen auch für den Volkskrieg und Straßenkampf
zu organisiren. Die Republikaner erwarten diesen
Augenblick, um alle Diplomatie über Bord zu
werfen und ihr Pronunciamento zu 'machen, aber
auch den Kampf zu revolutioniren. Palikao,
Trochu, Thiers sind davon verständigt und haben
auch gegen die revolutionäre Energie des Patrio-
tismus keine Einwendung. (!) Gambetta versichert,
daß die Pariser Volksmassen mit dem Muth und
der Wuth der Juni-Jnsurgentcn unter dem Coin-
mando Trochn's kämpfen wollen, jedoch unter der
Bedingung, für ihren Theil unter der Fahne der
Kmts-Mcrkündiguiigsblatt für den Bezirk Schwetzingen.
Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la t t. - Alle Postanstalten nnd Boten nehmen Bestellungen an. — P r e i s vierteljährlich 45 kr.
Inserate die dreigespaltene Pctitzeile oder deren Raum 3 kr. L s k a l a n z e i g en 2 kr.
LLbonnements pro Monat
September werden täglich
entgegengensmmen.
Jom Kriegsschauplatz.
Vom Kriegsschauplatz berichtet der „Preuß.
Staatsanzeiger" :
Am Morgen des 19. d. M. wurden der
Oberstlieutenant v. Verdy und der Hauptmann
v. Winterseld — beide vom Generalstabe des
großen Hauptquartiers Sr. Mas. des Königs —
als Parlamentärs nach Metz gesandt. Es sollten
Briese höherer französischer Aerzle, welche auf dem
Schlachtfelde zurückgeblieben waren, dort abgegeben
und Verabredungen getroffen werden, in welcher
Weise das Schicksal der verwundeten Franzosen
durch Heranziehen von ärztlichen Kräften aus der
Festung erleichtert werden könnte.
Sobald die vorgenannten Generalstabsoffiziere
unsere Vorposten passirt hatten, ritten sie im
Schritt, vor sich einen Dragoner mit wehender
weißer Fahne und einem Trompeter, der in kur-
zen Zwischenräumen Signale blies.
Sehr bald näherte sich von links eine feind-
liche Husarenpatrouille, welche dann die Parla-
mentärs cotoyirend beobachtete. Nachdem diese Pa-
trouille bis auf 100 Schritt heran war, gab sie
Feuer. Der Oberstlieutenant v. Verdy ließ so-
fort halten, die weiße Fahne schwenken und Sig-
nale blasen. Die Patrouille sprengte im Galopp
in der Richtung auf Metz davon.
Die Parlamentärs ritten wiederum im Schritt
und unter strenger Beobachtung der oben ange-
deuteien Formalitäten vor. Ein französischer Jn-
fanterieposten an einem Gehöft, unweit Longeau
an der Metzer Straße war jedenfalls von ihrem
Erscheinen durch die erwähnte Cavalleriepatrouille
benachrichtigt worden. Dieser Posten, welchem
das Terrain während geeraumer Zeit das Heran-
kommen der Preußen zu sehen gestattete, konnte
über die friedlichen Absichten der langsam Vor-
reitenden unmöglich in Zweifel sein. Diesseits
wurde man dieses Postens erst auf 80 Schritte
gewahr.
Oberstlieutenant von Verdy befahl sofort zu
halten, das betreffende Signal zu blasen nnd die
Fahne zu schwenken. Die Franzosen beantwor-
teten diese friedlichen Zeichen durch wiederholte
Schüsse. Als nun endlich sogar eine Sektion
ausschwärmte und zu feuern anfing, ward der
Befehl zum Zurückreiten gegeben. Der preußische
Trompeter — Berlin, 1. Escadron 11. Dragoner-
Regiments — wurde verwundet, fiel vom Pferde,
entkam aber schließlich dem feindlichen Feuer.
Auf diese Weise war es unmöglich, die Mis-
sion, welche zum Besten der verwundeten franzö-
sischen Soldaten dienen sollte, zu erfüllen.
