Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1870

DOI Kapitel:
Mai (Nr. 52 - 64)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.30183#0245

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Dimstaa, 24. Mi 1870. 8«. «1- D.e.ter Jahrgang.


Amts-Kerküiidiguiigsölatt für den Bezirk Schwetzingen.

Badische Hopsenzeitnng.

Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe Sonntagsblatt. - Alle Postanstalten und Boten nehmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 45 kr.
Inserate die drei gespaltene Petitzelle oder d>eren llbaum 3 !r. P v ka l a nz ei g cn 2 kr.

Die Versammlung des Landes-
Ausschusses der national-liberalen
Partei in Berlin
am 30. April und 1. Mai 1870.
In Berlin tagte am 30. April und 1. Mai
l>. I. der Landesausschnß der national-liberalen
Partei. Au» allen Staaten lind Provinzen Nord-
deutschlands waren Männer znsammengetreten,
welche sich das Wirken sür den neuen deutschen
Bundesstaat und seine Erfüllung mit dem Geiste
und den Einrichtungen einer freisinnigen Politik
zur Lebensaufgabe gesetzt haben. Eine ganze
Reihe der verdienstvollsten Namen, wie v. Forcken-
beck. Lasker, v. Bennigsen. Miguel. Bamberger,
auch hochgeschätzte Männer der Presse, wie Zadel,
der Leiter der „Nationalzeiumg", fanden sich in
Mitte dieser Gesammtvenretung der größten
liberalen Partei des Nordd. Bundes. Aber auch
aus Süddeutsch.'««!) batten sich Vertreter gl ickge-
sinnter oder ähnlicher Richtungen eingesunden,
insbesondere waren aus Bayern. Baden und Hessen
die Zoltparlameinsmitgtieder der natienalen Ge-
sinnung in beträchtlicher Stärke anwesend. Mit
Len badischen freunden Kirsner, Hebung und
Fauler war auch der Abgeordnete tiefer, im be-
sonder!! Aufträge der nationalen und liberalen
Partei unseres Landes, in der Berliner Ver-
sammlung erschienen. Wie ollen nationalgesinn-
ten Süddeutschen wurde chm inmitten der nord-
deutslen Freunde mir jener herzlichen Freund!, ch-
teit begegnet, welche das Gesüyl. einem Volke un-
trennbar anzugehören. und die Gemeinsamkeit der
höchsten Kampsesziele unter politischen Männern
hervorrnfi.
Umer den statksindenden Verhandlungen waren
von höchstem Interesse die einzelnen Berichte über

den Siand der politischen Tbätigkeit im Volke
Norddeutschlands, insbesondere iiber die Fortschritte
der Partei in ihren Bemühungen um eine wirk-
same Organisation innerhalb der Wahlkreise. Man
verhehlte sich keineswegs die Schwierigkeiten der
Lage. Immerhin glaubte man von einer unter-
dessen ausharrenden Thätigkeit und von dem wach-
senden Verständnisse des Volkes für die von der
Partei erstrebe Verbindung einer national-deutschen
Politik mit iden Kämpfen um die Ziele des bür-
gerlich-freiheitlichen Fortschrittes eine günstige Zu-
^ tunst erwarten zu dürfen.
Ans an ihn gerichtete Einladung berichtete
! Kiefer in gleicher Weise übch den Stand des
j politischen Parteilebens in B> 'en, -Auch er ver-
faß nicht der starken und rühcigeu Gegner, welche
! sich insbesondere unter der Fahne der nltramon-
^ lauen Pariei in unserer Heimath gesammelt hal-
l teil, zu erwähnen. Doch durste er, der wahren
! Sachlage gemäß, hervorheben, daß die wiederher-
l gestellte Eintracht zwischen Regierung und Kam-
' mermehrheit der nationalen Partei in Baden sorl-
i dauernd eine den Gegnern überlegene Stärke ver-
^ leihe und daß deßhalb gerade diese Partei, im
l Vertrauen auf ihre gute Sache und die patrio-
tische Gesinnung des badischen Volkes, während
des verflossenen Landtages eine Reform der Ver-
fassung. vor Allem der Wahlordnung und der Ge-
meindegeietze vollziehen konnte, welche von dem
Geiste eines furchtlosen Fortschrittes erfüllt sei und
selbst aut die Gefahr, damit den Bemühungen der
Gegner erleichternde und begünstigende Aussichten
zu eröffnen, gewagt werden durfte. Als das erste
und deßha.b mi! entschlossenster Energie zu er-
füllende Streben Badens wurde seine unerschütter-
liche Ansdauer sür die Sache des jungen, von
der Kraft Preußens getragenen deutschen Staates
bezeichnet. Wohl misse man in Baden, daß das

