D°„mr?aq, S. Oktober 1870. ^o. U8. -i-.ener ^ayrgang.
Ers.Heini wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la t t. - Alle Pvstanstalten und Voten nehmen Bestellungen an. — P r e i s vierteljährlich 45 kr.
Inserate die dreigespaltene Pctitzeile oder deren Nauin 3 kr. L » k a l a n z e i g e n 2 kr.
Dom Kriegsschauplatz.
Aus dem Hauptquartier des Königs von
Preußen, Fcrrieres, 27. Sept., wird dem
„Slaatsanzeiger" u. A. geschrieben: Die ernste i
Lehre, welche das Corps des Generals Duerot am
19., nördlich von Sceaur, empfangen, und welche
eine vollstanöige Deronte von drei Divisionen Li-
nientruppen herbeigeführt, scheint den General
Trochu veranlaßt zu haben, keinen zweiten Ver-
such dieser Art zu wagen, wenigstens hat er selbst
in seinem Tagesbefehl vom 23. zugestanden, daß
die Znaven in Folge einer .firisxplicmUls xauigrw"
ohne einen Schuß zu thun, das Schlachtfeld flie-
hend Verlusten haben. Freilich leugnet General
Trochu auch den Verlust von 7 Kanonen in der
provisorischen Verschanzung vor den Forts Vanves
und Montrouge, welche Geschütze sich indessen wirk-
lich in den Hilden der Sieger befinden. Die
Commnnikation zwischen Paris und Tours wird
Lurch kleine Luftballons und Tauben unterhalten,
wie durch den in Tours tagenden Theil der augen-
blicklichen Regierung bei Bekanntmachung der Na h-
richten aus Paris besonders bestätigt wird. Die
sämtlichen Forts kansniren fortdauernd aus jede
Patrouille oder Feldwache, sowie auf jeden Punkt,
wo ne einen deutschen Soldaten vermuthen, und
find an einem Tage, dem 24., allein 2500 Schüsse j
meist schweren Kalibers, gefallen. Ueberall stehen
unsere Truppen außerhalb des Bereichs dieser Ge-
schütze ; die Vorposten Zwar innerhalb desselben,
aber gut gedeckt, so daß diese Art des Gebrauches
schwerer Artillerie wohl nur dazu bestimmt ist,
den Parisern den Glauben beizubringcn, es fände
überhaupt schon ein Kampf statt. An Wiederher-
stellung derjenigen gesprengten Brücken und Tunel,
welche für die Heranschaffung der Belagerungs-
irains hinderlich wären, wird mit großer Kraft
gearbeitet. Die vor Ton! gebrauchten schweren
Geschütze werden mit den in dieser Festung er-
oberten nicht vor Paris gebracht werden, sondern
haben eine anderweitige Bestimmung erhalten. Von
einer Volksbewaffnung, Franclirenrs u. s. w. zeigt
sich in dem weitesten Umkreise der um Paris ver-
sammelten Truppen keine Spur. Die früher von
Paris aus verbreiteten Aufrufe zur Bildung be-
waffneter Corps und Bauden haben rund um
Paris keinen irgend bemerkbaren Erfolg gehabt.
Die Wenigen, welche diesen Aufrufen vor Ankunft
..der deutschen Truppen gefolgt sind, befinden sich
in Paris selbst. Gestern ist abermals ein kaiser-
lich russischer Feldjäger als Courier mit Depeschen
aus St. Petersburg ini königlichen Hauptquartier
eingetroffen.
— Ein Ausfall, den die in Metz eingeschlossenen
Franzosen am 27. machten, endete erst nach lan-
gem erbitterten Kampfe mit der Zurückweisung der
Angreifer. Ich zählte, berichtet ein Correspondent
des „Franks. Journ." in der Minute ca. 20 Ka-
nonenschüsse, dazwischen Gewehrsalven und Mitrail-
lensenschüsse. Die Verluste sollen auf beiden Seiten
nicht unbedeutend sein. Unsere 10. Jäger wurden
in ihrem Standquartier von den Bauern Ver-
ratheu und sah ich später mehrere der letztern
gefangen einbringen. Von St. Barbe bemerkte
ich sechs brennende Dörfer; sie waren theils von
den Franzosen, theils von den Preußen in Brand
geschossen.
Mrmdolsheim, 30. Sept. (Offiziell.)
