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Tageszeitung für die werkLätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen,
Adelsheim, Boseberg, Tauberbifchofsheim und Wertheim.
Heidelberg, Dienstag, 10. Januar 1022
Nr. 8*4. Jahrgang
Verantwort!.: Für innere ».äußere Politik, Volkswirtschaft ruFeuilleton:
Dr.E. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O. Geibel; für die Anzeigen: H. Horchler, sämtliche in Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbadischen Verlagsanstalt G. m. b.H., Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schröderstraße 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.
Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 10.— Mk. Anzeigenpreise:
Tre einspaltige Petitzeile (36 inm breit) 2.— Mk., Reklame-Anzeigen
(98 mm breit) 6.— Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
..... Geheimmrttelanzeigen werden nicht ausgenommen.
m I§?stbstunden: 8—V-6 Uhr. Sprechstunden derRedaktion: 11—12 Uhr.
,LA!checkkonto ' Volkszeitung Heidelberg.
Lenin nach Genua eingeladen.
Rom, 9. Jan. Nn Telegramm aus Rom besagt, daß die
Regierung gemäß der Entscheidung des Obersten Rates durch Ver-
mittlung der russischen Handelsdelegation bereits eine Einladung
an L enin, zur Konferenz von Genuazu kommen, geschickt habe.
Rom, 9. Jan. Die Einladungsnote an Lenin zur Europa-
limserenz wurde von England, und Italien an die russische Dele-
gation in Rom gesandt. In der Note wurde bemerkt, daß Lenins
Persönliche Anwesenheit die Lösung der Wtrtschaftsfragen Europas
erheblich erleichtern würde, und schließt mit der dringenden Bitte
der italienischen Regierung, daß Lenin die Einladung nicht av-
lchlagen möge.
» - Lenin nimmt an.
London, 10 Jan. Aus Cannes wird telegraphisch gemeldet,
daß die Sowjetregterung die Einladung der Mächte zur Teilnahme
an der internationalen Wirtschaftskonserenz in Genua angenom-
men hat.
Ein 70prozentiges Moratorium für 1922?
Nachdem am Freitag und Samstag die Frage der europäischen
Wtrtschastskonferenz entschieden war, wandte man sich der deutschen
Reparationsfrage zu, insbesondere dem Moratorium für 1922. Es
icheint, daß die ursprünglichen Widerstände durch die Aenderung
des Pariser Finanzabkommens vom 13. August überwunden sind.
Nach einer Meldung der gestrigen Berliner Abendblätter soll die
Einigung auf der Basis erfolgen, daß zwischen dem englischen Vor-
schlag von 500 Millionen Goldfranken und dem belgischen und fran-
Söstschen von 1000 Millionen eine mittlere Linie gezogen und von
Deutschland eine Zahlung von 700 Millionen Goldmark für das
Jahr 1922 (in mehreren Raten) gefordert werden. Dies bedeutet
in diesem Jahr eine Stundung von 70 Prozent der nach dem Lon-
doner Ultimatum für 1922 fälligen Zahlungen. Die Gewährung
des Moratoriums wird erst dann offiziell ausgesprochen werden,
Menn die nun schon bekannten Garantien (Abänderung des
Rcichsbankgesetzes, Finanz- üUd Steuerreform zum Zwecke der
Vudgetreinigung, Erweiterung der Kontrolle des Garantiekomttees)
don den hierzu bevollmächtigten Vertretern Deutschlands in
Cannes angenommen sein werden. Man nimmt an, daß die
deutsche Delegation, die morgen Dienstag nachmittag um 2 Uhr
MParis eintrtfft, noch nachts nach Cannes Weiterreisen wird.
Sie wird dann noch Dienstag abend, jedenfalls aber Mittwoch noch
sehr ausführlich gehört werden. Wenn sich bei diesen Verhandlun-
gen mit den Deutschen keine Schwierigkeiten und keine Verzögerun-
gen ergeben, wird man Freitag in der Schlußsitzung des Ober-
sten Rates in Cannes die Entscheidung in dieser Frage erwarten
dürfen. Die Minister werden dann abreisen und inParts wird
die Konferenz der alliierten Außenminister beginnen, die sich vor-
aussichtlich nur mit den Orientsragen befassen wird. Vor der heu-
tigen Nachmttlagssttzung werden sich die Ententeminister zu einer
Konferenz am Vormittag um 11 Uhr versammeln. Dann sollen
alle Einzelheiten über das Programm der europäischen Wirtschafts-
konferenz in Genua festgestellt werden.
Der „Petit Par ist en" meldet über die deutschen Sach-
leistungen, daß sie für 1923 und 24 auf je 1600 Millionen
Gold mark angesetzt würden. Ueber die Verteilung der 1700
Millionen Barzahlungen aus 1921 und 22 heißt es hier, daß Eng-
land 500 Millionen für seine Besatzungskosten erhalten werde.
