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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1870

DOI Kapitel:
Juli (Nr. 77 - 90a)
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https://doi.org/10.11588/diglit.30183#0359

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Samstag, 30. Juli 1870.


Amts-Mrküudiguttgsblatt für den Bezirk Schwetzingen.



Erschein» wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a a Z b l a t t. — Alle PostärMalten und Boten nehmen Bestellungen an. — P r e i s vierteljährlich 45 kr.
Inserate die dreigeipalrenc Pctitzeüe ober deren Raum 3 kr. Lskalanzeig e n 2 kr.

Zur TagesgrschichLs
— Bereits am 24. Vormittags ist dem Bot-
schafter Englands von Berlin ans die Miltheilung
gemacht worden, daß der, von der ihm bekannten
Handschrift Benedetti's geschriebene, jetzt veröffent-
lichte Vertragsentwurf jeder Zeit zur Einsicht frci-
stehe, die amtliche Mittbeilung Norddeutschlauds
an England betreffs der Echtheit der französischen
Anerbietungen in den jetzt veröffentlichten Acten-
stücken und der übrigen von Frankreich in der
Sache gethanen Schritte ist jetzt zu erwarten.
— Von Paris-aus erklärt man gegenüber den
Enthüllungen der „Times": „Nach dem Prager
Frieden hätten Besprechungen zwischen Bismarck
und Benedetti bezüglich eines Allianz - Projectes
stattgefunden. Einige der in der „Times" ver-
öffentlichten Gedanken seien damals zur Sprache
gekommen: Die französische Negierung hatte nie
Keuntniß von einem- formellen schriftlichen Ent-
wurf lind die in jenen Unterredungen gemachten
Vorschläge seien vom Kaiser abgelehnt worden.
— Nach offiziellen Mittheillingen hat gestern
ein kleines Gesecht aus der Brücke bei Rheinheim
zwischen preußischen Uhlanen und Pioniren und
bayerischen Jägern gegen französische Infanterie
stattgefunden. Letztere wurde zurückgeworfen
und ließ einen Todten zurück
— Am 26. fand durch den tvürttembergischen
Generalstabsoffizicr v. Zeppelin, 3 badische Offi-
ziere und 4 Dragoner eine Recognoscirung gegen
Hagenau statt. Ter Zweck des Unternehmens
wurde vollständig erreicht, jedoch stieß die Patrouille
bei Niederbronn auf ein französisches Husarenregi-
inent von welchem sie zersprengt wurde. Zeppelin
kehrte allein zurück; nach französischen Nachrichten
blieb einer der begleitenden Offiziere todt, die
beiden anderen wurden gefangen.
— Die in Kassel erscheinende „Hess. Morgztg."
berichtet: Eine bei den in's Feld ziehenden Trup-
pen neu eingeführte Einrichtung besteht darin, daß
jeder Mann eine unter den Kleidern zu tragende,
um den Hals zu hängende, mit einer Nummer
versehene Marke erhält, damit auf diese Weise die
Namen der Gefallenen aus den Stammrollen der
Regimenter leichter ermittelt werden können. Man
nennt dies Abzeichen „das Todtenglöckchen."
— Saarlonis ist am 21. in Belagerungszu-
stand erklärt worden.
— Wie die „Fleusb. Nordd. Ztg." schreibt,
ist der bekannte nordschleswigsche Reichstags-Ab-
geordnete Krüger verhaftet und nach Flensburg
eingebracht worden.
— Auf die preußische Grenze zu bewegen sich,
nach einer Notiz der „Flensb. Nachr." dänische
Truppen, die bei Nipen und Kvlding Stellung
nehmen. Der dänische Pöbel in Nordschleswig be-
ginnt schon mit Ausschreitungen wider Deutsche,
daher eine Verstärkung des Militärs für die nörd-
lichen Districte geboten erscheint.
— General Vogel von Falckenstein hat einen
Aufruf an die Bewohner der Nord- und Ostsee-
küste erlassen, in welchem dieselben aufgefordert
werden, längs der Küste Abtheilungen unter Lei-

tung verständiger Männer zur Küstenbemachuug
zu formtreu. Schleunige Mütheilungen au die
nächste Militärbehörde sind erwünscht. Der Auf-
ruf schließt mit den Worten: „Jeder Franzmann,
der Eure Küste betritt, sei Euch verfallen!"
— Die Bürger Souderburgs müssen des
Kriegs halber die Stadt verlassen. In Folge
dessen bat eine Anzahl angesehener Flensburger
einen Ausruf erlassen, den flüchtenden Sonder.-
burgern Wohnungen zur Verfügung zu stellen;
auch wird Geld für sie gesammelt.