Heute Einzug in Straßbnrg, sodann feierlicher
Gottesdienst in der Thomaskirche; über 500 fran-
zösische Offiziere Unterzeichneten Ehrenscheine, 50
bis 100 gingen in Gefangenschaft. Zahl der Ge-
fangenen noch nicht festgestellt, da noch fortwährend
deren eingeliefert werden. Beute in Straßbnrg
beträchtlich ; 1070 Kanonen bis jetzt gezählt, 2
Millionen Francs Staatseiaenthnm in der Ban!
ermittelt, 8 Millionen noch zweifelhaft. Munition
und besonders Tnchvorräthe sehr bedeutend.
Müllheim, 2. Oct. Gestern und heute
hat die 4. ostpreußifche Reservedivision unter Ge-
neral v. Schmeling den Uebcrgang über den Rhein
bei Nenenbnrg bewirkt. Derselbe erfolgte in Fähren
und Kähnen. Zu einem Kampfe ist es dabei nicht
gekommen.
Zur Hagcsgeschichte.
— Die preußische Kommandantur in Straß-
burg hat eine Bekanntmachung anschlagen lassen,
deren Hanptverordnnngen folgende sind: Der Kriegs-
nnd Belagerungszustand besteht noch fort. Ver-
gehen und Verbrechen werden standrechtlich bestraft.
Alle Waffen sind sofvn an die preußische Kom-
mandantur abzuliesern. Alle Zeitungen und Druck-
sachen bis ans Weiteres verboten. Alles Privat-
eigenthum wird respcknrt. Wirthshäuser um 9
Uhr zu schließen. Nach dieser Stunde muß jeder
Civilist eine Laterne tragen. Die Stadtbehörden
haben Quartiere ohne Verpflegung für etwa 800
Mann zu besorgen.
— Die Belagerungsarbeiten gegen Paris
nehmen ihren rüstigen Fortgang. Unweit Sevre,
dem Bontoguer Gehölz gegenüber, haben unsere
Truppen in der vergangenen Nacht eine mächtige
Schanze errichtet; bei Bougival ist eine Ponton-
Brücke über die Seme geschlagen worden, um die
Verbindung mit der Armee des Kronprinzen von
Sachsen herznstellen. Durch Abdämmung der
Wasserleitungen ist heute bereits einem großen
Theile der Pariser Bevölkerung das Wasser abge-
schnitten worden.
— Lange schwere Züge sind unterwegs, um
die gewaltigen Geschütze, welche die alte deutsche
Reichsstadt am Rhein dem Reich wiederqeqeben
haben, vor Paris zu schaffen. Hier sollen "sie den
Tanz auf's Neue beginnen, um den eigentlichen
Urhebern des Kriegs, den leichimüthigen Haupt-
städtern, welche die öffentliche Meinung des ganzen
Landes machen und auch für diesen Krieg gemacht
haben, endlich einmal den Ernst des Krieges zu
zeigen. Bis sie die Kanonen donnern hören, bis
sie deren Wirkung in den Straßen und an den
Palästen der „heiligen Stadt" erblicken, bis sie
dieselben am eigenen Herd empfunden, glauben sie
nicht an jenen Ernst. Sie wollen nicht daran
glauben. Sie haben sich nun einmal entschlossen,
die Dinge anders zu sehen, als sie sind, und so
sehen sie noch heute dem Beginn des Bombarde-
ments als einem lustigen Ding entgegen, auf das
sie schon viel zu lange warten müssen. In der
Thal verbreitet die Rcgierung in Tours Pariser
Nachrichten vom 29. Sept., wonach es den Ver-
theidigern der Hauptstadt allmälig langweilig wird,
daß die Deutschen noch nicht zum Angriff schreiten,
und Alles ungeduldig zu Ausfällen befehligt zu
werden verlangt, Ausfälle, bei denen sie freilich
sich nur blutige Köpfe zu holen, und von welchen
sie im Geschwindschritt heimznkehren pflegen. Was
auch die wirkliche Stimmung der Pariser sein mag,
äußerlich, auf der Oberfläche wird nichts anders
zur Schau getragen werden, als eine fürchterliche
Entschlossenheit, auch dem letzten Preußen unbarm-
herzig den Garaus zu machen. So vollendet haben
sie, die geborenen Komödianten, sich schon in diefir
Rolle eingelebt, daß sic anfangen, ordentlich Mit-
leid zu empfinden mit den armen Preußen, von
denen keiner die chymerischen Nebel seiner Heimaih
wieder erblicken wird. Denn der Heldenmnth von
einer Million tapferer Streiter und — woraus
man allerdings noch größere Hoffnungen zu setzen
scheint — unerhörte chemische Erfindungen, noch
nie dagewesene Höllenmaschinen werden eines schönen
Morgens die ganze feindliche Armee weggeblasen,
verflüchtigt, verdampft haben bis ans .Pike und
Patrontasche des letzten „Hulan".