Frankreich Wird eine Summe für seine militärischen Aufwendungen
in, Rheinland erhalten, die prozentual den 500 Millionen für Eng-
land entspricht. Dafür wird aber das Recht der Saarminen einst-
weilen nicht auf Frankreichs Konto angerechnet, wie im Abkommen
vom 13. August vorgesehen war. Belgien wird dann den Rest
erhalten, nachdem die englische und französische Summe für die Be-
satzungstruppen abgerechnet ist.. Dies dürfte auch TheunYs er-
lauben, die Billigung des Moratoriums vor dem belgischen Kabi-
nett zu rechtfertigen.
London, 10. Jan. Telegrammen aus Cannes zufolge ließen
sich gestern die Ftnanzminister der vertretenen Staaten den Bericht
der Sachverständigen über die Reparation vorlegen und gelangten
über verschiedene Punkte zu einer vollständigen Einigung. Die
wichtigsten Fragen, die erörtert wurde«, waren: 1. der Betrag,
den Deutschland zu zahlen hat, 2. die Wirkungen des Mora-
toriums aus die einzelnen alliierte» Mächte, 3. die Garantien,
die man von Deutschland verlangen müße, wie die notwendigen
Finanzreformen, die Deutschland zu treffen hat.
Bttndnisvcrhandlungen zwischen Lloyd George und Briand.
Paris, 9. Jan. Die Bündnisfrage wird heute früh zwischen
Lloyd George und Briand beim Frühstück wieder ausge-
nommen worden sein. „Petit Parifien" weiß dazu noch zu melden,
daß ein von Loucheur ausgearbeitetes Memorandum von Lloyd
George bereits überprüft worden sei. Lloyd George werde seine
Gegenvorschläge gleichfalls schriftlich formuliert Briand übergeben,
und der Dienstag dürfte der Erledigung dieser Frage gehören.
Damit wird aber auch Briand den Erfolg gebucht haben, der ihm
seinen Sieg in der Kammer vollständig sichern wird. Briand ist
bereit, ein Gegenstück zum Washingtoner Viermächteabkommen zu
unterzeichnen. Aber die Garantie, die Lloyd George ihm bieten
will, scheint ihm etwas fade zu fein. Er zieht ein Abkommen auf
Gegenseitigkeit vor, das heißt eine umfassende englisch -
französische Allianz, die sich über die ganze Erde erstreckt
und alS Grundlage für einen europäischen Akkord dielten kann. Die
Diskussion dreht sich hauptsächlich um diesen Punkt. Es muß
daran erinnert werden, daß in den ersten Londoner Meldungen über
die angestrebte Einigung auch gesagt war, daß im Falle eines
Alltanzvertrags England eine baldige Aufhebung der militärischen
Besetzung der Rheinlande fordern wird. Vielleicht zielt dahin
der Satz des „Petit Parisien": Nach Frankreichs Auffassung soll
ihm der Allianzvertrag eine bedeutende Verminderung seines Heeres
und seiner Heereslasten ermöglichen.
Paris, S. Jan. Genaues liegt über das bevorstehende eng-
lisch-französische Abkommen noch nicht vor. Doch scheint soviel
festzustehen, daß sich Frankreich das Abkommen durch große Zuge-
ständnisse erkaufen mutz. Das Abkommen selbst wird nicht eine
Allianz sein, sondern nur den Namen eines Sicherungsver-
trags führen. Es heißt, LloydGeorge habe erst den Plan
eines Dreimächteabkommens gehabt, an dem auch Deutsch-
land beteiligt gewesen wäre, und erst später habe er sich zu einem
Abkommen mit Frankreich allein bereitgefunden. Frankreich hätte
dafür die Wiederaufbaupläne Lloyd Georges annehmen müssen und
wäre sogar gezwungen gewesen, einer Einladung an Deutschland
zuzusttmmen, eine Garantie für Polen hätte es vergebens zu er-
langen versucht, da dies an der hartnäckigen Weigerung Lloyd Ge-
orges scheiterte. Das dafür in Aussicht genommene große Abkom-
men, an dem die westeuropäischen und mitteleuropäischen und später
auch die östlichen Staaten beteiligt wären, würde eine Verwirk-
lichung der Bestimmungen sein, die in der Resolution der Konferenz
vom Samstag gefaßt worden sind.
Der Parteitag der U. S P.
Ein Schritt zur Einigung?
Im Vordergrund der Parteitagsarttkel der sozialdemokratischen
Presse beider Richtungen steht die Etntgungs frage. Der
»Vorwärts" veröffentlicht nochmals die Resolution, die der
Görlttzer Parteitag für die Einigung angenommen hat, und be-
kennt, daß er vom Görlttzer Programm fit; die Dauer keine tren-
nende, sondern eine einigende Wirkung erwartet. „Das Programm
einer vereinigten Partei hätte höchstens in seiner Praseologie, nicht
aber in seiner theoretischen Grundeinstellung anders ausfallen
rönnen." Ueber die Schwierigkeiten und ihre Ueberwindung heißt
es daselbst:
„Das -Haupthindernis liegt nicht in organisatort-
ichenSchwierigkeiten, obgleich sie nicht gering sind. Or-
ganisatorische Schwierigkeiten müssen überwunden werden, wo
Politische Notwendigkeiten vorliegen. Das Haupthindernis liegt
darin, daß ein Teil der Unabhängigen Partei von alten Irr-
tümern noch nicht so frei ist, daß er den Weg zur Wiedervereini-
gung schon finden könnte. Die Lösung aber, die gesucht wird,
fordert Konzentration und keine neue Spaltung.
