Donnerstag, 3. November 1870. Ro. 130.
Vierter Jahrgang.
cn; rik n n g.
Erscheini wöchentlich drei Mül nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la tt. — Alle Postanstalten und Boten nehmen Bestellungen an. — P r e i s vierteljährlich 45 kr.
Inserate die dreigespaltcnc Petitzeile oder deren Raum 3 kr. L e k a l 4 n z e i g c n 2 kr.
Zur BeurtheiLung der provisorischen
Regierung in Frankreich.
LO. Vielfach ist von den Anhängern der
republikanischen Idee in Deutschland die Klage
erhoben, daß ein großer Theil unserer nationalen
Presse gegenüber der gegenwärtigen Situation
Frankreichs jeden Maßstab einer gerechten Beur-
theilung verloren habe und in seiner verblendeten
Einseitigkeit einem wahren Vernichtungsfanatismus
verfalleil sei. Gewiß, lein verständiger Manu
wird dieser wahnsinnigen Forderung, die romanische
Race unter dem Uebergewicht der germanischen zu
erdrücken, beistimmen; auch ziemt es uns Deut-
schen nicht, den unterliegenden Gegner mit Hohn
und Spott zu bewerfen, wie sehr immer die galli-
schen Fansaronuadrn von Anfang an das Geläch-
ter aller Welt heransgesordert habeil. Aber eine
freimüihige Untersuchung des Verfahrens der heu-
tigen Machthaber Frankreichs wird uns Niemand
wehren wollen, und wenn dieselbe aus herben Ta-
del hinauslä st, so werden die Gründe dafür in
der Sache selbst und nicht in der Einseitigkeit des
deutsch-nationalen Standpunktes-zu suchen sein.
Frankreich steht heute vor der einfachen Al-
ternative : Leben oder Sterben. Allein Anschein
nach will cs das Erstere. Die provisorische Re-
gierung spricht zwar ab und Zu, einmal vou der
Bewliuderuiigsivürdigkeit Frankreichs in seinem
Untergang, aber dem Volke gegenüber unterläßt
sie es nicht, ein glorreiches Fortbestehen seines
Staates mit vollster Sicherheit in Aussicht zu
stellen. Dies Fortbestehen kann aber, wie die
Dinge liegen, nur erreicht werden, entweder durch
die Besiegung der deutschen Invasion, oder durch
die Annahme eines vom deutschen Hauptquartiere
dicürien Friedens. Die Regierung der Nalional-
verihcidigung zieht den ersteren Weg vor. Judeß,
das ist nur daun vernünftig, wenn Allssicht aus
Erfolg vorhanden ist, und das ist nicht der
Fall. Frankreichs reguläre Armee ist vollständig
beseitigt, die indisciplinirten Massen des Land-
sturms sind nicht im Stande, einem kriegsgeübten
und siegreichen Heere zu widerstehen. Wie aber,
wirft mail ein, wenn sie durch den Volkskrieg
in s c d e r Form, durch Benützung aller Mittet
unterstützt werden? Wir antworten daraus, daß
das nicht allein nicht vernünftig, sondern auch mo-
ralisch verwerflich wäre. Mau hält uns das ähn-
liche Volksaufgebol der preußischen Regierung im
Jahre 1913 entgegen; aber der himmelweite
Unterschied liegt ans der Hand. Was den Punkt
der V e r n ü n s t i g t e i t alllangt, so hatte cs
die preußische Volkserhebung von 1813 mir einer
in Rußland geschlagenen und ans Rand und Band
gegangenen Armee zu thun, das direkte Gegen-
teil von nuserm gegenwärtig in Frankreich stehejr-
den Heere. Einem demoralisirten, einem fliehen-
den Feinde kann der kleine Krieg sehr verderblich
werden; einen starken und siegreichen Gegner aher
kann er nur anreizen, au der bisher geschonten
uichimilitärischeu Bevölkerung blutige Rache zu
nehmen. Die Folge ist, daß das occupirte L^rd
nur um so schneller, um so furchtbarer dem Ver-
derben anheimfüllt.