ersehnte Ziel der Vereinigung unseres Staates
mit dem norddeutschen Bunde eine Frage der
großen Politik und daher in erster Reihe der Ge-
genstand der Entschließungen der Gewalten des
Bundes sei. Die Verhandlungen des Reichstags
vom 24. Februar d. I. Hütten uns hierin keine
Neuheiten gebracht. Ebendarum könnten jene Er-
öffnungen unser Vertrauen zur Zukunft und zur
Benützung eines günstigeren Momentes nicht be-
irren. Man werde mit ruhiger Zuversicht den
geeigneten Tag erwarten, der kommen müsse, da
es in der Natur der Dinge begründet sei, daß die
Nation in ihren heutigen halbfertigen Ordnungen
aus lange Dauer nicht verbleiben könne. Inzwi-
schen werde man in Baden keine Politik leerer
Worte treiben, sondern die badische Volksvertretung
werde, wie bisher durch Gesetze und Staatsver-
trüge im Geiste der norddeutschen Staatsentwick-
lung, sowie durch die Ausrechthaltung und ange-
messene Pflege einer unfern Pflichten für Deutsch-
land entsprechenden Wehrverfassung und Hcrres-
organisaiion ihrem Berufe Nachkommen. Nimmer-
mehr werde sich Baden durch die Ungunst der
einstweiligen Lage daran hindern lassen, der großen
Sache des Vaterlandes mit Muth und Hingebung
anzugehören.
Eine hochwichtige Sache sei, für Baden wie
für Gesammtdeutschland, daß die nationale Par-
tei Norddeutschlands, unbeirrt zur Rechten wie zur
Linken, mit klarer Einsicht in die wahren Bedürf-
nisse der Zeit einem besonnenen aber unanfhalisamen
liberalen Fortschritte als ihrem eigensten Lebens-
gesetze diene. So habe auch in Baden die That-
sache, daß gerade die werthvollsten Errungenschaf-
ten, welche die badische Gesetzgebung seit 1866
geschaffen, den liberalen Bestrebungen der natio-
nalen Partei ihre Entstehung verdanken, überall
in den einsichtigen Kreisen des Volkes freudiges

Kiiiarmig und verkannt.
Novelle v. Friedrich Schödler.
(Fortsetzung.)
So saßen wir denn ganz behaglich beim
Glase. Horch — da rollte noch ein Wagen in's
Thor; man war gespannt aus den verspäteten An-
kömmling, allein derselbe wurde direct die Treppe
hinaufgesührt, ohne sich im Gastzimmer blicken
zu lasten.
„Nun, Herr Krönig." rief eine neugierige
Stimme, als der „Alt-Kaiserwirth" wieder in's
Zimmer trat, was ist denn das für eine vornehme
Herrschaft, die sogleich ihre Appartements sich an-
weisen läßt?
„Herr Bückeborg," antwortete der Gefragte laut
in anmeldendem Tone.
„Der Bückeborg!" — riefen fast unisono
mehrere Stimmen, „das ist ja einzig, das ist
herrlich, wo bleibt er denn? Haben Sie ihm denn

nicht gesagt, daß noch Gesellschaft da ist? Geschwind
schaffen Sie ihn her!"
„Es wird nicht gehen," antwortete der Wirth,
„denn Herr Bückeborg ist durch und durch naß
geworden; er fuhr im offenen Wagen und hat
seine Effecten in Mainz gelassen; er besteht daraus
sogleich zu Bette zu gehen.
„Er wird keineswegs zu Bette gehen, rief
Fink mit erhobener Stimme; er wird uns das
Vergnügen seiner Gesellschaft gewähren. Gehen
Sie, Krönig, und holen Sie einen Schlafrock;
ich selbst bringe Herr Bückeborg herunter."
„Aber bedenken Sie doch — mit dem Schlaf-
rock ins Gastzimmer —"
„Ei was — hier ist lor^s rnageurs; der beugt
im Handel sich Alles. Ueberdieß. lieber Krönig.
sind wir hier unter uns, Ihre Stammgäste sind
längst fort und wir geniren daher keinen Men-
schen."
Mit diesen Worten verließ Fink das Zimmer
richtig, nach kurzer Zeit flog die Thür weit ans
und herein schritt, geführt von Fink — 5derr
Julius Isidor Vückeborg aus Frankfurt am
Main, angethan mit einem langen Schlafrock und

das Haupt bedeckt mit einem Nachtmützchen von
schwarzer Seide.
Alle erhoben sich, mit einem gewissen Jubel
wurde der neue Ankömmling begrüßt.
„Sühr schmaichelhaft, meine Harren sähr
schmaichelhaft!" erwiedertc Herr Bückeborg aller-
seits freundlich dankend.
„Kommen Sie," rief Fink, „Sie sollen den
besten Platz haben, hier, meinen eigenen;" und
mit diesen Worten führte er seine Errungenschaft
näher und schob seinen Stuhl her, so daß mir
das Glück zu Theil wurde, der Nachbar derselben
zu werden.
Herr Bückeborg verneigte sich höflich ringsum
und nahm Platz.
„Sind Sie wirklich von dem Wetter überrascht
und gehörig durchnäßt worden?" fragte Ziere-
mann theilnehmeno.
„Naß bin ich geworden," antwortete der An-
geredel e, „naß, wie eine Katz, wenn man sie wirft
in Basel in dem Rhain und zieht ihr wieder heraus
in Rotlerdam. Ich kann Ihnen sagen — schreiben
wir doch ans jedem Collo, daS wir versenden:
„vor Nässe zu bewahren" — und ich diu jetzt
 
Annotationen