— Nach der „Köln. Ztg." haben die Fran-
zosen in der umschlossenen Festung Verdun am
24. v. Mts. einmal tüchtigen Scandal gemacht.
Gegen 11 Uhr Morgens marschirten nach langem
Trommeln und Pfeifen mehrere Compagnien aus
der Citadelle in nördlicher Richtung vor und griffen
die ans dem linken Maasnfer auf Vorposten liegende
10. Compagnie oes 65. Linienregiments an. Zu-
gleich flogen aus der Stadt Granaten in den
Wald, den die unsrigen besetzt halten. Dem Feind
rückte Verstärkung nach und selbst französische Ka-
vallerie kam angesprengt. Inzwischen aber waren
ans dem rechten User des Flusses, hinter unserer
dortigen Feldwache, 3 Geschütze ansgefahren und
sandten ihre Sprenggeschosse in die feindlichen
Reihen, so daß dem Feinde bald die Lust zum
weiteren Vorrücken verging. Unsere Leute lachten
laut ans, als die französische Cavallerie vor einer
neben ihr einschlagenden Granate plötzlich stutzte,
ihre Front veränderte und den nächsten Weg
nach dem Orte suchte, woher sie gekommen. Die
'ganze Geschichte dauerte bis 4 Uhr Nachmittags,
lieber die Verluste der Franzosen läßt sich noch
nichts Bestimmtes sagen; ans unserer Seite zählte
man einen Tooten und drei Verwundete.
— Die „Nat.-Ztg." erzählt: Nachdem das
^ Gefecht bei Petit Bicetre zu unfern Gunsten ent-
schieden war, wandte die Abteilung des prenß.
^ 5. Armeecorps, welche an demselben theilgenom-
i inen, sich nach Versailles. Obschon auch ans der
großen Hauptstraße, welche von Choisy über Petit
' Bicetre nach Versailles führt, ein großer Theil der
herrlichen alten Alleebänme gefällt und zu Ver-
hauen eingerichtet und das Straßenpflaster an
vielen Stellen aufgerissen worden war, machte der
Feind doch keinen Versuch, die offene Stadt zu
Ers.Heini wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la t t. - Alle Pvstanstalten und Voten nehmen Bestellungen an. — P r e i s vierteljährlich 45 kr.
Inserate die dreigespaltene Pctitzeile oder deren Nauin 3 kr. L » k a l a n z e i g e n 2 kr.
Dom Kriegsschauplatz.
Aus dem Hauptquartier des Königs von
Preußen, Fcrrieres, 27. Sept., wird dem
„Slaatsanzeiger" u. A. geschrieben: Die ernste i
Lehre, welche das Corps des Generals Duerot am
19., nördlich von Sceaur, empfangen, und welche
eine vollstanöige Deronte von drei Divisionen Li-
nientruppen herbeigeführt, scheint den General
Trochu veranlaßt zu haben, keinen zweiten Ver-
such dieser Art zu wagen, wenigstens hat er selbst
in seinem Tagesbefehl vom 23. zugestanden, daß
die Znaven in Folge einer .firisxplicmUls xauigrw"
ohne einen Schuß zu thun, das Schlachtfeld flie-
hend Verlusten haben. Freilich leugnet General
Trochu auch den Verlust von 7 Kanonen in der
provisorischen Verschanzung vor den Forts Vanves
und Montrouge, welche Geschütze sich indessen wirk-
lich in den Hilden der Sieger befinden. Die
Commnnikation zwischen Paris und Tours wird
Lurch kleine Luftballons und Tauben unterhalten,
wie durch den in Tours tagenden Theil der augen-
blicklichen Regierung bei Bekanntmachung der Na h-
richten aus Paris besonders bestätigt wird. Die
sämtlichen Forts kansniren fortdauernd aus jede
Patrouille oder Feldwache, sowie auf jeden Punkt,
wo ne einen deutschen Soldaten vermuthen, und
find an einem Tage, dem 24., allein 2500 Schüsse j
meist schweren Kalibers, gefallen. Ueberall stehen
unsere Truppen außerhalb des Bereichs dieser Ge-
schütze ; die Vorposten Zwar innerhalb desselben,
aber gut gedeckt, so daß diese Art des Gebrauches
schwerer Artillerie wohl nur dazu bestimmt ist,
den Parisern den Glauben beizubringcn, es fände
überhaupt schon ein Kampf statt. An Wiederher-
stellung derjenigen gesprengten Brücken und Tunel,
welche für die Heranschaffung der Belagerungs-
irains hinderlich wären, wird mit großer Kraft
gearbeitet. Die vor Ton! gebrauchten schweren
Geschütze werden mit den in dieser Festung er-
oberten nicht vor Paris gebracht werden, sondern
haben eine anderweitige Bestimmung erhalten. Von
einer Volksbewaffnung, Franclirenrs u. s. w. zeigt
sich in dem weitesten Umkreise der um Paris ver-
sammelten Truppen keine Spur. Die früher von
Paris aus verbreiteten Aufrufe zur Bildung be-
waffneter Corps und Bauden haben rund um
Paris keinen irgend bemerkbaren Erfolg gehabt.
