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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1870

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November (Nr. 129 - 141)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30183#0555

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Vierter Jahrgang-

Donnerstag, 17. November 1970. No. Ibst.



Erstteint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t ag s b la tt. - Alle Postanstalten und D-tten nehmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 45 kr.
Inserate die dreigespaltene Petrtznle oder Seren Raum 3 kr. L o ka l a n; eigen 2 kr.

EinigmrgsMtsstchte^.
86. Endlich einmal ha! das hawanttttche
Organ der preußischen Regierung, die „Provinzial-
eorrespondenz", eine Andeutung über den Gang
der Muüsterconferenzen in Versailles gegeben. Da-
nach siebt der Eintritt Hessens (für seine südliche
Hälfte), Badens und Württembergs in den Nord-
bund „in sicherer Aussicht", während die „Bezie-
hungen Bayerns noch weiteren Unterhandlungen
unterliegen." So erfreulich der elftere Theil die-
ser Nachricht ist , so unerquicklich isst der letziere.
Bedeut; man, das; der bayerische Kriegsminister
bei den Kammerdedatien in; Juli mii dankensmer-
ther Offenheit die Theiinahme am Kriege als ein
Mittel zur Sicherung der particnlaristischen Selbst-
ständigkeit Bayerns empfahl, daß unterrichtete
Kenner bayerischer Personen und Dinge den lei-
tenden Minister, Graf Bray. noch ganz kürzlich,
als doll von Antipathie gegen den Norddeutschen
Bulw schilderten, daß gewisse, der Regierung nicht
ganz fernstehende Stimmen diele ganze Zeit daher
jede' aufrichtige Geneigtheit der Annahme der Nord-
bnndsverfassnng hartnäckig in Frage stellten, so
must man in der angeführten Mittheilung des
preußischen offiziösen Organs allerdings Grund zu
den ernstesten Besorgnissen finden.
Aus numchen Anzeichen ließ sich schließen,
daß Preußen bereit sein würde, dem größten der
süddeutschen Staaten eine möglichst weitgehende
Ausnahmestellung im Bunde Zu gestatten, wenn-
gleich man von Berlin aus nebenher stets nach-
drücklich betonte, daß eine solche Privilegirung sich
nur auf unwesentliche Punkte erstrecken könne.
Es scheint jedoch, die Münchener Staatsmänner
verlangen sehr wesentliche Änderungen der
Nordbundsverfussung zu Gunsten ihres Landes.
Weicher Art diese Forderungen sind, lassen wir,
in Ermangelung jedes amtlichen Anhaltspunktes,
dahingestellt. Genug, erlaubten sie dis Hoffnung
auf baldige Verständigung, so hätte uns dis „Pro-
vinzialcorrespondenz" auf ihre in Red? stehende
Mittheilnng wahrscheinlich noch warten lassen, bis
diese Verständigung eingetreten. Die Möglichkeit
freilich, daß man sich schließlich noch einige, ist
nicht ausgeschlossen, wahrscheinlicher will uns fast
bedünken, als werde Bayern dem neuen deutschen
Bundesstaate einstweilen fernbleiben!
Die Particalaristen in ganz Deutschland, die
schwarzen wie die rothen, reiben sich darob die
Hände; indeß, sollten sie wirklich so starken Muth
haben, über eine Niederlage der nationalen Po-
litik zu jubeln? Gewiß, wir würden es immer-
hin schmerzlich empfinden, sollte diese gewaltige
Zeit vorübergehen, ohne daß die durch das Blut
der gemeinsamen Siege zusammengekittete Nation
fortan auch durch ein ihrer würdiges staatliches
Band vereinigt erschiene; aber so gar arg wäre
das Unglück denn doch nicht, wenn Bayern an
dieser Verbindung nicht theilnähme. Am wenig-
sten würde das außerbayerische Deutschland da-
durch beeinträchtigt. Das bisherige Allianzver-
hältn-ß mit Preußen bliebe bestehen, und wenn-

i gleich nicht geleugnet werden kann, daß München
j unter Umständen der Herd für allerlei antideut-
sche Jntriguen werdet; würde, so denken wir
^ doch, daß d i c Verfassung, welche die verschiedenen
! Staaten Norddeutschlauds in 3 Jahren zu einem
'compacten und prachtvollen Ganzen nmgeschaffen
hat, uns gegen solche Kirnst genügend wappnen
wird. Den wirklichen Schaden würden nur die
Bayern selbst haben, indem sie von der zu erhof-
fenden Entwicklung der nationalen Gesetzgebung
ausgeschlossen blieben. Freilich könnten sie sich
das Beste derselben aus den; Wege des interna-
tionalen Vertrages wohl auch zu Nutzen machen, aber
ein wirtlicher Bortheil läge in solchem Verhältnisse
doch nur dann, wenn Bayern seine gegenwärtige
„Selbstständigkeit" auf die Dauer behaupten zu
können hoffen dürfre. Kein Denkender aber täuscht
sich darüber, daß es sich früher oder später dem
nationalen Ganzen, mit anderen Worten: dem
gegenwärtig in der Bildung begriffenen deutschen
Bunde doch anschließen muß und so würde durch
die jetzige Verweigerung des Beitritts nichts er-
reicht werden, als daß es dereinst sich in ein Haus
hineinbeqnemen muß, bei dessen anfänglicher Ein-
richtung seine Wünsche bedeutend ins Gewicht ge-
fallen sein würden, während sie später gar nicht
mehr berücksichtigt werden können.
Indeß, wie es auch komme, jedenfalls wäre
das einstweilige Fernbleiben Bayerns von dem
neuen deutschen Reiche weniger zu beklagen, als
wenn durch übertriebene Zugeständnisse an seine
„Selbstständigkeit" die bewährte Grundlage der
Nordbundsverfassung erschüttert würde. Durch
den Eintritt Württembergs, Badens und Südhes-
sens in den Bund wird der schwierigste Knoten
de-r nationalen Frage gelöst: Der Main wird
überbrückt und mit weit größerer Ruhe, als der
^ Norobund gegenüber Süddeutschland, kann das
> neue Deutschland alsdann gegenüber Bayern sagen :
„Ww können warten."