Der linke Flügel der U.S.P. hat sich noch nicht frei gemacht
Von der Auffassung, daß der Weltkrieg mit den ihm folgenden
Ereignissen die sich mit nngehenrer Schnelligkeit vollziehende
Endkatastrophe des Kapitalismus bedeute. Wäh-
rend die anderen sehen, und die Arbeiter in den Betrieben es
täglich fühlen, daß der Kapitalismus nach den Erschütterungen des
Krieges wieder erstarkt ist und daß eben deshalb die Einig-
keit des arbeitenden Volkes zu Abwehr und Wider-
stand notwendig ist, glauben die Männer und Frauen vom linken
Flügel der U.S.P. immer noch, einen sich automatisch und
-rapide vollziehenden Auflösungsprozeß der kapitalistischen
Wirtschaft vor sich zu sehen. Und darum stehen sie in ihrer gan-
zen politischen Auffassung dem wirren Häuflein der Kommunisten
immer noch näher als den klar erkennende» und fest geschlossenen
I Massen unserer Partei, näher auch als dem tiefer blickenden Teil
s ihrer eigenen Parteigenossen.
Dieser linke Flügel hat in der U.S.P. noch einen ziemlich
weitgehenden Einfluß, während er, wie er genau Weitz, in einer
großen Gesamtpartei nur eine kleine Minderheit darstellen würde.
Und doch könnte er sich sagen, daß auch eine kleine Minderheit in
einer sehr großen Partei zu entscheidendem Einfluß gelange«
kann, wenn Sie Ereignisse ihm recht geben. Das Vertrauen, daß
dies geschehen werde, scheint aber auf dem linken Flügel der
U.S.P. nicht sehr staft sein. Und das erklärt letzten Endes
seine Abneigung gegen die Einigung."
Auch der Leitartikel der „Freiheit beschäftigt sich eingehend
mit der Einigungssrage. .Es wird zugegeben, „daß in einigen
Kreisen der U.S.P. die Koalttionspolitik theoretisch anders
gewertet wird, als das bisher der Fall war". Diese veränderte
Einschätzung bedeute nicht etwa eine andere Stellungnahme zur
rechtssozialistischen Koalttionspolitik, sondern das Ergebnis einer
„tieferen und historisch Vesser begründeten Auffassung des Koa-
lttionsproblems überhaupt". (!!) Es könne sich deshalb um keine
grundsätzliche Ablehnung der Koalitionspolitik handeln.
Ueber die Einigung selbst heißt es da:
„Aus dieser Erkenntnis heraus kann es sich keineswegs darum
handeln, über die Einigung der U.S.P. mit den beiden anderen
proletarischen Parteien zu beraten. Wohl aber kann und muß
in Leipzig der Boden geebnet werden für eine Arbeitsgemeinschaft
der sozialistischen Parteien, soweit sie sich unter Einhaltung prole-
tarischer Disziplin und proletarischer Solidarität stellen. Für eine
solche Kampfgemeinschaft würde sich angesichts der ungeheuer zu-
gespitzten Klassengegensätze und tiefgehender wirtschaftlicher und
politischer Probleme in Deutschland ein großes Tätigkeitsgebiet
eröffnen. Nur eine solche Kampfgemeinschaft könnte der unheil-
vollen Zerrüttung der Arbeiterbewegung ein Ende setzen, den
Boden für die künftige Einigung vorbereiten und der Idee des
Sozialismus wiederum jene Anziehungskraft bei den breiten
Massen der abseitsstehenden arbeitenden Bevölkerung verschaffen,
die notwendig ist, um siegreich gegen die vereinten Kräfte des
kapitalistischen Bürgertums und des feudalen Junkertums vorzu-
gehen."
