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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1870

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September (Nr. 103b - 116a)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30183#0423

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No. 105. jz.

Vierter Jahrgang.

Dienstag, 6. September 1870.


Amts-Merkündigungsölatt für den Bezirk Schwetzingen.

B arische H gpfenzciiu n g.

Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe L o n n t a g s b la t t. — Alle Postanstalten und Boten nehmen Bestellungen an. — P r e i s vierteljährlich 45 kr.
Inserate die dreigespaltene Pctitzeile oder deren Raum 3 kr. Lskalan zeigen 2 kr.

Dom Krlegsschauplah.
Telegramm an ihre Majestät die Königin
Augusta in Berlin.
Varcmres, 4. Lept. Vormittags 8 Uhr.
Welch ein ergreifender Augenblick, der der Begeg-
nung mit Napoleon. Er war gebeugt, aber wür-
dig in seiner Haltung und ergeben; Ich habe ihm
Wilhelmshöhe bei Kassel zum Aufenthalt gegeben.
Unsere Begegnung fand in einem kleinen Schlöß-
chen im westlichen Glacis vor Sedan statt. Von
dort beritt ich die Armee um Sedan. Den Em-
pfang durch die Truppen kannst Du Dir denken:
unbeschreiblich! Beim Eiubrechen der Dunkelheit
halb 8 Uhr, hatte ich den vstündigen Ritt beendet
kehrte aber erst um 1 Uhr hierher zurück.
Wilhel >n
Brüssel, 3. Sept. Das Journal „Echo
du Parlemeut" veröffentlicht einen Bericht über
die Vorgänge des gestrigen Tages, dessen Einzel-
heiten von dein Kriegscorrcspondenten der „Pall
Mall Gazette" herrühren. In dem Berichte wird
miigetheilt, daß gestern nach einem wüthendeu
Kampfe bei Sedan ein Parlamentär in das Preu-
ßische Lager gesendet wurde, dessen Vollmachten
zum Unterhandeln nicht als genügend erklärt wur-
den. Es wurde dann General O'Reilly, Kom-
mandant'des Platzes Sedan, abgesendet. Der
König von Preußen verlangte Ergebung aus
Gnade und Ungnade, da es unmöglich sei, daß
sich die Armee in Sedan vertheidige. Man wußte
noch nicht, daß Napoleon anwesend sei. Bald
jedoch verbreitete sich unter den preußischen
Truppen das Gerücht, der Kaiser sei da. Es lief
sodann ein Brief Napoleons ein. in welchem er
erklärte, da es ihm nicht möglich geworden sei, an
der Spitze seiner Truppen zn fallen, übersende er
seinen Degen dein Könige von Preußen. Auf
diese Nachricht durchlief das preußische Heer ein
Freudenschrei. Die Musikbaudeu spielten Uamtamt
xonr ln tHmio (?) und die Marseillaise (?). Als
Bismarck beglückwünscht wurde, antwortete er:
„Richten Sie Ihre Glückwünsche an den König
und Moltke, ich habe in dem Kriege nichts ge-
than, wohl aber die Unterstützung der süddeutschen
Staaten erlangt, der wir einen großen Theil des
Erfolges danken." Bald fuhr der Kaiser in offe-
nem Wagen, dem zwei Ulanen voraufritten, durch
das Lager. Er schien sehr ruhig und rauchte eine
Cigarette. Eine Correspondenz der „Etoile beige"
meldet, daß General Failly von einem Soldaten
getödtet worden sei. Eine andere Version lautet
dahin, daß der Herzog von Magenta, ausgebracht
über die Unfähigkeit Failly's, denselben habe er-
schießen lassen. Man sagt, Mac Mahon sei ver-
wundet worden, als er sich baarhäuptig und mit
offener Brust iu das Handgemenge gestürzt habe,
um den Tod zu suchen.
Brüssel, 3. Sept. Der kaiserliche Prinz
ist in Chimay eingetrofsen und im Schloß des
Fürsten Chimay abgestiegen. Die Zahl der nach
Belgien übergelreteneu Franzosen betrug gestern
10,000. Alle niedergelegteu Waffen werden vor-