Im Punkte der All oral aber wolle man
doch bedenken, daß die Anschauungen über das, was
im Kriege erlaubt und was nicht erlaubt ist, 'im
Jahre 1870 sehr anders geworden sind, als im
Jahre 1813, und daß am allerwenigsten Die-
jenigen sich die barbarischere Weise früherer Zeilen
zu Nutzen machen dürfen, welche die Humanität
in Erbpacht zu haben glauben. Aber freilich, die
tugendhafte' Republik vom 4. September scheint
den Grundsatz ans ihre Fahne zu schreiben, daß,
nur das Vaterland zu retten, der Zweck jedes
Mittel heilige. Die eisernste Dictaiur, die verlo-
genste Lüge — vor Nichts schrecken die Herren Gam-
betta und Genossen zurück, nur die friedenssehn-
süchtigen Massen zum Widerstaude zu sauatisiren
Sic wissen, daß solch' schlechte Mittel noch nie-
mals zum guten Ende führten, sie sehen's vor
Augen, wie das Schicksal des unglücklichen Lan-
des von Tage zu. Tage hoffnungsloser wird, den-
noch diese immer schroffere Aufreizung!
Es will also doch fast scheinen, die provisorische
Regierung.läßt es aus den llnterga n g Frank-
reichs ankommen. Aber wer gibt ihr das Recht
dazu ? Sie hat ihre Funktionell angetreten mit dem
Versprechen des Sieges. Wenn sic jetzt einsieht,
daß sie diesen nicht erreichen kann, wer erlaubt
ihr, Frankreich in namenloses Elend zu stürzen'?
Sic sagt, der Friede, wie ihn Deutschland ver-
lange, sei eine Entehrung für Frankreich. Aber
wer garauiirt ihr, daß die Mehrheit des sranzösi-
Volkcs — iliid diese allein ist dermaleil die com-
peteute Behörde — der gleichen Ansicht ist? So-
bald das Gegelltheil möglich ist, liegt es daun
nicht aus der Hand, daß sofort eine Volksvertre-
tung gewühlt werden müsse, um den wahren
Willen des Landes festzustellen? Aber die Herren
in Paris sträuben sich gegen die Wahl eurer Na-
tionalversammlung. Warum? Wert sie fürchten,
dieselbe könne der Republik ihre Bestätigung ver-
sagen. Das ist es: weil eine Handvoll Doctrinüre
eine bestimmte Form des Staates retten will,
dcßhalb muß der Inhalt des Staates zu Grunde
gehen. .
Wir sa.wn nickst zu viel: wenn die Regierung
der Natioualvertheidiguiig auch jetzt, nach dem Falle
voll Metz, au ihrem bisherigen Verfahren noch
sesthält, so ist der Grundzug ihres Wesens die
G e w i s s e u l o sigkei t.
Zur Tligesgeschichle.
Aus Vesancorr, 28. Del. wird dem „Jouru.
de Gerleve" telegraphisch gemeldet:
Gestern hat ein Gefecht bei Talmay saus der
Linie Vesoul-Dijon) zwischen 12,000 Deutschen
und französischen Streitkräslen statigesuudeu. Un-
sere (die französischen) Truppen mußten sich nach
heftigem Kampf znrückziehen; die ungeheure Ueber-
legenheit der feindlichen Artillerie spielte die
Hauptrolle.
Tours, 31. Oct. Die Regierung veröffent-
licht folgende Depesche aus Beaune, 30. Oct. :
12,000 Preußen mit Artillerie haben Dijon be-
setzt. Der Kampf in den Vorstädten währte von
9 Uhr Morgens bis halb 5 Uhr Abends. Die
Stadt wurde bombardirt. Der Kommandant, die
Unmöglichkeit eines wirksamen Widerstandes ern-
sehend, bewerkstelligte den Rückzug.
Tours, 30. Olt. Ein Rundschreiben Gam-
bcttas schreibt den Fall von Metz dem Verrath
zu (!) Es heißt darin: Eui Gerücht sagt, daß
Metz kapiiulirt hat. Die Regierung ist überzeugt,
daß ein solches Ereignis; nur durch ein.Verbrechen
herbeigeführi sein könnte, dessen Urheber außer-
halb des Gesetzes gestellt werden müssen. Wir
lassen uns durch die furchtbarsten Unfälle nicht
Niederdrücken. In dieser Zeit der Kapitulationen
und Unthaten ist noch Eines aufrecht, das nicht
kapiiulircn kann noch darf i das ist die französische
Republik.