Eine Basis des Zusammenarbeitens mit der Sozialdemokratie
sucht der Wirtschastsredakteur der „Freiheit", Prager, in der un-
abhängigen Wochenschrift „Der Sozialist". Er schreibt:
„Die Politik der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei
hat sich bisher im großen und ganzen bewährt; es kommt aber
nicht darauf an, daß wir moralisch recht behalten haben, sondern
daß wir die Massen der uns noch fernstehenden Arbeiter für
unsere Auffassungen gewinnen. Die Kommunistische Partei hat
völlig abgewirtschaftet, sie kommt als ernsthafter politischer Faktor
nicht mehr in Frage. Daß wir die Organisation der rechtssozia-
listischen Partei sprengen könnten, daran kann im Ernst niemand
von uns glauben. Wir müssen daher versuchen, eine Basis des
Zusammenarbeitens mit der Sozialdemokratischen Partei zu fin-
de«; nicht um nach der kommunistischen Zellentheorie mit Arglist
und Schlauheit die rechtssozialistische Organisation von innen
heraus zu unterhöhlen, sondern um deren Politik so zu beein-
flussen, daß sie unseren Auffassungen über Sozialismus und
Klassenkamps entspricht. Wie sich der weitere Gang dieser Ent-
wicklung vollziehen wird, ob eine Arbeitsgemeinschaft oder eine
organisatorische Verschmelzung daraus entsteht, darüber brauchen
wir uns jetzt nicht den Kopf zu zerbrechen. Eins vor allem wird
dabet zu beachten sein, daß bet dieser gemeinsamen Arbeit gegen
fettiges Vertrauen herrscht und ntcht immer wieder das beton«
wird, was uns ausetnandertrieb, sonder,» daß das in den Vor-
dergrund gerückt wird, was u«S miteinander jetzt und in der
Zukunft verbindet. Die weitere wirtschaftliche und politische
Entwicklung, der gemeinsame Kampf werden dann dafür sorgen,
daß die deutsche Arbeiterbewegung sich wieder als Klaffenpartei
auf einem einheitlichen grundsätzlichen Boden zusammenfindet
und alles wieder in ihren Bann zieht, was sich jetzt verärgert und
irre geworden von der Arbeit zurückgezogen hat."
Dittman« gegen die Koalitionspolitik.
Leipzig, den S. Januar 1922.
Der heutige 2. Tag des USP.-Parteitages brachte neben Lede-
bonrs Progrmmnreferat DtttmannS politisches Referat.
Dittman« verwies in seinem Referat einleitend darauf, daß
die wirtschaftliche Verständigung des internationalen Kapitalis-
mus auf dem Marsche sei, wie die Konferenz von Cannes zeige.
Die Entwicklung des Kapitalismus zu einer riesigen internationa-
len Macht mit dem angelsächsischen Kapitalismus als Zen-
trum bedinge notwendigerweise den internationalen Zusammen-
schluß des Proletariats auf dem Boden des Klaffenkampfes und die
internationale Kampfgemeinschaft gewinne nunmehr Praktische Be-
deutung. Man müsse sich jedoch klar sein, daß nur durch die kapita-
listische Machtkonzentratton hindurch der Sozialismus herbeigeführl
werden könne, denn gerade diese Machtzusammenballung bereite
organisatorisch den Sozialismus vor. Daraus wandle sich Ditt-
mann dem Problem der Koalitionspolitik und dem del
Einigung zu. Er schüttelte die Moskauer Puschtaktik ab, wandle
sich aber ebenso energisch gegen die Koalitionspolitik der Mehrheits-
sozialisten, die er als Ursache der Radikalisierung und der kommuni-
stischen Putscherei bezeichnete. Mit Hilfe der MSP. habe sich an-
dererseits die Reaktion wieder in den Sattel gefetzt. Die Massen
drängten sowohl von links als auch von rechts von ihren Führer?
weg zur Unabhängigen Sozialdemokratie. Für die Unabhängig«
Sozialdemokratische Partei, für die der Klaffenkampf erste Voraus-
setzung jeder Politik fei, kommt eine Koalition mit den Bürgerliche«
nicht in Frage, und er bezeichnet es als Bedingung der Einigung,
die kommen müsse und werde, daß die Kommunisten sich von Mos-
kau und die Mehrheitssozialisten von der Koalition mit den Bür-
gerlichen lossagten. (!) Aber Dittmann machte jedesmal die Ein«
schränkung, daß von Fall zu Fall ein Zusammenwirken mit deij
Bürgerlichen denkbar sei, doch die vorsichtige Abschwächung diese!
Vorbehaltes folgte aus dem Fuße in'der Erklärung, daß von einen
derartigen Ausnahmefall bei der jetzigen Machtverteilung der Klas
sen in Deutschland nicht die Rede sein könne, im Gegensatz z»
Oesterreich, wo das Proletariat mit der Verwaltung der Eisen
bahn und der Truppen die tatsächliche Macht in Händen hast«
Nicht Klaffenharmonie, sondern Klaffenkampf sei die Losung. Hin
sichtlich der delikaten Frage der Diktatur griff Dittmann auf der
Begriff der Diktatur im Marxschen Sinne zurück. Sie könne all
Uedergang notwendig sein, aber es dürfe kein Zweifel aufkommen,
daß die Unabhängigen Sozialisten nicht das Treiben der Moskau«
Diktatoren meinen, sondern als Grundlage die Demokratie an
sähen
Dittmann schloß mit der Mahnung an alle Sozialisten, jedi
Ketzerei zu unterlassen; denn alle drei Parteien seien die einige Par>
lei von übermorgen.