Die Wenigen, welche diesen Aufrufen vor Ankunft
..der deutschen Truppen gefolgt sind, befinden sich
in Paris selbst. Gestern ist abermals ein kaiser-
lich russischer Feldjäger als Courier mit Depeschen
aus St. Petersburg ini königlichen Hauptquartier
eingetroffen.
— Ein Ausfall, den die in Metz eingeschlossenen
Franzosen am 27. machten, endete erst nach lan-
gem erbitterten Kampfe mit der Zurückweisung der
Angreifer. Ich zählte, berichtet ein Correspondent
des „Franks. Journ." in der Minute ca. 20 Ka-
nonenschüsse, dazwischen Gewehrsalven und Mitrail-
lensenschüsse. Die Verluste sollen auf beiden Seiten
nicht unbedeutend sein. Unsere 10. Jäger wurden
in ihrem Standquartier von den Bauern Ver-
ratheu und sah ich später mehrere der letztern
gefangen einbringen. Von St. Barbe bemerkte
ich sechs brennende Dörfer; sie waren theils von
den Franzosen, theils von den Preußen in Brand
geschossen.
Mrmdolsheim, 30. Sept. (Offiziell.)
Heute Einzug in Straßbnrg, sodann feierlicher
Gottesdienst in der Thomaskirche; über 500 fran-
zösische Offiziere Unterzeichneten Ehrenscheine, 50
bis 100 gingen in Gefangenschaft. Zahl der Ge-
fangenen noch nicht festgestellt, da noch fortwährend
deren eingeliefert werden. Beute in Straßbnrg
beträchtlich ; 1070 Kanonen bis jetzt gezählt, 2
Millionen Francs Staatseiaenthnm in der Ban!
ermittelt, 8 Millionen noch zweifelhaft. Munition
und besonders Tnchvorräthe sehr bedeutend.
Müllheim, 2. Oct. Gestern und heute
hat die 4. ostpreußifche Reservedivision unter Ge-
neral v. Schmeling den Uebcrgang über den Rhein
bei Nenenbnrg bewirkt. Derselbe erfolgte in Fähren
und Kähnen. Zu einem Kampfe ist es dabei nicht
gekommen.
Zur Hagcsgeschichte.
— Die preußische Kommandantur in Straß-
burg hat eine Bekanntmachung anschlagen lassen,
deren Hanptverordnnngen folgende sind: Der Kriegs-
nnd Belagerungszustand besteht noch fort. Ver-
gehen und Verbrechen werden standrechtlich bestraft.
Alle Waffen sind sofvn an die preußische Kom-
mandantur abzuliesern. Alle Zeitungen und Druck-
sachen bis ans Weiteres verboten. Alles Privat-
eigenthum wird respcknrt. Wirthshäuser um 9
Uhr zu schließen. Nach dieser Stunde muß jeder
Civilist eine Laterne tragen. Die Stadtbehörden
haben Quartiere ohne Verpflegung für etwa 800
Mann zu besorgen.
— Die Belagerungsarbeiten gegen Paris
nehmen ihren rüstigen Fortgang. Unweit Sevre,
dem Bontoguer Gehölz gegenüber, haben unsere
Truppen in der vergangenen Nacht eine mächtige
Schanze errichtet; bei Bougival ist eine Ponton-
Brücke über die Seme geschlagen worden, um die
Verbindung mit der Armee des Kronprinzen von
Sachsen herznstellen. Durch Abdämmung der
Wasserleitungen ist heute bereits einem großen
Theile der Pariser Bevölkerung das Wasser abge-
schnitten worden.
