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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1870

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Juli (Nr. 77 - 90a)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30183#0309

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Amts-Merkündiglmgsbkatt für den Bezirk Schwetzingen.

Kadilche Hopscnzeitnng.

Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t ag s b la tt. - Alle Postanstalten und Boten nehmen Bestellungen an. — P r e i s vierteljährlich 45 kr.
Inserate die dreigespaltene Petitzeile oder deren Raum 3 kr. L s k a l a n z e i g e n 2 kr.

Ultramontane Aussichten.
Bisher hat das Gewand der Hoffnung immer
für grün gegolten, jetzt ans einmal scheint es schwarz
geworden zu sein. „Die Katholiken (sollte aber
heißen: die Ultramontanen) erfechten Laeg ans
Sieg", triumphirt der „Pfälzer Bote." In Bel-
gien das Resultat der partiellen Neuwahlen der
liberalen Partei entschieden ungünstig, in , Oester-
reich und im Nordbund Eingreifen der Katholiken
mit entschiedenen Programmen in die Bewegung
Bi Baiern trotz des Abgangs von Bücher u. Lucas
doch noch ein bestimmender Einfluß des ultramon-
tanen Gedankens unter den „Patrioten" — wie
kann es da noch fehlen ? Freilich, noch werfen die
Eoncilsdebatten über die Unfehlbarkeit einige trübe
Schatten in diese freudige Zuversicht, aber nicht
lange mehr und dieser peinlich ungewisse Zustand
ist vorüber. Mögen dann immer einige Tausende
der s. g. Gebildeten der katholischen Kirche den
Rücken kehren — fort mit ihnen ! die Spreu wird
vom Weizen gesondert und die „streitende Kirche"
wird ihre wahrhaft Getreuen nur um so fester um
sich schaaren.
In der That, die großen Vortheile, welche
diese compacte, von Nom dirigirte Blasse im Kampfe
mu uns auf ihrer Seite hat, sind nicht zu verken-
nen. Wie entrüstet immer die schwarzen Herren
ihr Pfui schreien über den Vorwurf, daß sie Kan-
zel und Beichtstuhl für ihre Zwecke gebrauchen —
sie werden damit Niemanden irremachen. Dieser
Vorwurf an sich ist ja noch gar nicht das Schlimm le.
Würden Kanzel und Beichtstuhl verwendet zu Gun-
sten einer Politik, die lediglich auf Berücksichtigung
der individuellen Bedürfnisse eines bestimmten
Landes gerichtet wäre, so wäre anch das freilich
nicht zu rechtfertigen, aber doch mit dem Drange
eines aufrichtigen Patriotismus zu entschuldigen.

Aber gibt es denn einen Patriotismus für die
Werkzeuge der römischen Kirche ? gibt es für sie
ein politisches Wirken, das seinen Zweck fände ein-
zig und allein in der Lösung der staatlichen Aus-
gaben eines bestimmten Landes? Wir sagen: nein!
Der römische Klerus ist ein einheitlicher und un-
theilbarer Organismus, gehorchend allein dem ge-
meinsamen Oberhaupte, dem römischen Stuhle;
die einzelnen Staaten können für ihn höchstens
eine Art provinzieller Bedeutung haben. Und diese
geschlossene Organisation soll jetzt noch straffer zu-
sammengefaßt, soll durch die päpstliche Unfehlbar-
keit zu ihrer höchsten Vollendung geführt werden.
Brauchen wir noch zu sagen, was das für die
politische Wirkmmkeit der Geistlichen bedeuten will?
Mit einem bewundernswertsten Cynismus ist die
gesummte moderne Kultur von der römischen Curie
verflucht, ist sie dar^-'' lli als der absolut unver-
söhnliche Feind der Kirche, den es zu bekämpfen
gelte auf Leben und Tod. Aber mit dieser Kul-
tur ist der heutige Staat auf's innigste verwachsen.
Was anders also ist es, als der unversöhnliche
Kamps wider den Staat, zu welchem sich jeder
unbedingt treue Diener des römischen Papstes fortan
verpflichtet fühlen muß? Er kann nicht zaudern,
nicht zweifeln; denn der römische Stuhl ist ja un-
fehlbar, was er bestehlt, ist das einzig Wahre, es
muß geschehen. Und von einem Menschen, der
unter dem Banne dieser Macht steht, dürste ein
unbefangenes, lediglich die wirklichen Bedürfnisse
berücksichtigendes Handeln in den Angelegenheiten
des Staats oder der Gemeinde erwartet werden?
Im Gegentheil! in Zukunft noch weit ärger, als
bisher, wird lediglich das Interesse der römisch-
jesuitischen Politik die bestimmende Triebfeder seiner
Thätigkeit, wird lediglich die Herrschaft Roms über
den Erdkreis, wie sie einem Gregor VII. vorge-
schwebt, das höchste Ziel seiner Sehnsucht sein.