Diese Rede Ditttnanns war bezeichnend für die ganze schwan-
kende politische Haltung der USP. Er lehnte die Koalition mit
bürgerlichen Parteien ab, statuiert aber Ausnahmen von Fall zu
Fall, er bekannte sich zur Diktatur, aber nicht zu der der Kommuni-
sten, sondern aus der Grundlage der Den^lkratie. Dasselbe tat Le -
debour in seinem Bericht der Prograanrnkommission. Zum
Schluffe sprach noch der Generalsekretär der französischen USP.,
Paul Faure.
Leipzig, 10. Jan. In der Nachmtttagssitzung am Montag
wurde ein Manifest der USP. an das Proletariat vorgelegt, in dem
es u. a. heißt:
„Die USPD, stellt die nachfolgenden wirtschaftlichen und so-
zialpolitischen Kampfziele in den Vordergrund: 1. Fortführung der
Sozialgesetzgebung, 2. Bekämpfung jeder Ver-
längerung der Arbeitszeit, 3. Ablehnung jeder Be-
schränkung der Koalitionsfreiheit und des Streikrechts, 4. Erwei-
terung der Rechte der Betriebsräte, 5. Verwirklichung des Grund-
satzes, daß der Staat die Pflicht zur Unterhaltung bedürftiger Ar-
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Regierung gemäß der Entscheidung des Obersten Rates durch Ver-
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London, 10 Jan. Aus Cannes wird telegraphisch gemeldet,
daß die Sowjetregterung die Einladung der Mächte zur Teilnahme
an der internationalen Wirtschaftskonserenz in Genua angenom-
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Ein 70prozentiges Moratorium für 1922?
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Wtrtschastskonferenz entschieden war, wandte man sich der deutschen
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des Pariser Finanzabkommens vom 13. August überwunden sind.
Nach einer Meldung der gestrigen Berliner Abendblätter soll die
Einigung auf der Basis erfolgen, daß zwischen dem englischen Vor-
schlag von 500 Millionen Goldfranken und dem belgischen und fran-
Söstschen von 1000 Millionen eine mittlere Linie gezogen und von
Deutschland eine Zahlung von 700 Millionen Goldmark für das
Jahr 1922 (in mehreren Raten) gefordert werden. Dies bedeutet
in diesem Jahr eine Stundung von 70 Prozent der nach dem Lon-
doner Ultimatum für 1922 fälligen Zahlungen. Die Gewährung
des Moratoriums wird erst dann offiziell ausgesprochen werden,
Menn die nun schon bekannten Garantien (Abänderung des
Rcichsbankgesetzes, Finanz- üUd Steuerreform zum Zwecke der
Vudgetreinigung, Erweiterung der Kontrolle des Garantiekomttees)
don den hierzu bevollmächtigten Vertretern Deutschlands in
Cannes angenommen sein werden. Man nimmt an, daß die
deutsche Delegation, die morgen Dienstag nachmittag um 2 Uhr
MParis eintrtfft, noch nachts nach Cannes Weiterreisen wird.
Sie wird dann noch Dienstag abend, jedenfalls aber Mittwoch noch
sehr ausführlich gehört werden. Wenn sich bei diesen Verhandlun-
gen mit den Deutschen keine Schwierigkeiten und keine Verzögerun-
gen ergeben, wird man Freitag in der Schlußsitzung des Ober-
sten Rates in Cannes die Entscheidung in dieser Frage erwarten
dürfen. Die Minister werden dann abreisen und inParts wird
die Konferenz der alliierten Außenminister beginnen, die sich vor-
aussichtlich nur mit den Orientsragen befassen wird. Vor der heu-
tigen Nachmttlagssttzung werden sich die Ententeminister zu einer
Konferenz am Vormittag um 11 Uhr versammeln. Dann sollen
alle Einzelheiten über das Programm der europäischen Wirtschafts-
konferenz in Genua festgestellt werden.
Der „Petit Par ist en" meldet über die deutschen Sach-
leistungen, daß sie für 1923 und 24 auf je 1600 Millionen
Gold mark angesetzt würden. Ueber die Verteilung der 1700
Millionen Barzahlungen aus 1921 und 22 heißt es hier, daß Eng-
land 500 Millionen für seine Besatzungskosten erhalten werde.
Frankreich Wird eine Summe für seine militärischen Aufwendungen
in, Rheinland erhalten, die prozentual den 500 Millionen für Eng-
land entspricht. Dafür wird aber das Recht der Saarminen einst-
weilen nicht auf Frankreichs Konto angerechnet, wie im Abkommen
vom 13. August vorgesehen war. Belgien wird dann den Rest
erhalten, nachdem die englische und französische Summe für die Be-
satzungstruppen abgerechnet ist.. Dies dürfte auch TheunYs er-
lauben, die Billigung des Moratoriums vor dem belgischen Kabi-
nett zu rechtfertigen.