— Die Festung Neubreisach, deren Belager-
ung nach der Capitulaiion von Schlcttstadt ernst-
lich in Angriff genommen wurde, ist ein kleiner,
seit 1690 von Vanban selbst nach dessen dritter
Manier (mit Lhürmen) befestigter Ort, der vor-
dem schon 1638, dann 1703 und 1704, sowie
181.4 lind 1815, dem Belagerer stets langen
Widerstand geleistet hat. Die kleine Stadt liegt
in einer kahlen Ebene ganz nahe am Rhein, ge-
genüber dem Städtchen Alt-Breisach, von welchem
aus mittelst fliegender Fähre die Straße von
Deutschland über die Festung nach Colmar und
so einmal in den an Fabriken reichsten Theil de?
Elsaß, dann aber auch weiter ans Dis und Lune-
ville zu in das Gebirge führt. Ein zweiter Ber-
lehrsweg zieht von Norden nach Süden; beide
Straßen müssen unter den Kanonen der Festung
den Rhein-Rhone-Kanal überschreiten, der die Ost-
front des Platzes im Bogen umfließt. An diesem
und in einem Terrainabschnitt gelegen, der wenige
Meilen östlich vom Rheine, westlich vom Jll durch-
zogen wird, der überdies hier den Canal -e Van-
bau mit oben genanntem Kanäle rn Verbindung
setzt, liegt Neu-Breisach in schwer nahbarem Terrain
und dadurch besonders günstig, daß jede Annäherung
von Osten durch das dicht am Rheinsirome u. doch
kaum eine Viertetmeile von den Wüllen der Festung
entfernt gelegene Fort Mortier fast unmöglich
gemacht wird. Dieses Werk, das die von Baden
kommende Straße völlig beherrscht, steht unter dem-
selben Befehle wie die Festung selbst, welche, zu
den Plätzen erster Klasse zählend, dem ArmeecorpS-
Commando in Ranzig untergeordnet war und eine
Normal-Besatzung von 3300 Manu, mit 280
Pferden, haben sollte. Die Festung ist regelmäßig
und bildet ein stark befestigtes Achteck.
Die Stadt selbst ist schön und regelmäßig
gebaut; die Häuser dürfen nur ein Stockwerk
haben; sie ist der Sitz mehrerer Unterbehörden,
Hai Gerbereien und Tabakshandel und zählt nach
Joanne gegen 2000 Einwohner, während Ritter
die Zahl der letzteren ans über 3450 veranschlagt.
— Die „Jndependance Belge" erfährt, daß auch
in Savoyen Bestrebungen zu Gunsten des Bona-
Vierter Jahrgang.
cn; rik n n g.
Erscheini wöchentlich drei Mül nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la tt. — Alle Postanstalten und Boten nehmen Bestellungen an. — P r e i s vierteljährlich 45 kr.
Inserate die dreigespaltcnc Petitzeile oder deren Raum 3 kr. L e k a l 4 n z e i g c n 2 kr.
Zur BeurtheiLung der provisorischen
Regierung in Frankreich.
LO. Vielfach ist von den Anhängern der
republikanischen Idee in Deutschland die Klage
erhoben, daß ein großer Theil unserer nationalen
Presse gegenüber der gegenwärtigen Situation
Frankreichs jeden Maßstab einer gerechten Beur-
theilung verloren habe und in seiner verblendeten
Einseitigkeit einem wahren Vernichtungsfanatismus
verfalleil sei. Gewiß, lein verständiger Manu
wird dieser wahnsinnigen Forderung, die romanische
Race unter dem Uebergewicht der germanischen zu
erdrücken, beistimmen; auch ziemt es uns Deut-
schen nicht, den unterliegenden Gegner mit Hohn
und Spott zu bewerfen, wie sehr immer die galli-
schen Fansaronuadrn von Anfang an das Geläch-
ter aller Welt heransgesordert habeil. Aber eine
freimüihige Untersuchung des Verfahrens der heu-
tigen Machthaber Frankreichs wird uns Niemand
wehren wollen, und wenn dieselbe aus herben Ta-
del hinauslä st, so werden die Gründe dafür in
der Sache selbst und nicht in der Einseitigkeit des
deutsch-nationalen Standpunktes-zu suchen sein.