Das ist die Politik, welche sich der Kanzel und
des Beichtstuhls bedient, und eben weil es diese
Politik ist, die von außen unterstützte u. comman-
dirte, die überall antinationale, die überall staats-
feindliche — daru m ist der Ultramontanismus
eine gefährliche Macht.
Im Bewußtsein solch' drohender Stärke mag
man sich im römischen Lager immerhin einen An-
flug von freudiger Hoffnung erlauben. Die Herren
wissen ja, daß ihr Hmiptgegner, Liberalismus
keine einheitlich organisirte Weltmacht, sondern daß
er in die Schranken einzelner Nationalstaaten ein-
geschlossen und zertheilt ist, ja daß seine Ziele je
nach der besondern Natur der verschiedenen Staaten
sehr verschiedene sind. Nichtsdestoweniger werden
die schwarzen Hoffnungen bitter getäuscht werden.
So gewiß eine einmal erkannte Wahrheit wohl
hie und da verdunkelt, aber niemals vernichtet wer-
den kann, so gewiß wird der Sache des Liberalis-
mus, als der Sache der Humanität, der Bildung,
der geistigen Freiheit, der Sieg verbleiben. Daß
sie in Belgien nicht allzulange am Ruder bleiben
werden, das wissen die' Herren Ultramontanen
ebensogut wie wir. Und in Baiern, in Oesterreich
— gut, mögen sie dort einmal wieder zu Kräften
kommen; ihr sauberes Agitationsmittel, die Ver-
kürzung der durch das liberale Regime eingeführten
Dauer der Schulpflichtigkeit, wird schon in einer
einzigen Wahlperiode seinen Zauber verlieren.
Freilich, sie wissen sich in die Verhältnisse zu
schicken; geht's nicht auf gradem Wege, nun, auch
die krummen führen nach Rom. Wer hört z. B.
in Baden etwas von Verkürzung der Schulzeit?
So plump darf man diesem aufgeklärteren Volke
nicht kommen. Nein, da ist der Ultramontanis-
mus auf einmal zum Vorkämpfer, ja zum Mär-
tyrer der idealsten Freiheit geworden. Warum
denn auch nicht bis über den Scheitel hinunter-

Länder- und Völkerkunde.
(Schluß.)
Alles Andere der Sonne und dem Nil an-
heimgebend, kehrt er erst wieder, wenn die Halme
unter der Last der Körner zur Erde sinken; um
sie nun abzumüheu, aber auch sogleich eine zweite
Aussaat vorzubereiten. In dieser Periode entfaltet
die Natnr Aegyptens ihre üppigste Pracht, die
Alles übertrifft, was man in den gepriesensten
Gegenden Europa'-- bewundert. Das ganze Nil-
thal ist eine Prairie voll Aehren und Blüthen;
berauschend wogen die Düste der Orangen und
Mimosen, der Jonquillen, Lupinen und der süßen
Kleearten, und über dieser gesegneten Erde wölbt
sich in unbeschreiblicher Klarheit das Firmament,
wolkenlos bei Tag und wolkenlos bei Nacht; aber
im Aether funkeln nah und groß die Sterne. In-
zwischen fällt der dieses Wunder schaffende Strom
mit jeder Woche. Nur aus sparender Cisterne
lenkt jetzt der Aegyptier das Wasser von einer
Furche des Ackers zur andern. Ist er ein etwas
begüterter, so nimmt er das Kameel oder den

Stier zur Hilfe und baut sich ein auf- und ab-
steigendes Werk mit Thonkrügen, die sich füllen
und leeren. Die Zahl solcher Schöpfwerke und
Cisternen mag an die Hunderttausende betragen, ihre
Einrichtung aber gehört sicher dem höchsten Alter-
thum an, und schon in der Bibel (5 Mos. 11, 10)
wird daraus angespiclt. Und wunderbar! selbst
eine so dürftige, ureinfache Bewässerung genügt
heute wie ehedem, um dem Boden eine so hohe
Fruchtbarkeit zu verleiben. In dieser Kornkammer
der Welt ist wirklich kaum ein Monat ohne Ernte.
In den Gärten reift jede edle Frucht von der
Banane bis zur Olive, auf den Feldern jedes
Getreide; schon Ende Januars steht der Weizen
3 Fuß hoch und die Gerste in schweren Aehren;
viermal in 3 Monaten wird der alexandrinische
Klee geschnitten, und Hanf und Flachs erreichen
eine in Europa umsonst erzielte Länge und Fein-
heit des Gewächses. Neben diesen Pflanzungen
ziehen Felder voll der verschiedenartigsten Gemüse
und süß schmeckender Zwiebeln, ziehen Reis- und
Maisstrecken entlang, wechselnd mit dem Dickicht
des Zuckerrohrs oder mit Baumwollen- und Jn-
digopstanzungen. Wo endlich nichts mehr gedeiht,

da erhebt sich noch die edle Palme, und auf den
Dünen und Bänken des Nils blühen Mohn und
Tabak, von köstlichen Melonen umlagert. Und
natürlich, daß an dieser reichgedeckten Tafel sich
auch eine reiche Thierwelt versammelt. In der
Fluth Weich- und Schalthiere, Fische, darunter
jener merkwürdige Zitterrochen, dessen elektrische
Kräfte schon im Alterthum bekannt waren; an
den Ufern Jnsecten, Amphibien, Nager, die Heer-
den der Büffel und Kameele; in den Lüften Vögel
jeder Art und ohne Zahl. Neben den Schwär-
men der Tauben und Schwalben umkreist der nackt-
halsige Geier die grauen Kuppeln der Dörfer, wäh-
rend über den Strom mit schwerem Fiügelschlage
der Pelikan zieht, und im Schilf des Papyrus
der prächtige Flamingo und die Arten der Reiher
und Störche auf Beute lauern. Selbst die zier-
lichen Barken, die zu Hunderten die Wasser Hinanf-
und hinabgleiten, gleichen mit ihren dreieckigen,
sche.neuartig gekreuzten Legeln nur riesigen
Schwimmvögeln. Mit einem Worte, es begegnet
dem Ange allenthalben das vielgestaltigste, wechsel-
vollste Leben. — Das Sinken des Nils erfolgt
nach umgekehrter Regel, als sein Steigen. Zuerst
 
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