London, 10. Jan. Telegrammen aus Cannes zufolge ließen
sich gestern die Ftnanzminister der vertretenen Staaten den Bericht
der Sachverständigen über die Reparation vorlegen und gelangten
über verschiedene Punkte zu einer vollständigen Einigung. Die
wichtigsten Fragen, die erörtert wurde«, waren: 1. der Betrag,
den Deutschland zu zahlen hat, 2. die Wirkungen des Mora-
toriums aus die einzelnen alliierte» Mächte, 3. die Garantien,
die man von Deutschland verlangen müße, wie die notwendigen
Finanzreformen, die Deutschland zu treffen hat.
Bttndnisvcrhandlungen zwischen Lloyd George und Briand.
Paris, 9. Jan. Die Bündnisfrage wird heute früh zwischen
Lloyd George und Briand beim Frühstück wieder ausge-
nommen worden sein. „Petit Parifien" weiß dazu noch zu melden,
daß ein von Loucheur ausgearbeitetes Memorandum von Lloyd
George bereits überprüft worden sei. Lloyd George werde seine
Gegenvorschläge gleichfalls schriftlich formuliert Briand übergeben,
und der Dienstag dürfte der Erledigung dieser Frage gehören.
Damit wird aber auch Briand den Erfolg gebucht haben, der ihm
seinen Sieg in der Kammer vollständig sichern wird. Briand ist
bereit, ein Gegenstück zum Washingtoner Viermächteabkommen zu
unterzeichnen. Aber die Garantie, die Lloyd George ihm bieten
will, scheint ihm etwas fade zu fein. Er zieht ein Abkommen auf
Gegenseitigkeit vor, das heißt eine umfassende englisch -
französische Allianz, die sich über die ganze Erde erstreckt
und alS Grundlage für einen europäischen Akkord dielten kann. Die
Diskussion dreht sich hauptsächlich um diesen Punkt. Es muß
daran erinnert werden, daß in den ersten Londoner Meldungen über
die angestrebte Einigung auch gesagt war, daß im Falle eines
Alltanzvertrags England eine baldige Aufhebung der militärischen
Besetzung der Rheinlande fordern wird. Vielleicht zielt dahin
der Satz des „Petit Parisien": Nach Frankreichs Auffassung soll
ihm der Allianzvertrag eine bedeutende Verminderung seines Heeres
und seiner Heereslasten ermöglichen.
Paris, S. Jan. Genaues liegt über das bevorstehende eng-
lisch-französische Abkommen noch nicht vor. Doch scheint soviel
festzustehen, daß sich Frankreich das Abkommen durch große Zuge-
ständnisse erkaufen mutz. Das Abkommen selbst wird nicht eine
Allianz sein, sondern nur den Namen eines Sicherungsver-
trags führen. Es heißt, LloydGeorge habe erst den Plan
eines Dreimächteabkommens gehabt, an dem auch Deutsch-
land beteiligt gewesen wäre, und erst später habe er sich zu einem
Abkommen mit Frankreich allein bereitgefunden. Frankreich hätte
dafür die Wiederaufbaupläne Lloyd Georges annehmen müssen und
wäre sogar gezwungen gewesen, einer Einladung an Deutschland
zuzusttmmen, eine Garantie für Polen hätte es vergebens zu er-
langen versucht, da dies an der hartnäckigen Weigerung Lloyd Ge-
orges scheiterte. Das dafür in Aussicht genommene große Abkom-
men, an dem die westeuropäischen und mitteleuropäischen und später
auch die östlichen Staaten beteiligt wären, würde eine Verwirk-
lichung der Bestimmungen sein, die in der Resolution der Konferenz
vom Samstag gefaßt worden sind.
Der Parteitag der U. S P.
Ein Schritt zur Einigung?
Im Vordergrund der Parteitagsarttkel der sozialdemokratischen
Presse beider Richtungen steht die Etntgungs frage. Der
»Vorwärts" veröffentlicht nochmals die Resolution, die der
Görlttzer Parteitag für die Einigung angenommen hat, und be-
kennt, daß er vom Görlttzer Programm fit; die Dauer keine tren-
nende, sondern eine einigende Wirkung erwartet. „Das Programm
einer vereinigten Partei hätte höchstens in seiner Praseologie, nicht
aber in seiner theoretischen Grundeinstellung anders ausfallen
rönnen." Ueber die Schwierigkeiten und ihre Ueberwindung heißt
es daselbst:
„Das -Haupthindernis liegt nicht in organisatort-
ichenSchwierigkeiten, obgleich sie nicht gering sind. Or-
ganisatorische Schwierigkeiten müssen überwunden werden, wo
Politische Notwendigkeiten vorliegen. Das Haupthindernis liegt
darin, daß ein Teil der Unabhängigen Partei von alten Irr-
tümern noch nicht so frei ist, daß er den Weg zur Wiedervereini-
gung schon finden könnte. Die Lösung aber, die gesucht wird,
fordert Konzentration und keine neue Spaltung.