läufig nach Namur gebracht; mit ihnen 400 Ar-
tilleriefahrzeuge, 1200 Pferde und 2 Geschütze.
Brüssel, 4. Sept. Kaiser Napoleon passirte
mit Gefolge und in Begleitung eines preußischen
Generals gestern Bouillon, um sich über Lüttich
nach Deutschland zu begeben.
U us l a u V.
Paris, 4. Sept. In der gestrigen Senats-
sitzung theilt David mit, ein Ausfallsversuch Ba-
zaiue's scheiterte trotz der heldemnüthigsten An-
strengungen, welche vom preußischen Könige aner-
kannt wurden. Mac Mahon sei gezwungen, sich
in die Umgebung Sedans zurückzuziehen. Die
preußischen Nachrichten sind noch ungünstiger für
uns, scheinen aber nicht glaubwürdig (!) Unsere
Unglücksschläge schwächen nicht unsere Energie, son-
dern verdoppeln sie vielmehr. Die Vertheidigung
von Paris sei im besten Zustande, so daß Paris
na h dem Urtheile competenter Personen allen feind-
lichen Angriffen Widerstand leisten kann. Wir
werden Paris ans den Festungswerken und Stra-
ßen vertheidigen, und wenn nöthig, uns unter
seinen Trümmern begraben lassen! Legislative.
Favre sagt: Wir sind darin essnig, uns bis zum
Tode zu vertheidigen. Favre schlügt vor, die Exe-
cutive in die Hände Trochus zn coucentriren. Pa-
likao protestirt iu der Kammer.
Paris, 4. Sept. Legislative. Palikao theilt
am Sonntag Mittag 1 Uhr mit, daß ein Theil
der Armee bei Sedan capitulirt habe und der
Kaiser gefangen sei. Diesen Nachrichten gegen-
über sei jetzt jede Discussion unmöglich, er ver-
lange Vertagung bis morgen. Julius Favre bringt
den Vorschlag ein, erklärend, der Kaiser und seine
Dynastie seien dadurch den ihnen durch die Ver-
fassung verliehenen Rechten verlustig; er verlange
daher die Bildung einer Commission der Legisla-
tive mit Regierungsrechten, welche den Feind ver-
treiben soll; zugleich solle Trochu als Generalgou-
verueur von Paris bestätigt werden. Die Kammer
nahm den Vorschlag mit tiefem Schweigen auf,
und beschließt Sonntag Nachmittag eine Sitzung.
B a D e u.
Schwetziugeu, 6. Sept. Wir haben au
den Erfolgen der deutschen Waffen nie gezweiselt,
aber daß sie solche beispiellose sein würden, wie
die jüngsten Tage sie aufzuweisen haben, das hätte
sich gewiß Niemand träumen lassen!
Mac Mahon wird mit der ganzen Armee
gefangen und Napoleon überliefert sich dem Schutz-
herrn Deutschlands!
Frankreich und Paris sind damit ihrer letzten
Ltreitkrüstc beraubt, da auch jeder Versuch Bazaiues,
aus Metz auszubrechen, blutig zurückgewieseu wor-
den ist und so wird nun der Vormarsch auf Paris
mit aller Energie wieder ausgenommen werden
und das blutige Drama zu Ende gehen!
Auf nach Paris! Und wenn sie es wagen,
dem siegreich heranstürmeuden Feinde die Stirne
zu bieten, dann möge diese Hexentüche aber auch
einmal gründlich ausgeräuchert und den blasirten

Windbeuteln des modernen Sodom die Augen ge-
hörig ausgewischt werden!
Paris ist das Nest, in welchem das Uuglücksei
des deutsch-frauzös. Krieges gelegt und ausge-
brütet wurde und solange Paris nicht dem Sieger
gedemüthigt und gebrochen zu Füßen liegt, so
lange ist der Krieg, der jetzt schon Ströme Blutes
kostete, nicht beendigt, der Sieg nur ein halber.
Jene, die in frivolem Dünkel den Frieden
gebrochen, sie müssen nun auch die Früchte ihrer
Frevelthat ernten; ein heilsamer Schreck ist nöthig,
um sie von ihrer Rauflust ein für allemal zu
bekehren!
Aus Stadt und Land.
Schwetzingen, 6. Sept. Am Samstag
Abend allgemeiner Jubel um des Sieges bei iL> e-
dan und der Gefangennahme Napoleons willen!
Umzug der Säuger und der Feuerwehr unter Lie-
derklang und Trommelschlag. Viele Häuser der
Stadt waren Prächtig illuminirt.
Hsckenheim, 4. Sept. Die gestrige Nach-
richt vom Kriegsschauplätze, daß die ganze Armee
des Marschalls Mac Mahon in Sedan kriegsge-
sangeu; oer von schwindelnder Höhe herabgestürzte
Kaiser Napoleon seinen blutigen Degen zu den
Füßen des greisen Heldeukönigs W ilhel m nie-
dergelegt habe, wurde auch hier mit unendlichem
Jubel ausgenommen.
In wenigen Augenblicken prangte das ganze
Dorf in festlichem Fahnenschmücke und verkündigten
zahllose Böllerschüsse und feierliches Glockeugeläute
das unerwartet glänzende Ereigniß, — eine nicht
zu beschreibende Siegesfreude, welche den ersehnten
baldigen Frieden erhofft, war aus allen Gesichtern
bemerkbar.
Der Abend versammelte eine große Zahl hie-
siger Bürger im Gasthaus zur Kanne, wo bei
Musik und Gesang, bei kernigen und gediegenen
Toasten, ausgebracht auf uuseru bewährten und er-
habenen Schlachtenführer, auf unsere braven und
tapfern Truppeil, auf ein einiges, freies Deutsch-
land re. bald die freudigste und brüderlichste Stim-
mung Platz griff. — Ein nicht enden wollender
Jubelruf erscholl — durch die massenhaft sich auf
der Straße augesammelte Volksmenge — als mit
einem Mal, wie aus dem Boden gezaubert, ein höchst
brillantes Feuerwerk die Nacht in der verschieden-
artigsten Farbenpracht erhellte.
Nie wird uns dieser Sieges- nnd Freuden-
tag aus der Erinnerung schwinden!
„Hurrah Germania!"
Neueste Hopfemrachrichteu.
* Schwetziugeu, 6. Sept. In den letzten
Tagen wurden fortwährend kleine Käufe zu sl.
45 — 50 abgeschlossen und zeigt sich weder eine
Erhöhung noch ein Herabgehen der Hopfenpreise.
Seit einigen Tagen haben wir prächtiges,
warmes Weiter, welches das Trockenwerden des
Hopfens, sehr fördert.
RiN'ttüerg, den 2 September. Die heutige Markt-
zufuhr aus einigen zwanzig Säcken bestehend, wurde
 
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