Frankreich steht heute vor der einfachen Al-
ternative : Leben oder Sterben. Allein Anschein
nach will cs das Erstere. Die provisorische Re-
gierung spricht zwar ab und Zu, einmal vou der
Bewliuderuiigsivürdigkeit Frankreichs in seinem
Untergang, aber dem Volke gegenüber unterläßt
sie es nicht, ein glorreiches Fortbestehen seines
Staates mit vollster Sicherheit in Aussicht zu
stellen. Dies Fortbestehen kann aber, wie die
Dinge liegen, nur erreicht werden, entweder durch
die Besiegung der deutschen Invasion, oder durch
die Annahme eines vom deutschen Hauptquartiere
dicürien Friedens. Die Regierung der Nalional-
verihcidigung zieht den ersteren Weg vor. Judeß,
das ist nur daun vernünftig, wenn Allssicht aus
Erfolg vorhanden ist, und das ist nicht der
Fall. Frankreichs reguläre Armee ist vollständig
beseitigt, die indisciplinirten Massen des Land-
sturms sind nicht im Stande, einem kriegsgeübten
und siegreichen Heere zu widerstehen. Wie aber,
wirft mail ein, wenn sie durch den Volkskrieg
in s c d e r Form, durch Benützung aller Mittet
unterstützt werden? Wir antworten daraus, daß
das nicht allein nicht vernünftig, sondern auch mo-
ralisch verwerflich wäre. Mau hält uns das ähn-
liche Volksaufgebol der preußischen Regierung im
Jahre 1913 entgegen; aber der himmelweite
Unterschied liegt ans der Hand. Was den Punkt
der V e r n ü n s t i g t e i t alllangt, so hatte cs
die preußische Volkserhebung von 1813 mir einer
in Rußland geschlagenen und ans Rand und Band
gegangenen Armee zu thun, das direkte Gegen-
teil von nuserm gegenwärtig in Frankreich stehejr-
den Heere. Einem demoralisirten, einem fliehen-
den Feinde kann der kleine Krieg sehr verderblich
werden; einen starken und siegreichen Gegner aher
kann er nur anreizen, au der bisher geschonten
uichimilitärischeu Bevölkerung blutige Rache zu
nehmen. Die Folge ist, daß das occupirte L^rd
nur um so schneller, um so furchtbarer dem Ver-
derben anheimfüllt.
Im Punkte der All oral aber wolle man
doch bedenken, daß die Anschauungen über das, was
im Kriege erlaubt und was nicht erlaubt ist, 'im
Jahre 1870 sehr anders geworden sind, als im
Jahre 1813, und daß am allerwenigsten Die-
jenigen sich die barbarischere Weise früherer Zeilen
zu Nutzen machen dürfen, welche die Humanität
in Erbpacht zu haben glauben. Aber freilich, die
tugendhafte' Republik vom 4. September scheint
den Grundsatz ans ihre Fahne zu schreiben, daß,
nur das Vaterland zu retten, der Zweck jedes
Mittel heilige. Die eisernste Dictaiur, die verlo-
genste Lüge — vor Nichts schrecken die Herren Gam-
betta und Genossen zurück, nur die friedenssehn-
süchtigen Massen zum Widerstaude zu sauatisiren
Sic wissen, daß solch' schlechte Mittel noch nie-
mals zum guten Ende führten, sie sehen's vor
Augen, wie das Schicksal des unglücklichen Lan-
des von Tage zu. Tage hoffnungsloser wird, den-
noch diese immer schroffere Aufreizung!
Es will also doch fast scheinen, die provisorische
Regierung.läßt es aus den llnterga n g Frank-
reichs ankommen. Aber wer gibt ihr das Recht
dazu ? Sie hat ihre Funktionell angetreten mit dem
Versprechen des Sieges. Wenn sic jetzt einsieht,
daß sie diesen nicht erreichen kann, wer erlaubt
ihr, Frankreich in namenloses Elend zu stürzen'?
Sic sagt, der Friede, wie ihn Deutschland ver-
lange, sei eine Entehrung für Frankreich. Aber
wer garauiirt ihr, daß die Mehrheit des sranzösi-
Volkcs — iliid diese allein ist dermaleil die com-
peteute Behörde — der gleichen Ansicht ist? So-
bald das Gegelltheil möglich ist, liegt es daun
nicht aus der Hand, daß sofort eine Volksvertre-
tung gewühlt werden müsse, um den wahren
Willen des Landes festzustellen? Aber die Herren
in Paris sträuben sich gegen die Wahl eurer Na-
tionalversammlung. Warum? Wert sie fürchten,
dieselbe könne der Republik ihre Bestätigung ver-
sagen. Das ist es: weil eine Handvoll Doctrinüre
eine bestimmte Form des Staates retten will,
dcßhalb muß der Inhalt des Staates zu Grunde
gehen. .
Wir sa.wn nickst zu viel: wenn die Regierung
der Natioualvertheidiguiig auch jetzt, nach dem Falle
voll Metz, au ihrem bisherigen Verfahren noch
sesthält, so ist der Grundzug ihres Wesens die
G e w i s s e u l o sigkei t.