Der linke Flügel der U.S.P. hat sich noch nicht frei gemacht
Von der Auffassung, daß der Weltkrieg mit den ihm folgenden
Ereignissen die sich mit nngehenrer Schnelligkeit vollziehende
Endkatastrophe des Kapitalismus bedeute. Wäh-
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täglich fühlen, daß der Kapitalismus nach den Erschütterungen des
Krieges wieder erstarkt ist und daß eben deshalb die Einig-
keit des arbeitenden Volkes zu Abwehr und Wider-
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Flügel der U.S.P. immer noch, einen sich automatisch und
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Wirtschaft vor sich zu sehen. Und darum stehen sie in ihrer gan-
zen politischen Auffassung dem wirren Häuflein der Kommunisten
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s ihrer eigenen Parteigenossen.
Dieser linke Flügel hat in der U.S.P. noch einen ziemlich
weitgehenden Einfluß, während er, wie er genau Weitz, in einer
großen Gesamtpartei nur eine kleine Minderheit darstellen würde.
Und doch könnte er sich sagen, daß auch eine kleine Minderheit in
einer sehr großen Partei zu entscheidendem Einfluß gelange«
kann, wenn Sie Ereignisse ihm recht geben. Das Vertrauen, daß
dies geschehen werde, scheint aber auf dem linken Flügel der
U.S.P. nicht sehr staft sein. Und das erklärt letzten Endes
seine Abneigung gegen die Einigung."
Auch der Leitartikel der „Freiheit beschäftigt sich eingehend
mit der Einigungssrage. .Es wird zugegeben, „daß in einigen
Kreisen der U.S.P. die Koalttionspolitik theoretisch anders
gewertet wird, als das bisher der Fall war". Diese veränderte
Einschätzung bedeute nicht etwa eine andere Stellungnahme zur
rechtssozialistischen Koalttionspolitik, sondern das Ergebnis einer
„tieferen und historisch Vesser begründeten Auffassung des Koa-
lttionsproblems überhaupt". (!!) Es könne sich deshalb um keine
grundsätzliche Ablehnung der Koalitionspolitik handeln.
Ueber die Einigung selbst heißt es da:
„Aus dieser Erkenntnis heraus kann es sich keineswegs darum
handeln, über die Einigung der U.S.P. mit den beiden anderen
proletarischen Parteien zu beraten. Wohl aber kann und muß
in Leipzig der Boden geebnet werden für eine Arbeitsgemeinschaft
der sozialistischen Parteien, soweit sie sich unter Einhaltung prole-
tarischer Disziplin und proletarischer Solidarität stellen. Für eine
solche Kampfgemeinschaft würde sich angesichts der ungeheuer zu-
gespitzten Klassengegensätze und tiefgehender wirtschaftlicher und
politischer Probleme in Deutschland ein großes Tätigkeitsgebiet
eröffnen. Nur eine solche Kampfgemeinschaft könnte der unheil-
vollen Zerrüttung der Arbeiterbewegung ein Ende setzen, den
Boden für die künftige Einigung vorbereiten und der Idee des
Sozialismus wiederum jene Anziehungskraft bei den breiten
Massen der abseitsstehenden arbeitenden Bevölkerung verschaffen,
die notwendig ist, um siegreich gegen die vereinten Kräfte des
kapitalistischen Bürgertums und des feudalen Junkertums vorzu-
gehen."
Eine Basis des Zusammenarbeitens mit der Sozialdemokratie
sucht der Wirtschastsredakteur der „Freiheit", Prager, in der un-
abhängigen Wochenschrift „Der Sozialist". Er schreibt:
„Die Politik der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei
hat sich bisher im großen und ganzen bewährt; es kommt aber
nicht darauf an, daß wir moralisch recht behalten haben, sondern
daß wir die Massen der uns noch fernstehenden Arbeiter für
unsere Auffassungen gewinnen. Die Kommunistische Partei hat
völlig abgewirtschaftet, sie kommt als ernsthafter politischer Faktor
nicht mehr in Frage. Daß wir die Organisation der rechtssozia-
listischen Partei sprengen könnten, daran kann im Ernst niemand
von uns glauben. Wir müssen daher versuchen, eine Basis des
Zusammenarbeitens mit der Sozialdemokratischen Partei zu fin-
de«; nicht um nach der kommunistischen Zellentheorie mit Arglist
und Schlauheit die rechtssozialistische Organisation von innen
heraus zu unterhöhlen, sondern um deren Politik so zu beein-
flussen, daß sie unseren Auffassungen über Sozialismus und
Klassenkamps entspricht. Wie sich der weitere Gang dieser Ent-
wicklung vollziehen wird, ob eine Arbeitsgemeinschaft oder eine
organisatorische Verschmelzung daraus entsteht, darüber brauchen
wir uns jetzt nicht den Kopf zu zerbrechen. Eins vor allem wird
dabet zu beachten sein, daß bet dieser gemeinsamen Arbeit gegen
fettiges Vertrauen herrscht und ntcht immer wieder das beton«
wird, was uns ausetnandertrieb, sonder,» daß das in den Vor-
dergrund gerückt wird, was u«S miteinander jetzt und in der
Zukunft verbindet. Die weitere wirtschaftliche und politische
Entwicklung, der gemeinsame Kampf werden dann dafür sorgen,
daß die deutsche Arbeiterbewegung sich wieder als Klaffenpartei
auf einem einheitlichen grundsätzlichen Boden zusammenfindet
und alles wieder in ihren Bann zieht, was sich jetzt verärgert und
irre geworden von der Arbeit zurückgezogen hat."