Der „Staatsanzeiger" kommt heute nochmals auf die
absolnte Mißachtung der Genfer Convention von
Seiten der Franzosen, sowie ihr völkerrechtswidriges Ver-
halten gegen Parlamentäre zurück und sagt schließlich:
Zlm der Ehre der deutschen Heere und des deutschen Volkes
willen rufen wir Europa zum Zeugen dieser barbarischen
Kriegsführung auf. Unseren Feinden ist in Algerien,
China, Mexiko die Kenntlich und Beobachtung der Forder-
ungen gesitteter Völker abhanden gekommen."
(Offizielle militärische Nachrichten.) Seitdem
23. d Abeuds wird die Stadt und Festung Straß-
burg von Kehl aus mit Belagerungsgeschützen be-
schossen, von der Südfront rechts mit Feldartil-
lerie und von der Nordfront seit dem 24. d. früh
mit Belagerungsgeschützen. Die Vorposten stehen
500 bis 800 Schritt von der Festung. Der
Schaden in Straßburg ist bedeutend. Kleine Pul-
vermagazine sind in die Luft geflogen. Die Ci-
tadelle, Magazine und eine große Anzahl von
Gebäuden steht in Flammen. Die Verluste dies-
seits sind sehr gering. — v. Werder.
Unter den wenigen Ruhetagen, welche der
3. Armee bei ihrem energischen und glücklichen
Vordringen bisher vergönnt waren, bildet das
Lager in der volkreichen Stadt Nancy den Höhe-
punkt. Auf der ,,xlL66 Ktunistg-Z", in deren mo-
numentalen Bauwerken die letzte Epoche lothrin-
gischer Herrschaft vor dem Uebergang des Landes
an Frankreich sich verherrlicht hat, entfaltet sich
ein militärisches Bild, dessen lebhafte Mannichfal-
tigkeit schwer zu beschreiben ist. Um das Denk-
mal Stanislaus Lecinsky's, welches die Milte des
Platzes einnimmt, "bewegen sich zahlreiche Trupps
bayerischer und preußischer Soldaten, die Offiziere
stehen in dichten Gruppen bei einander und be-
sprechen die neuesten Nachrichten, die von den Ge-
fechten bei Metz eingelaufen sind; zwischen den
Colonnenwagen, die den ganzen Platz umgeben,
marschirt soeben im Paradeschritt, mit seiner Fahne,
ein Bataillon des preußischen 37. Infanterieregi-
ments auf, um fortan, an Stelle der 58er, die
zu ihrer Division zurückkehren, den Nachtdienst
und die Bedeckung des Hauptquartiers zu über-
nehmen.
Vor dem Absteigequartier des Kronprinzen
im Hotel de France (rue de la Poiffonnerie)
hatte sich heute Abend eine unabsehbare Menschen-
menge eingefunden. Man lauschte den Klängen
der bayerischen Militärmusik, die vor dem Haupt-
quartier spielte. Bald nach 8 Uhr traf die erste
Nachricht von dem neuen Siege der deutschen
Waffen bei Metz »in. Die Soldaten, die sich
vor den Thüren des Hotels angesammelt hatten,
begrüßten die rasch verbreitete Kunde mit lautem
Hurrahrufen, das Musikcorps stimmte aus Ver-
langen die deutsche Volkshymue an. Der Kron-
prinz, umgeben von den Officieren, erschien selbst
auf der Straße.
Heute Vormittag verweilte der Kronprinz
längere Zeit in dem Militürhospital von Nancy,
das durch die Anordnungen der Generalärzte
Böger und Wilms in ein Lazareth für die preu-
ßischen Verwundeten umgewandelt worden ist. Eine
Anzahl von Blessirten hat bereits hierher gebracht
werden können. Der Kronprinz ließ sich die Ver-
wundeten Mann für Mann vorstellen und unter-
richtete sie von dem glücklichen Erfolg, welchen die
deutschen Armeen am 16. errungen.