Jur Tagesgeschichte.
Augsburg, 14. Nov. Die „Augsburger
Abendzeitung" theilt, entgegen der Mittheilnng,
die Verhandlungen der bayerischen Minister seien
abgebrochen, mit, daß die Verhandlungen noch
soridauern und daß deßhalb nach Versailler Tele-
grammen vom 13. November die Minister ihren
Aufenthalt verlängern und erst Ende oder Anfang
der nächsten Woche zurückkehren würden. Die Be-
rufung der Kammer sei auf Anfang Dezember
festgesetzt.
Humhuvg-. 11 Nov. Der Börsenyalle
zufolge hat der General-Gouverneur die Schiff-
fahrt sowohl neutraler als deutscher Schiffe auf
eigene Gefahr wieder freigegeben.
Wien, 12. Nov. Das Korrespondenzüureau
versendet nachstehendes Telegramm: Wie versichert
wird, sollen die diplomatischen Vertreter Rußlands
- in Konstantinopel, Wien, London offiziell ange-
i zeigt haben, daß Rußland sich an die Verträge
^ von 1856 (Donaumündungen) nicht länger mehr

: gebunden krach re. Diese Nachricht des Korrespon-
j denzbureaus bedarf jedenfalls noch der Bestätigung
i und müßte eventusl eine solche bald stattfinden,
j da die behauptete Erklärung Rußlands auch in
^ London und Konstaniinvpel erfolgt sein soll.
14. Nov. „Times" hebt hervor,
! daß sammtüche Großmächte den Pariser Vertrag
! unterzeichne! haben. Die Times bezweifelt die
^ Zustimmung Englands zur Annnllirnng des Pa-
> riser Vertrages, Europa werde aber bereitwillig
Rußlands Gründe für eine freundschaftliche Ver-
tragsrnVision anhören.
Zs??dsrr, 14. Nov.' Briefe aus Paris
vom 10. November melden, daß daselbst die täg-
liche Fleischration jetzt auf 59 Gramm beweisen sei.
TENs, 11. Nov. General Aurelles de
Paladine. Kommandant der Loirearmee, meldet die
Besetzung von Orleans durch die Franzosen. Ein
Tagesbefehl desselben Generals vom 10. November
lautet: Der gestrige Tag war unseren Waffen
glücklich. Alle Stellungen sind genommen, der
Feind ist auf dem Rückzug begriffen. Dis Re-'
gieruug beaufiragt mich. Euch zu danken. Ich
thne es mit Freuden. Inmitten des Unglücks hat
Frankreich die Angen ans euch gerichtet. Machen
wir alle Anstrengungen, dessen Hoffnungen nicht
zu täuschen.
Bsvlin, 13. Nov Die preußische Inspek-
tion roustatirt den vortrefflichen Stand der Metzer
Befestigungen; die neuerdings angefangenen sollen
gemäß den französischen Plärren deutscherseits voll-
endet werden.
Wie??- 13. Nov. Der Club der Linken
hat in seiner gestrigen Sitzung den Beschluß, das
Ministerium zur Abdankung zu zwingen, aufrecht
erhalten. Die CombinaLiou eines neuen Cabiuets
Rechbauer steht dabei im Vordergrund.
Tsur-S, 10. Nov. Die Loire schwillt be-
deutend au und ist schwer schiffbar. Die Negierung
erklärte Vichy als neutrale Ambnlanzstadt.
LiMSges.- 12. Nov. Die „Deffnse natio-
nale" meldet: Georges Perrin hat von der Re-
gierung den Auftrag erhalten, mit Lissagary ver-
eint in der Umgebung von Toulouse binnen 20
Tagen eine Armee von 60,000 Mann zu bilden.
Es sind zu diesen; Zwecke 4 Millionen angewiesen
worden.
BltWsl, 13. Nov. Die Capitulalion von
Paris scheint der drohenden Hungersnoth halber
binnen 3 Wochen unerläßlich. Ein Bombardement
und Sturm wird nicht beabsichtigt, weil dieselbe!; in
ihrem Erfolge unsicher wären und große Opfer
fordern würden.
Brüssel- 14. Nov. En; aus London am
Sonnabend an ein Brüsseler Bankhaus eingetrof-
fenes Telegramm lautet: Granville ick nach Ver-
sailles entweder bereits, oder im Begriff abzu-
reisen.
Brüssel, 14 Nov. Die „Jndep." enthält
ein Privattelegramm ans Berlin, welches meide!:
Rußland hat unzählige Male confrdenticll die Un-
haltbarkeit der Neutralität des schwarzen Meeres
 
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