Dittman« gegen die Koalitionspolitik.
Leipzig, den S. Januar 1922.
Der heutige 2. Tag des USP.-Parteitages brachte neben Lede-
bonrs Progrmmnreferat DtttmannS politisches Referat.
Dittman« verwies in seinem Referat einleitend darauf, daß
die wirtschaftliche Verständigung des internationalen Kapitalis-
mus auf dem Marsche sei, wie die Konferenz von Cannes zeige.
Die Entwicklung des Kapitalismus zu einer riesigen internationa-
len Macht mit dem angelsächsischen Kapitalismus als Zen-
trum bedinge notwendigerweise den internationalen Zusammen-
schluß des Proletariats auf dem Boden des Klaffenkampfes und die
internationale Kampfgemeinschaft gewinne nunmehr Praktische Be-
deutung. Man müsse sich jedoch klar sein, daß nur durch die kapita-
listische Machtkonzentratton hindurch der Sozialismus herbeigeführl
werden könne, denn gerade diese Machtzusammenballung bereite
organisatorisch den Sozialismus vor. Daraus wandle sich Ditt-
mann dem Problem der Koalitionspolitik und dem del
Einigung zu. Er schüttelte die Moskauer Puschtaktik ab, wandle
sich aber ebenso energisch gegen die Koalitionspolitik der Mehrheits-
sozialisten, die er als Ursache der Radikalisierung und der kommuni-
stischen Putscherei bezeichnete. Mit Hilfe der MSP. habe sich an-
dererseits die Reaktion wieder in den Sattel gefetzt. Die Massen
drängten sowohl von links als auch von rechts von ihren Führer?
weg zur Unabhängigen Sozialdemokratie. Für die Unabhängig«
Sozialdemokratische Partei, für die der Klaffenkampf erste Voraus-
setzung jeder Politik fei, kommt eine Koalition mit den Bürgerliche«
nicht in Frage, und er bezeichnet es als Bedingung der Einigung,
die kommen müsse und werde, daß die Kommunisten sich von Mos-
kau und die Mehrheitssozialisten von der Koalition mit den Bür-
gerlichen lossagten. (!) Aber Dittmann machte jedesmal die Ein«
schränkung, daß von Fall zu Fall ein Zusammenwirken mit deij
Bürgerlichen denkbar sei, doch die vorsichtige Abschwächung diese!
Vorbehaltes folgte aus dem Fuße in'der Erklärung, daß von einen
derartigen Ausnahmefall bei der jetzigen Machtverteilung der Klas
sen in Deutschland nicht die Rede sein könne, im Gegensatz z»
Oesterreich, wo das Proletariat mit der Verwaltung der Eisen
bahn und der Truppen die tatsächliche Macht in Händen hast«
Nicht Klaffenharmonie, sondern Klaffenkampf sei die Losung. Hin
sichtlich der delikaten Frage der Diktatur griff Dittmann auf der
Begriff der Diktatur im Marxschen Sinne zurück. Sie könne all
Uedergang notwendig sein, aber es dürfe kein Zweifel aufkommen,
daß die Unabhängigen Sozialisten nicht das Treiben der Moskau«
Diktatoren meinen, sondern als Grundlage die Demokratie an
sähen
Dittmann schloß mit der Mahnung an alle Sozialisten, jedi
Ketzerei zu unterlassen; denn alle drei Parteien seien die einige Par>
lei von übermorgen.
Diese Rede Ditttnanns war bezeichnend für die ganze schwan-
kende politische Haltung der USP. Er lehnte die Koalition mit
bürgerlichen Parteien ab, statuiert aber Ausnahmen von Fall zu
Fall, er bekannte sich zur Diktatur, aber nicht zu der der Kommuni-
sten, sondern aus der Grundlage der Den^lkratie. Dasselbe tat Le -
debour in seinem Bericht der Prograanrnkommission. Zum
Schluffe sprach noch der Generalsekretär der französischen USP.,
Paul Faure.
Leipzig, 10. Jan. In der Nachmtttagssitzung am Montag
wurde ein Manifest der USP. an das Proletariat vorgelegt, in dem
es u. a. heißt:
„Die USPD, stellt die nachfolgenden wirtschaftlichen und so-
zialpolitischen Kampfziele in den Vordergrund: 1. Fortführung der
Sozialgesetzgebung, 2. Bekämpfung jeder Ver-
längerung der Arbeitszeit, 3. Ablehnung jeder Be-
schränkung der Koalitionsfreiheit und des Streikrechts, 4. Erwei-
terung der Rechte der Betriebsräte, 5. Verwirklichung des Grund-
satzes, daß der Staat die Pflicht zur Unterhaltung bedürftiger Ar-