Lützelburg, 24. Aug. Die kleine, drei
Viertelstunden von hier entfernte Bergfeste Pfalz-
burg (UllalsUorrrA) ist noch nicht in unfern Hän-
den, obwohl schon mehrmals das Gerücht von
ihrer Uebergabe oder Einnahme sich verbreitet hat.
> Auf der anderei: Seite sind die Nachrichten von
! großen Verlusten, welche die deutschen Truppen
dort erlitten haben sollen (der französische Kriegs-
^ minister Palikao hat ja von 1300 Mann gefaselt)
! genau eben so aus der Luft gegriffen.
A u s t a rr d.
Paris, 26. Aug. (Gesetzgebender Körper.)
Montpeyroux tadelt streng die Proklamation des
Maires von Chalons und des Präfekten von
Nancy, worin die Bevölkerung aufgefordert wird,
die Preußen gut anfzunehmen. Solches Benehmen
vernichte den Patriotismus. Der Minister des
Innern theilt die Absetzung des Präfekten von
Nancy mit; über den Maire von Chalons sei
noch kein Bericht eingelaufen.
Paris, 23. Aug. Einer Korrespondenz des
„Bund", welche die Zustände in Frankreich sehr
günstig beurtheilt, entnehmen wir Folgendes:
Seit wenigen Tagen wurden in den Depar-
tements noch 402,000 Gewehre ä la. taHackiars
vertheilt. Der Vorstand der hiesigen Gemehrfa-
brikanten bot dem Kammerausschuß gestern die so-
fortige Lieferung von 300,000 Chaffepots sammt
Patronen an. Die Bestimmung der aus Paris
abgegangenen Freischützen-Bataillone ist unbekannt.
Zahlreiche Corps aus Südfrankreich begaben sich
nach Belfort, Mühlhausen und Kolinar. Frei-
schützen aus der Vendee zogen gestern durch Paris
nach Osten. Ebenfalls gestern kamen 3000
Freischützen aus Anjou an. Abtheilungen aus
allen westlichen Departements und vom Littorale
des Oceans treffen täglich ein. Jeder ist mit
einen: Doppelgewehr und einer Jagdtasche versehen,
welche ein Pfund Pulver, Biscuit, Wein und
Branntwein enthält.
Palikao besitzt den Ehrgeiz, sich unsterblich
zu machen, indem er, wie einst der Convent nnd
Carnot, das Nationalheer und den Sieg organi-
sirt. (!) Trochu will seine Unsterblichkeit an die
Belagerung von Paris knüpfen. (!) Thiers sucht
die Krone seines Ruhmes darin, daß die von ihm
erbauten Festungen von Paris die Nation retten. (!)
Die Republikaner, deren Meinung heute Paris
und das Land schier beherrscht, verfügen über die
Volksmassen einer Stadt von 2 Millionen Ein-
wohnern: hinter einer Reihe von Forts und Wäl-
len, innerhalb welchen die Hnnnenschlacht geliefert
werden soll. Gambetta im Namen der Republi-
kaner, verlangte von Palikao und Trochu nur,
8 Tage früher von der angehenden Belagerung
verständigt zu werden, um Zeit zu haben, die
Massen auch für den Volkskrieg und Straßenkampf
zu organisiren. Die Republikaner erwarten diesen
Augenblick, um alle Diplomatie über Bord zu
werfen und ihr Pronunciamento zu 'machen, aber
auch den Kampf zu revolutioniren. Palikao,
Trochu, Thiers sind davon verständigt und haben
auch gegen die revolutionäre Energie des Patrio-
tismus keine Einwendung. (!) Gambetta versichert,
daß die Pariser Volksmassen mit dem Muth und
der Wuth der Juni-Jnsurgentcn unter dem Coin-
mando Trochn's kämpfen wollen, jedoch unter der
Bedingung, für ihren Theil unter der Fahne der