— Lange schwere Züge sind unterwegs, um
die gewaltigen Geschütze, welche die alte deutsche
Reichsstadt am Rhein dem Reich wiederqeqeben
haben, vor Paris zu schaffen. Hier sollen "sie den
Tanz auf's Neue beginnen, um den eigentlichen
Urhebern des Kriegs, den leichimüthigen Haupt-
städtern, welche die öffentliche Meinung des ganzen
Landes machen und auch für diesen Krieg gemacht
haben, endlich einmal den Ernst des Krieges zu
zeigen. Bis sie die Kanonen donnern hören, bis
sie deren Wirkung in den Straßen und an den
Palästen der „heiligen Stadt" erblicken, bis sie
dieselben am eigenen Herd empfunden, glauben sie
nicht an jenen Ernst. Sie wollen nicht daran
glauben. Sie haben sich nun einmal entschlossen,
die Dinge anders zu sehen, als sie sind, und so
sehen sie noch heute dem Beginn des Bombarde-
ments als einem lustigen Ding entgegen, auf das
sie schon viel zu lange warten müssen. In der
Thal verbreitet die Rcgierung in Tours Pariser
Nachrichten vom 29. Sept., wonach es den Ver-
theidigern der Hauptstadt allmälig langweilig wird,
daß die Deutschen noch nicht zum Angriff schreiten,
und Alles ungeduldig zu Ausfällen befehligt zu
werden verlangt, Ausfälle, bei denen sie freilich
sich nur blutige Köpfe zu holen, und von welchen
sie im Geschwindschritt heimznkehren pflegen. Was
auch die wirkliche Stimmung der Pariser sein mag,
äußerlich, auf der Oberfläche wird nichts anders
zur Schau getragen werden, als eine fürchterliche
Entschlossenheit, auch dem letzten Preußen unbarm-
herzig den Garaus zu machen. So vollendet haben
sie, die geborenen Komödianten, sich schon in diefir
Rolle eingelebt, daß sic anfangen, ordentlich Mit-
leid zu empfinden mit den armen Preußen, von
denen keiner die chymerischen Nebel seiner Heimaih
wieder erblicken wird. Denn der Heldenmnth von
einer Million tapferer Streiter und — woraus
man allerdings noch größere Hoffnungen zu setzen
scheint — unerhörte chemische Erfindungen, noch
nie dagewesene Höllenmaschinen werden eines schönen
Morgens die ganze feindliche Armee weggeblasen,
verflüchtigt, verdampft haben bis ans .Pike und
Patrontasche des letzten „Hulan".
— Nach der „Köln. Ztg." haben die Fran-
zosen in der umschlossenen Festung Verdun am
24. v. Mts. einmal tüchtigen Scandal gemacht.
Gegen 11 Uhr Morgens marschirten nach langem
Trommeln und Pfeifen mehrere Compagnien aus
der Citadelle in nördlicher Richtung vor und griffen
die ans dem linken Maasnfer auf Vorposten liegende
10. Compagnie oes 65. Linienregiments an. Zu-
gleich flogen aus der Stadt Granaten in den
Wald, den die unsrigen besetzt halten. Dem Feind
rückte Verstärkung nach und selbst französische Ka-
vallerie kam angesprengt. Inzwischen aber waren
ans dem rechten User des Flusses, hinter unserer
dortigen Feldwache, 3 Geschütze ansgefahren und
sandten ihre Sprenggeschosse in die feindlichen
Reihen, so daß dem Feinde bald die Lust zum
weiteren Vorrücken verging. Unsere Leute lachten
laut ans, als die französische Cavallerie vor einer
neben ihr einschlagenden Granate plötzlich stutzte,
ihre Front veränderte und den nächsten Weg
nach dem Orte suchte, woher sie gekommen. Die
'ganze Geschichte dauerte bis 4 Uhr Nachmittags,
lieber die Verluste der Franzosen läßt sich noch
nichts Bestimmtes sagen; ans unserer Seite zählte
man einen Tooten und drei Verwundete.
— Die „Nat.-Ztg." erzählt: Nachdem das
^ Gefecht bei Petit Bicetre zu unfern Gunsten ent-
schieden war, wandte die Abteilung des prenß.
^ 5. Armeecorps, welche an demselben theilgenom-
i inen, sich nach Versailles. Obschon auch ans der
großen Hauptstraße, welche von Choisy über Petit
' Bicetre nach Versailles führt, ein großer Theil der
herrlichen alten Alleebänme gefällt und zu Ver-
hauen eingerichtet und das Straßenpflaster an
vielen Stellen aufgerissen worden war, machte der
Feind doch keinen Versuch, die offene Stadt zu