Zur Tligesgeschichle.
Aus Vesancorr, 28. Del. wird dem „Jouru.
de Gerleve" telegraphisch gemeldet:
Gestern hat ein Gefecht bei Talmay saus der
Linie Vesoul-Dijon) zwischen 12,000 Deutschen
und französischen Streitkräslen statigesuudeu. Un-
sere (die französischen) Truppen mußten sich nach
heftigem Kampf znrückziehen; die ungeheure Ueber-
legenheit der feindlichen Artillerie spielte die
Hauptrolle.
Tours, 31. Oct. Die Regierung veröffent-
licht folgende Depesche aus Beaune, 30. Oct. :
12,000 Preußen mit Artillerie haben Dijon be-
setzt. Der Kampf in den Vorstädten währte von
9 Uhr Morgens bis halb 5 Uhr Abends. Die
Stadt wurde bombardirt. Der Kommandant, die
Unmöglichkeit eines wirksamen Widerstandes ern-
sehend, bewerkstelligte den Rückzug.
Tours, 30. Olt. Ein Rundschreiben Gam-
bcttas schreibt den Fall von Metz dem Verrath
zu (!) Es heißt darin: Eui Gerücht sagt, daß
Metz kapiiulirt hat. Die Regierung ist überzeugt,
daß ein solches Ereignis; nur durch ein.Verbrechen
herbeigeführi sein könnte, dessen Urheber außer-
halb des Gesetzes gestellt werden müssen. Wir
lassen uns durch die furchtbarsten Unfälle nicht
Niederdrücken. In dieser Zeit der Kapitulationen
und Unthaten ist noch Eines aufrecht, das nicht
kapiiulircn kann noch darf i das ist die französische
Republik.
— Die Festung Neubreisach, deren Belager-
ung nach der Capitulaiion von Schlcttstadt ernst-
lich in Angriff genommen wurde, ist ein kleiner,
seit 1690 von Vanban selbst nach dessen dritter
Manier (mit Lhürmen) befestigter Ort, der vor-
dem schon 1638, dann 1703 und 1704, sowie
181.4 lind 1815, dem Belagerer stets langen
Widerstand geleistet hat. Die kleine Stadt liegt
in einer kahlen Ebene ganz nahe am Rhein, ge-
genüber dem Städtchen Alt-Breisach, von welchem
aus mittelst fliegender Fähre die Straße von
Deutschland über die Festung nach Colmar und
so einmal in den an Fabriken reichsten Theil de?
Elsaß, dann aber auch weiter ans Dis und Lune-
ville zu in das Gebirge führt. Ein zweiter Ber-
lehrsweg zieht von Norden nach Süden; beide
Straßen müssen unter den Kanonen der Festung
den Rhein-Rhone-Kanal überschreiten, der die Ost-
front des Platzes im Bogen umfließt. An diesem
und in einem Terrainabschnitt gelegen, der wenige
Meilen östlich vom Rheine, westlich vom Jll durch-
zogen wird, der überdies hier den Canal -e Van-
bau mit oben genanntem Kanäle rn Verbindung
setzt, liegt Neu-Breisach in schwer nahbarem Terrain
und dadurch besonders günstig, daß jede Annäherung
von Osten durch das dicht am Rheinsirome u. doch
kaum eine Viertetmeile von den Wüllen der Festung
entfernt gelegene Fort Mortier fast unmöglich
gemacht wird. Dieses Werk, das die von Baden
kommende Straße völlig beherrscht, steht unter dem-
selben Befehle wie die Festung selbst, welche, zu
den Plätzen erster Klasse zählend, dem ArmeecorpS-
Commando in Ranzig untergeordnet war und eine
Normal-Besatzung von 3300 Manu, mit 280
Pferden, haben sollte. Die Festung ist regelmäßig
und bildet ein stark befestigtes Achteck.
Die Stadt selbst ist schön und regelmäßig
gebaut; die Häuser dürfen nur ein Stockwerk
haben; sie ist der Sitz mehrerer Unterbehörden,
Hai Gerbereien und Tabakshandel und zählt nach
Joanne gegen 2000 Einwohner, während Ritter
die Zahl der letzteren ans über 3450 veranschlagt.
— Die „Jndependance Belge" erfährt, daß auch
in Savoyen Bestrebungen zu Gunsten des Bona-