Die französische Armee.
Ein Deutscher, der selbst 4 Jahre und 8 Mo-
nate, darunter über 3 Jahre als Offizier in der
Fremdenlegion in Algerien aktiv gedient hat, schreibt
dem „Rhein. Kur." : Die französische Armee, ob-
gleich keineswegs zu unterschätzen, ist dennoch mit
Unrecht der Popanz Europa's. Rekapituliren wir
einfach ihre Erfolge und ihren mindestens zweifel-
haften Ruhm seit dem I. 1830. Mit ihm be-
ginnt die Reihe von Scharmützeln und Guerilla-
kriegen, die, was man auch an der Seine gegen-
theilig behaupten mag, noch nicht zum Abschluß
gekommen sind und so bald auch nicht kommen
werden. Dieses Blatt der französischen Krieges-
geschichte hat einmal den Vortheil gehabt, die Ar-
mee allmälig zu einer kriegesgewohnten zu machen
ferner sind durch sie jene Elite-Truppenkörper ent-
standen, die theils mit Recht, theils mit Unrecht
heute als die unüberwindlichen Helden der französi-
schen Armee, als der Schrecken jeder andern be-
trachtet werden: die Zuaven, die Fremdenlegion,
die Turcos, die o1ra,886ur8 ä'JTricgus, die Spahis
und endlich die sogen. Zephirs oder offiziell die
leichten Jnfanteriebataillone der afrikanischen Armee,
welche aus den kriegsrechtlich bestraften Soldaten
der ganzen Armee sich rekrutiren, nachdem dieselben
die ihnen zuerkannten Strafen verbüßt haben. Die
sümmtlichen genannten Truppentheile bilden mit
der Kaisergarde, die zumeist in Paris und Umge-
gend garnisonirt, den eigentlichen Kern der Armee.
(Schluß folgt.)

Aus Stadt und Land.
* Schwetzingen, 29. Jul. Ein nachahmens-
werthes, schönes Beispiel werkthätiger Nächstenliebe
dürfen wir nicht unerwähnt lassen.
Unser Mitbürger, Hr. Dampfmüller Hartung
ließ jeder Hilfsbedürfligen Familie, deren Ernährer
ins Feld gerufen worden, ein reichliches Quan-
tum Mehl zustellcn. Ehre dem wackern Manne
für seine Handlungsweise!
— Des Centralcomite des Bad. Frauenvereins
ersucht in öffentlichen Blättern Aerzte, welche zur
Dienstleistung im hiesigen Reservelazareth bereit
sind, sichbaldigst zu melden , da die vorhandenen
Kräfte voraussichtlich nicht zureichend sein
dürften.
Ueberall gibt sich die herzlichste Fürsorge für
diejenigen kund, welche bei den bevorstehenden
Ereignissen ihr Leben siu's Vaterland einsetzen.

* Schwetzingen, 29. Juli. Die gestern
im wilden Mann dahier abgeh.altcne Versamm-
lung zur Organisation deS Männer-Hülssvereins
für verwundete Krieger verlies, gehoben von vater-
ländischer Begeisterung der Theilnehmer, in äußerst
günstiger Weise.
Dem Vereine traten zahlreiche Mitglieder bei
und der gegründete „Fonds zur Be -
wirthung von hier dur ch maschiren -
den Truppen" vergrößerte sich durch frei-
willige Beiträge einer Anzahl patriotisch gesinnter
Gülle um eine nahmhafte Summe, die bereits auf
l30fl, angewachsen ist. Es wurde beschlossen, keine
regelmäßigen Beiträge an Geld zu erheben, da-
gegen Lebensmittel, Getränke, Cigarren rc. — die
bisher schon reichlich eingingen, auch fernerhin ent-
gegeuznnehmen. In den Ausschuß wurde Hr. T h.
Traumann als Vorstand, ferner die Herren
Gg. Häßler und I. Köfel gewühlt.
Es steht zu erwarten, daß noch zahlreiche Bei-
trittserklärungen erfolgen.
Außerdem steht zu hoffen, daß auch weitere
Kreise der Bevölkerung durch reichliche Beisteuer
den edeln Zweck des Vereins fördern.
Gaben nehmen jederzeit die oben genannten
Herren im Namen des Vereins entgegen.
Schöffengericht.
Schwetzingen, 28. Juli. Vorsitzender Herr
Amtsrichter Diez. Schöffen: Die Herren Georg
Andreas Harduug, Kuustmühlenbesitzer in Schwet-
zingen und Georg Michael Mack III. Oeconoin in
Plaukstadt.
Bei sümmtlichen Anklagen, welche heute zur
Verhandlung kommen sollten, kamen vor Einver-
nahme der Zeugen, Vergleiche zu Stande, wornach
die Ankläger die Klagen fallen ließen, und die
Angeklagten die Zahlung der entstandenen Kosten
übernommen haben.

Bekanntmachung.
Nr. 22. Nachstehend geben nur ein Verzeich-
uiß der von dem hiesigen Frauenverein bis jetzt
gesammelten und verarbeiteten Lazarethutensilien.
Es sind uns reiche Gaben aus hiesiger Stadt,
sowie bis jetzt aus den Gemeinden Oftersheim,
Neckarau und Neilittgeu zugegangen, welche
wir wegen ihres bedeutenden Umfangs nicht alle
einzeln veröffentlichen können. Die patriotischen
Gaben dürfen sich aber einer entsprechenden und
nützlichen Verwendung versichert halten, und Allen
sagen wir unfern freundlichsten Dank.
Schwetzingen, den 29. Juli 1870.
Die Aufsich tscommifsiou:
R ichar d.
Hemden 221 Stück. Socken 137 Paar. Taschen-
tücher 65. Unterhosen 49. Handtücher 38. Unterjäckchen
16. Kisscnüberzüge 10. Betttücher 53. Fußlappen 125.
Kopfncke 68. Compresscn 2000. Rollbinden 737. Arm-
binden "227. Charpie 33 Pfund. Servietten 14. Kappen
5. Strümpfe 12 Paar. Schürzen 4. Luftlisjen 1.
Spreusäckchcn 100.
 
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